Aktiv gesucht wird nicht überall

Das sind die Schlupflöcher für Russland-Sanktionen in Luzern

Laura Spring wollte vom Kanton Luzern wissen, ob dieser die Sanktionen auch umsetzt. (Bild: Unsplash / Markus Spiske / zvg)

Die Antwort des Luzerner Regierungsrats offenbare mögliche Schlupflöcher für Russland-Sanktionen. Grüne-Kantonsrätin Laura Spring ist deshalb nur «teilweise zufrieden» und will auch nach ihrem Vorstoss am Thema dranbleiben.

Es klingt ganz einfach: Um Angreifer Russland wirtschaftlich zu schwächen, frieren westliche Länder Vermögen von russischen Personen, Unternehmen und Organisationen ein, die eng mit dem russischen Machthaber verbunden sind. Zudem ist es verboten, jenen Gelder zu überweisen oder zur Verfügung zu stellen. Bei der Umsetzung dieser Sanktionen hapert es jedoch.

Zuerst war für die Kantone lange nicht klar, ob und wie sie nach Vermögen von sanktionierten Personen suchen sollen – und wieso (zentralplus berichtete). Doch selbst als das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ein Merkblatt erlassen hat, das die wichtigsten Fragen klären sollte, lief noch nicht alles wie geschmiert. So geriet etwa der Kanton Zug in die Schlagzeilen, da der in Zug ansässige Düngerkonzern Eurochem nicht sanktioniert war – obwohl ein sanktioniertes Ehepaar Anteile daran hält (zentralplus berichtete). Grüne-Kantonsrätin Laura Spring wollte deshalb mit einem Vorstoss vom Kanton Luzern wissen, wie die Sanktionen hier umgesetzt werden. Nun liegen die Antworten vor.

Nur Grundbuchamt und Dienststelle Steuern suchen aktiv

Mit diesen ist Laura Spring auf Anfrage jedoch nur «teilweise zufrieden». Denn: Nicht alle kantonalen Stellen suchen aktiv nach Verbindungen zu sanktionierten Personen. «Positiv zu bewerten ist, dass die Dienststelle Steuern des Kantons Luzern aufgrund der Steuerunterlagen weitere Nachforschungen im Hinblick auf zu meldende Verdachtsfälle anstellt und dabei auch auf einen Fall gestossen ist.» Dieser sei gemäss Antwort der Regierung anschliessend auch dem Seco gemeldet worden.

«Da zeigt sich, dass die ganze Sanktionspraxis viele Schlupflöcher bietet.»

Laura Spring, Grüne-Kantonsrätin

Auch das Grundbuchamt prüfe mehrmals wöchentlich, ob das Seco eine neue Sanktionsliste hochgeladen hat. Bei neuen Listen leitet die Leitungsgruppe sie anschliessend den Grundbuchämtern weiter, welche die Listen sogleich überprüfen.

Handelsregister im Blindflug

Kritisch beäugt Laura Spring jedoch die Antworten in Bezug aufs Handelsregister: Denn dort schreibt die Regierung, dass das Handelsregister Einträge ins Handelsregister nicht überprüft und auch nicht überprüfen kann. Somit weiss das Handelsregister nicht, ob bei Luzerner Firmen sanktionierte Personen beteiligt sind. Ausschliessen tut die Regierung die Möglichkeit aber nicht: «Der Regierungsrat schreibt weiter, dass die Möglichkeit besteht, dass sanktionierte Personen an Gesellschaften mit Sitz im Kanton Luzern beteiligt sind», so Spring.

Das Handelsregister könne jedoch nur über Hinweise, «beispielsweise durch eine Zeitungspublikation», wie die Regierung schreibt, überhaupt Kenntnis davon haben. In diesen Fällen würde das Handelsregister den Fall dem Seco melden. Weiter bestehe auch bei der Wirtschaftsförderung keine Meldepflicht. «Da zeigt sich, dass die ganze Sanktionspraxis viele Schlupflöcher bietet», moniert Spring.

Für die Umsetzung sei zwar das Seco federführend, die Kantone würden jedoch die Verantwortung tragen, da sie die Fälle melden müssen. «Die Antwort des Regierungsrats zeigt also klar auf, dass Handlungsbedarf besteht und wir nicht davon ausgehen können, dass die Sanktionen so umgesetzt sind, dass keine Schlupflöcher bestehen.» Sie werde sich darum nun mit grünen Politikerinnen aus anderen Kantonen austauschen und ihre Rückmeldungen vergleichen. Danach würden die Grünen weitere Schritte prüfen, wie die Umsetzung der Sanktionen verbessert werden könne.

Aktiengesellschaften als Blackbox

Dass das Handelsregister seine Arbeit damit einfach auf die Journalisten abwälzt, verneint Erwin Rast, Mediensprecher des Luzerner Justiz- und Sicherheitsdepartements, auf Anfrage. Die Passivität der Handelsregister fusst auf den Vorgaben des Seco. Gemäss dessen Merkblatt komme den Handelsregistern bei der Umsetzung der Sanktionen keine aktive Rolle zu. Eine detaillierte Überprüfung sei weder zielführend noch möglich, heisst es im Dokument weiter.

Denn: Bei einer Aktiengesellschaft müssen Unternehmen die «wirtschaftlich berechtigten» Personen oder den Wechsel von solchen Personen dem Handelsregister gegenüber nicht offenlegen, wie Rast sagt. Er erklärt die Situation mit einem Beispiel: Gründet ein fiktiver Herr Müller eine «A AG» und verkauft diese später an Frau Meier, ist Frau Meier in den Unterlagen des Handelsregisters nirgends aufgeführt. Nur Herr Müller als deren Gründer.

Ebenso steht im Handelsregister nicht, dass beispielsweise Herr Emmenegger und Frau Weber zusätzlich Zugriff auf das Bankkonto der «A AG» bei der «Bank B» haben. Zwar hätte die «Bank B» diese Informationen, darf sie aber wegen des Bankgeheimnisses nicht weitergeben. Rast betont jedoch: «Im Bereich des Handelsregisters führt das Seco vorab bereits die notwendigen Kontrollen durch und informiert das jeweilige Handelsregisteramt.»

Druck auf die Schweiz nimmt zu

Diese Problematik ist auch Laura Spring bekannt. Damit bleibe im Dunkeln, wer tatsächlich ein Unternehmen steuert und wo Gelder sanktionierter Personen involviert sind. Für diese mangelnde Transparenz werde die Schweiz jedoch international kritisiert: «Die Financial Action Task Force (FATF) bekräftigte diesen März, dass ein solches öffentliches Register der wirtschaftlich Berechtigten zum Standard für alle Länder werden muss», so Spring. Die gleiche Forderung hat die Grüne-Fraktion im März in einem offenen Brief an den Bundesrat gestellt.

Laura Spring verspricht: «Ich werde also sicher an diesem Thema dranbleiben, auch der Kanton Luzern trägt hier eine grosse Verantwortung in der Umsetzung der Sanktionen.»

Verwendete Quellen
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