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Autogerechte Stadt

«Brücke über Strasse» ist in Ebikon das Symbol für freie Fahrt. Nun bestätigt eine neue Passerelle am Ortseingang den hohen Stellenwert, den der motorisierte Individualverkehr hier bis heute einnimmt.

Um den Kindern einen sicheren Weg zur Schule zu gewähren, wurde die Gemeinde Ebikon verpflichtet, eine neue Passerelle über die Hauptstrasse zu bauen. Soeben wurde sie fertig gestellt. Nun können die Kinder aus dem Wohnquartier auf dem Weg zur Schule die Strasse selbständig überqueren, ohne dass sich die Eltern zuhause sorgen müssen.  Ein kleines Problem wurde mit einer grossen Geste beseitigt. 

Für die Gestaltung des Kunstbauwerks wurde Beton verwendet. Die Untersicht konnte deshalb eine spezielle Geometrie aufnehmen. Um dem Bauwerk Schwere zu nehmen, blieb die Konstruktion der Brücke auf den Steg beschränkt. Der schlanke Balken schliesst mit einem Metallgeländer nach oben ab. Feingliedrige Metallstäbe, ornamental verformt, lassen das Bauwerk besonders transparent erscheinen. 

Dennoch bleibt der Übergang nicht ohne Wirkung. Von beiden Seiten ist er gut sichtbar. Ebikon hat ein neues Symbol erhalten, trotz Minimierung der Mittel. Die Brücke steht für freie Fahrt. Auf Kinder braucht hier niemand mehr Rücksicht zu nehmen. Ebikon, die autogerechte Stadt, bleibt sich treu. 

Schon in den frühen Planungen wurde in Ebikon der Strassenbau bevorzugt behandelt. Mit dem Ausbau der Hauptstrasse wurde die Gemeinde als einzige in der Region zur verkehrsgerechten Stadt umgestaltet. Mit der neuen Passerelle lebt dieses Konzept nun wieder auf, zum Schaden Ebikon’s. 

Das wirkliche Problem bleibt ungelöst. Eine sichere Strasse ist eine belebte Strasse. Was Ebikon braucht, ist eine konsequente Strassenraumgestaltung. Denn die Hauptstrasse zählt zum Ersten, das es in Ebikon gibt. Diese Strasse hält Ebikon zusammen. Ihre sorgfältige Gestaltung ist eine dringende Aufgabe. Ob die schön gestaltete Passerelle dabei zur längerfristigen Lösung beiträgt, darf bezweifelt werden. Statt die Strasse zum Begegnungsraum werden zu lassen, entvölkert sie diese. Hoffen wir, dass dieses Beispiel vorab in Sachen Gestaltungsanspruch weiter Schule macht.

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