Nach Entscheid des Bundesparlaments

Mehr Geld für Prämienverbilligung: Luzerner Kantonsräte haken nach

Sind sich uneins: Stephan Schärli (links oben) und David Roth. (Bild: zvg)

Die Kantone sollen künftig 356 Millionen Franken mehr in die Prämienverbilligung stecken. Das hat das eidgenössische Parlament diese Woche beschlossen. Nun schalten sich zwei Luzerner Kantonsräte ein.

365 Millionen mehr für die Prämienverbilligung: Das eidgenössische Parlament hat diese Woche beschlossen, dass die Kantone so viel Geld zusätzlich einschiessen sollen. Damit hat es einem indirekten Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP zugestimmt.

Die Kantone sollen künftig zwischen 3,5 und 7,5 Prozent der obligatorischen Krankenkassenkosten für Prämienverbilligungen einsetzen müssen. Konkret müssen die Kantone insgesamt zusätzlich 356 Millionen Franken an die Prämienverbilligungen zahlen. Ursprünglich hatte der Nationalrat über zwei Milliarden Franken für zusätzliche Prämienverbilligungen verlangt – davon zusätzliche 800 Millionen Franken zulasten der Kantone.

Damit setzen sich SVP, FDP und Mitte durch – enttäuscht blieben SP, Grüne und GLP zurück. Letztere haben dafür gekämpft, mehr Gelder für die Prämienverbilligungen herauszuholen.

Mitte-Kantonsrat: «Ziel der Kosteneinsparungen klar verfehlt»

Der Entscheid ruft nun auch in Luzern Politiker auf den Plan. Der Luzerner Mitte-Kantonsrat Stephan Schärli findet: Mit dem Entscheid werde das erklärte Ziel der Kosteneinsparungen «klar verfehlt». Deswegen hat er eine Anfrage eingereicht, in der er unter anderem wissen will, wie die Luzerner Regierung zum Parlamentsentscheid steht und ob der Kanton im Vorfeld miteinbezogen wurde.

«Mit zunehmender Quote bei der Prämienverbilligung geht permanent einer grösseren Bevölkerung das Bewusstsein zu den Gesundheitskosten verloren.»

Stephan Schärli, Mitte-Kantonsrat

«Mit dem Entscheid werden die Kosten umgelagert», begründet Schärli den eingereichten Vorstoss. «Es erfolgt aber nichts im Hinblick auf die Eigenverantwortung und die Bewusstseinsbildung, geschweige denn werden die Gesundheitskosten gesenkt.»

Er ist überzeugt: «Mit zunehmender Quote bei der Prämienverbilligung geht permanent einer grösseren Bevölkerung das Bewusstsein zu den Gesundheitskosten verloren.» Dafür findet er klare Worte: «Wir entwickeln uns in Richtung staatlich finanziertes Gesundheitssystem.»

SP-Kantonsrat: «Luzern profitiert viel zu wenig»

Auch SP-Kantonsrat David Roth hat eine Anfrage eingereicht. Seiner Meinung nach profitiere die Luzerner Bevölkerung «viel zu wenig» vom Gegenvorschlag des Bundesparlaments. «Die Auswirkungen für die Luzerner Bevölkerung dürften marginal sein und das Problem nicht lösen», schreibt die Luzerner SP in einer Medienmitteilung. Es sei nur «ein Tropfen auf dem heissen Stein».

«Die Menschen werden mit den höheren Krankenkassenprämien heute alleingelassen», führt David Roth auf Anfrage aus. «Sie können nicht auf die leeren Versprechen von der Mitte warten.» Er rechnet gleich selbst vor: Die durchschnittlichen Prämien im Kanton Luzern sind in den letzten 20 Jahren um 1400 Franken gestiegen – von 1800 auf 3200 Franken. Die Prämienverbilligung pro Kopf stieg gerade mal um 60 Franken pro Jahr, also fünf Franken im Monat. «Deshalb haben mittlere Einkommen heute keine Prämienverbilligung mehr, sondern nur noch Menschen an der Armutsgrenze.»

«Bis weit in die Mittelschicht sind die Prämienrechnungen eine Last, welche die Menschen, insbesondere Familien, jeden Monat an das Versagen der Politik erinnern.»

David Roth, SP-Kantonsrat

Roth fordert eine Entlastung der Mittelschicht. «Geld dafür ist vorhanden. Die Regierung plant derzeit Steuergeschenke im Wert von 200 Millionen, die primär Reiche und Unternehmen begünstigen würden. Hier braucht es eine andere Priorisierung.»

Mit seiner Anfrage fordert Roth deswegen nun eine saubere Aufarbeitung der Kosten- und Prämienverbilligungsentwicklung im Kanton Luzern. Zudem will er von der Regierung wissen, welche weiteren Massnahmen sie plant.

Ein Thema, zwei Initiativen

Die Gesundheitskosten treiben die Kantonsräte, die beide bei den nationalen Wahlen antreten, um. Schärli betonte bereits in früheren Berichten, dass es ihm wichtig sei, die Kosten des Gesundheitswesens in den Griff zu bekommen (zentralplus berichtete).

Die Mitte Schweiz selbst hat eine Initiative lanciert, die eine Kostenreduktion im Gesundheitswesen fordert. Die Initiative verlangt, dass Bundesrat, Parlament und Kantone eingreifen müssten, «wenn die Gesundheitskosten, im Vergleich zur Lohnentwicklung, zu stark steigen». Diese setzt laut Schärli «klar bei den Kosten an» und fordert klare Massnahmen zur Kostensenkung im Gesundheitswesen. Das Parlament hat am Donnerstag dazu einen Gegenvorschlag fertiggestellt.

Die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP Schweiz hingegen will, dass keine versicherte Person mehr als zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Krankenkassenprämie der Grundversicherung bezahlen muss. Dafür sollen Bund und Kantone mehr Prämienverbilligung bezahlen.

Diese SP-Initiative wurde in Bundesbern am Dienstag von einer bürgerlichen Mehrheit abgelehnt. Der Mitte-Kantonsrat moniert: «Die SP-Initiative ist eine reine Umlagerung an die Steuerzahlenden und trägt nichts zur Kostensenkung im Gesundheitswesen bei. Vielmehr strapaziert sie die Solidarität, weil das Bewusstsein mit dem Umgang der Gesundheit zunehmend verloren geht.»

Ganz anders sieht das SP-Kantonsrat David Roth. «Die Aussage, dass die Menschen gar nicht merken würden, dass Gesundheitskosten steigen, ist realitätsfremd. Bis weit in die Mittelschicht sind die Prämienrechnungen eine Last, welche die Menschen, insbesondere Familien, jeden Monat an das Versagen der Politik erinnern.»

Verwendete Quellen
  • Vorstoss von Stephan Schärli, Mitte-Kantonsrat
  • Schriftlicher Austausch mit Stephan Schärli
  • Vorstoss von David Roth, SP-Kantonsrat
  • Medienmitteilung der SP Kanton Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit David Roth, SP-Kantonsrat
  • Artikel bei «SRF»
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