Luzerner Paare streiten sich übers Geld

Sie will in den McDonald’s, er ins Luxus-Restaurant

Angela Mygind bloggt seit drei Jahren über Finanzen. Ihr Zielpublikum: Frauen (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Paare streiten sich nicht selten über Geld. Wie vermeiden sie das – und wie teilen sie gemeinsame Ausgaben fair auf? Antworten darauf hat die Luzerner Finanzbloggerin Angela Mygind.

Der nicht runtergebrachte Abfallsack und gebrauchte Tassen, die sich im Spültrog stapeln, sind häufige Gründe, warum Paare sich streiten.

Mindestens so häufig dürften sich Paare über Geld streiten. Das zumindest zeigen zahlreiche Studien. Paare haben unterschiedliche Vorstellungen über Finanzen oder sind sich uneins darüber, wer wie viel für gemeinsame Ausgaben zahlt.

Das war auch bei Jennifer* und ihrem Freund so. Sie sind seit fünf Jahren zusammen, seit drei Jahren wohnen sie in einer gemeinsamen Wohnung in Luzern. «Wir sprachen das erste Mal übers Geld, als wir gemeinsam Wohnungsinserate durchackerten. Ich realisierte, dass wir beide nicht dieselben Vorstellungen haben beziehungsweise unterschiedlich viel Geld für eine gemeinsame Wohnung ausgeben wollten.»

Jennifers Freund arbeitet in der IT-Branche – sie in der Pflege. Dementsprechend mehr verdient ihr Freund auch. «Er verprasst sein Geld gerne, dauernd stehen irgendwelche Pakete vor der Tür, weil er sich online wieder etwas gekauft hat. Ich wurde eher so erzogen, sparsam mit dem Geld umzugehen. Ich spare lieber für etwas, was mir dann auch nachhaltig Freude bereitet.» Dementsprechend oft hätten sie sich die ersten Monate nach dem Zusammenziehen gestritten.

Doch wie vermeiden Paare Knatsch um Geld? Antworten darauf hat Angela Mygind. Sie bloggt über Finanzen und hat auch einen eigenen Podcast (zentralplus berichtete), in welchem sie sich bereits mit dem Thema auseinandergesetzt hat.

Sie will in den McDonald's, er ins Gault-Millau-Restaurant

Geld sei ein «hochemotionales Thema», sagt Mygind im Gespräch mit zentralplus. Jeder nehme vom Elternhaus unterschiedliche Vorstellungen mit, wie mit Geld umgegangen wird. Ticken Paare punkto Geld nicht gleich, können unterschiedliche Welten aufeinanderprallen. So macht sich der eine Part vielleicht extrem viel Gedanken übers Geldausgeben und spart eher, während der andere sein Geld gerne und viel ausgibt. «Wenn der Partner einmal im Monat im Gault-Millau-Restaurant essen will, ich selbst aber den McDonald's bevorzuge, kann dies zu Reibereien führen», sagt Mygind.

«Häufig streiten Paare über Geld und sind sich dabei gar nicht bewusst, dass es im Eigentlichen um etwas anderes geht.»

Angela Mygind

Dahinter steht oftmals etwas anderes. «Häufig streiten Paare über Geld und sind sich dabei gar nicht bewusst, dass es im Eigentlichen um etwas anderes geht. Es geht um Wertvorstellungen und Wertschätzung – Geld macht das Ganze messbar.» Diskutiert ein Paar also darüber, ob es eine Woche auf die Malediven oder ein paar Tage auf Mallorca reist, geht es im Kern für die eine Person vielleicht mehr um die Frage, was man dem Gegenüber wert sei. Dabei solle man Geld – oder die damit gekauften Geschenke und Aufmerksamkeiten – nicht mit Liebe verwechseln, so Mygind.

Über Geld sprechen – nüchtern und unaufgeregt

Sie will in den McDonald's, er ins Gault-Millau-Restaurant: Wie findet man sich da überhaupt?

Den grössten Fehler, den Paare machen können, ist, laut Mygind, gar nicht erst übers Geld zu sprechen. «Paare sollten spätestens bei der ersten gemeinsamen Wohnung über Finanzen sprechen – und das in guten Zeiten.» Denn wenn es schon in «normalen» Zeiten schwierig sei, über die Finanzen zu sprechen, so werde es bei einer allfälligen Trennung sicherlich nicht einfacher.

Würden Paare offen über Geld reden, so könne man die Beziehung des Gegenübers zu Geld und seine Bedürfnisse besser verstehen. Paare sollten von Beginn an mit offenen Karten spielen. «Hat jemand finanzielle Probleme oder Schulden, sollte er dies unbedingt offenlegen, auch wenn das unangenehm sein kann.»

