Welche Verantwortung hat die Stadt Zug?

Junge Grüne fordern hartes Vorgehen gegen Russland

Julia Küng (links) und Delia Meier (rechts) fordern von Zug eine klare Distanzierung von russlandfreundlichen Firmen. (Bild: zvg) (Bild: zvg)

Über ein Jahr nach Kriegsausbruch in der Ukraine wollen die Jungen Grünen in Zug wissen: Kümmert sich die Stadt eigentlich darum, dass keine Putin-Freunde in Zug Geschäfte treiben?

Welche Verantwortung hat die Stadt Zug, russischen Firmen auf die Finger zu schauen? Mehr, als sie wahrnimmt, meinen Julia Küng und Delia Meier von den Jungen Grünen Zug. In einer Interpellation haben sich die beiden Gemeinderätinnen erkundigt, wie der Stadtrat sicherstellt, dass keine Putin-Freunde in Zug Geschäfte treiben. Jetzt hat der Stadtrat auf ihre Fragen geantwortet und am Dienstagabend diskutierte der Grosse Gemeinderat darüber.

Marilena Amato Mengis (SP) bezeichnete die Antworten des Stadtrats als «unbeholfen» und «scheinheilig». Seine grossen Ankündigungen kurz nach Kriegsausbruch seien ins Leere gelaufen. Gregor Bruhin (SVP) erklärte, der Stadtrat habe sich damals ein «Eigentor geschossen». Unter medialen Druck habe er leere Versprechungen gemacht, die er jetzt nicht einhalten könne.

Sprung ein Jahr zurück: Der Stadtrat forderte knapp zwei Wochen nach Kriegsausbruch in der Ukraine, dass sich russlandnahe Zuger Firmen von Russland distanzieren und ihren Einfluss für eine friedliche Lösung geltend machen. Was ist daraus geworden, fragen sich die beiden Interpellantinnen. Hat sich der Stadtrat bei den Firmen danach erkundigt?

Zug trägt Verantwortung

Die Stadtregierung selbst sieht sich nicht in der Verantwortung, mit russischen Firmen in Zug über den Ukraine-Krieg ins Gespräch zu kommen. Sie verweist stattdessen darauf, die Ukraine finanziell und moralisch zu unterstützen. Doch ist das genug für eine Stadt, in der einige der grössten russischen Rohstofffirmen residieren und Steuern zahlen?

Nein, meint Julia Küng zu zentralplus. Zug habe eine «überdurchschnittliche Verantwortung», gegen den Krieg in der Ukraine vorzugehen. Nord Stream, Gazprom, und Sber Trading sowie die Handlungsabteilungen von Norlisk Nickel und Evraz: Sie alle steuern von Zug ihre Geschäfte und spülen Geld in die Kriegskasse von Putin, so ihr Vorwurf.

«Der Stadtrat ist sich seiner Verantwortung nicht bewusst.»

Julia Küng, Gemeinderätin Junge Grüne

Die Konzerne zahlen ausserdem Gemeindesteuern in der Stadt Zug, viele Millionen Franken pro Jahr. Der Reichtum von Zug baue daher auch auf den Steuern von Konzernen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit den Krieg mitfinanzieren, meint Julia Küng. Für sie ist klar: «Der Stadtrat ist sich seiner Verantwortung nicht bewusst.»

Leere Worte der Zuger Regierung?

Der Stadtrat erklärt in seiner Antwort, die Forderung damals sei eine «grundsätzliche Stellungnahme» gewesen und nur «appellativ». Er habe daher bei den betreffenden Firmen nicht nachgefragt, ob sie sich von Russland distanziert hätten. In die Privatwirtschaft einzugreifen, sei zudem nicht die Aufgabe einer Stadtregierung, sondern die des Bundes.

«Wir werfen dem Stadtrat vor, dass er seinen starken Worten vor einem Jahr keine Taten folgen lässt.»

Julia Küng

Für Küng ist das Augenwischerei, denn es gäbe Handlungsmöglichkeiten. Die Stadt könnte auf den Kanton Druck ausüben, oder aber zumindestens mit den Schlüsselkonzernen ins Gespräch kommen. «Wir werfen dem Stadtrat vor, dass er seinen starken Worten vor einem Jahr keine Taten folgen lässt.»