In den meisten Beziehungen dürften beide Personen wohl kaum gleich viel verdienen. Und kaum werden sie die genau gleichen Ansichten über Geld teilen. «Man sollte kommunizieren, wenn man sich den Lebensstandard des anderen gar nicht leisten kann», rät Mygind.

Gemeinsames Konto – ja oder nein?

Auch die Frage, ob man bei gemeinsamen Kindern oder einem gemeinsamen Haushalt ein Haushaltskonto eröffnen soll, stellt sich wohl bei den meisten Paaren.

Mygind ist der Ansicht, dass ein gemeinsames Haushaltskonto Sinn macht. Bevor es aber so weit ist, sollten Paare sich erst einmal an den Tisch setzen. Und Fragen klären. Nämlich: Wer zahlt wie viel aufs gemeinsame Konto ein? Macht man bei gemeinsamen Ausgaben wie Miete, Serafe, Internetkosten und Co. halbe-halbe? Oder teilt man diese Kosten anteilmässig nach Einkommen auf, sodass die Person, die mehr verdient, auch mehr bezahlt? Eine Idee sei beispielsweise auch, dass beide Einkommen auf einem gemeinsamen Konto landen. Nach Abzug der Fixkosten wird der Restbetrag wieder zurückverteilt, Monat für Monat. Jeder kann dann entscheiden, was er mit dem Geld machen will.

Bei einem gemeinsamen Konto brauche es natürlich Regeln, betont Mygind. Und man solle sich nicht allzu sehr darauf verlassen, dass man einander ja vertraue. «Beiden sollte klar sein, wofür das Geld genutzt wird.» Mygind rät Paaren, sich ganz unaufgeregt über die Finanzen auszutauschen, um so ein gemeinsames Budget festzulegen. «Die Emotionen sollte man beiseitelassen, wenn man über Geld verhandelt.» Schliesslich geht es nicht um Emotionen, sondern um eine Sache: Geld.

Angela Mygind will mit ihrem Blog insbesondere auch Frauen ansprechen. (Bild: zvg)

Wie man die Emotionen ausschaltet

Noch nüchterner könnte man das Budget zusammenstellen, in dem man Regeln schriftlich festhält. Das klingt zugegebenermassen ein wenig unromantisch. Das gibt auch die Finanzbloggerin zu. «Aber es hilft, die Emotionen beiseitezulassen und sachlich zu bleiben.»

Mygind ist als «Miss Finance» dafür bekannt, insbesondere Frauen zu vermitteln, wie wichtig es ist, sich um ihre Finanzen zu kümmern und auch in die Altersvorsorge zu investieren. Nur dann könne man auch als Frau unabhängig bleiben. So betont sie auch jetzt: «Trotz gemeinsamen Haushaltskontos sollte man immer mindestens ein eigenes Konto haben.»

Andere Paare zoffen sich nie über Geld

Dass es auch ganz harmonisch gehen kann, zeigt das Beispiel von Sebastian* und seiner Freundin. Seit sechs Jahren sind die beiden zusammen. Sie studiert und absolviert ein Praktikum – er arbeitet in einem 80-Prozent-Pensum. In Geldangelegenheiten ticken die beiden sehr ähnlich, so der 35-Jährige. «Wir beide leben nicht auf grossem Fuss und sind eher Couch Potatoes.»

Über gemeinsame Ausgaben hätten sich die beiden noch nie gestritten. «Restaurantbesuche oder gemeinsame Städtetrips teilen wir immer 50/50 auf», erzählt Sebastian. «Das hat sich völlig natürlich so etabliert bei uns.» Manchmal lade er seine Freundin bei einem gemeinsamen Znacht auch ein. «Doch auch wenn meine Freundin deutlich weniger verdient als ich, will sie nicht, dass ich sie dauernd einlade – obwohl ich das sehr gerne mache.»

*Hinweis: Die Personen wollten sich im Bericht anonym äussern.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Angela Mygind
  • Website von «Miss Finance»
  • Persönliches Gespräch mit Sebastian* und Jennifer*
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Remo
    Remo, 10.04.2023, 20:46 Uhr

    «Sie will in den McDonald’s, er ins Gault-Millau-Restaurant: Wie findet man sich da überhaupt?»
    Antwort: gar nicht. Das merkt man doch lange vorher. Einmal im Monat auswärts essen und dann im Mac? Kann man machen wenn man Sozialhilfeempfänger ist. Aber sonst wäre das für mich ein No go.
    Und ja gemeinsames Konto für die gemeinsamen Ausgaben ist ein Muss. Aber wenn man dem anderen immer dreinredet wenn er / sie etwas von seinem Geld kauft kommts nicht gut.

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