Die Stadt wehrt sich gegen Polemisierung

In seiner Antwort stemmt sich der Stadtrat ausserdem «gegen eine Polemisierung, welche alle Unternehmen, welche mit Russland in Zusammenhang stehen, als negativ beurteilt». Es sei «kaum abgrenzbar», welche nicht-sanktionierten Firmen mit dem russischen Staat verbandelt sind und welche nicht.

«Wir erwarten vom Zuger Stadtrat, dass er öffentlich kundtut, dass Firmen und Personen, die mit Putin und seinem kriegerischen System verbunden sind, in Zug nicht willkommen sind.»

Delia Meier, Gemeinderätin Junge Grüne

Wie oft russische Geschäfte über die Schweiz und Zug abgewickelt werden, ist derweil unklar. Lange hiess es, 80 Prozent der russischen Rohstoffe würden über die Schweiz gehandelt. Im Sommer 2022 hat der Bundesrat erklärt, die Zahlen seien veraltet und neue Daten in Auftrag gegeben. Diese sind noch nicht erschienen.

Die Mindestanforderung an den Zuger Stadtrat ist für die Junge ALG daher eine öffentliche Distanzierung von Putin-Freunden. «Wir erwarten vom Zuger Stadtrat, dass er öffentlich kundtut, dass Firmen und Personen, die mit Putin und seinem kriegerischen System verbunden sind, in Zug nicht willkommen sind», sagt die Interpellantin Delia Meier gegenüber zentralplus.

Verwendete Quellen
  • Interpellation von Julia Küng und Delia Meier (ALG) und Antwort der Regierung
  • Antwort der ALG auf die Interpellationsantwort der Zuger Stadtregierung
  • Artikel im «NZZ Magazin»
  • Schriftlicher Austausch mit Delia Meier
  • Telefonat mit Julia Küng
  • Stellungnahme des Bundesrats zum Schweizer Handel mit russischen Rohstoffen
  • Livestream der Debatte im Grossen Gemeinderat Zug vom 11. April 2023
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


6 Kommentare
  • Profilfoto von Hanswurst
    Hanswurst, 12.04.2023, 22:36 Uhr

    Kleiner Tipp: Blochers EMS-Chemie und die Luzerner SWISS-KRONO geschäften immer noch munter weiter in Russland. Quelle: Chief Executive Leadership Institute, Yale School of Management 04.2023.

    👍6Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 13.04.2023, 08:13 Uhr

      Hanswurstens Empörung müsste doch eigentlich der Tatsache gelten, dass Alle nach wie vor und weiterhin mit den USA geschäften.

      👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎6Daumen runter
      • Profilfoto von Hanswurst
        Hanswurst, 14.04.2023, 19:36 Uhr

        Bitter schmeckender Whataboutism, Herr Bitterli: Zur Debatte steht in diesem Artikel der brutale Überfall Russlands auf die Ukraine und nicht die Verfehlungen der U.S.A.

        👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
        • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
          Marie-Françoise Arouet, 15.04.2023, 09:47 Uhr

          Wurstige Ausrede, Hanswurst. Wer mit Whataboutism argumentiert, ist von Doppelmoral nicht freizusprechen.

          Für den Zensor:
          Hanswurst macht einen Kalauer mit meinem Klarnamen. Die Replik mit seinem Pseudonym ist ebenso zu akzeptieren.

          👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 12.04.2023, 08:59 Uhr

    Wenn die Damen wüssten, wovon sie reden, so wäre ihnen bekannt, dass gerade Oleg Deripaska, der Eigentümer der erwähnten „Norilsk (sic!) Nickel“ sich sehr früh und sehr eindeutig gegen den Ukraine-Überfall ausgesprochen hat. Nehmen die Damen ähnliche Risiken auf sich?

    👍1Gefällt mir👏1Applaus🤔2Nachdenklich👎4Daumen runter
    • Profilfoto von tore
      tore, 12.04.2023, 10:15 Uhr

      «Wenn die Damen wüssten, wovon sie reden (…)» -> Woher wollen Sie denn wissen, was die beiden Frauen wissen?

      👍6Gefällt mir👏1Applaus🤔1Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon