Wegen anhaltend hoher Zahlen

Kanton Luzern ruft erneut Asyl-Notlage aus

Der Kanton muss wieder auf Zivilschutzanlagen als Notunterkünfte zurückgreifen. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Unterkünfte für Flüchtlinge seien praktisch ausgelastet. Deshalb ruft der Kanton Luzern die Notlage aus. Damit könne er angemessen und rasch auf die aktuelle Situation reagieren.

Um die benötigten Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge im Kanton Luzern zu schaffen, hat der Regierungsrat beschlossen, die Notlage auszurufen. Damit soll der Kanton rasch auf die aktuellen Herausforderungen reagieren und die notwendigen Ressourcen bereitstellen können.

Europa müsse aktuell die grösste Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg bewältigen, schreibt der Kanton in einer Mitteilung vom Montag. Grund dafür seien der Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die allgemeine Weltlage und weitere geopolitische Krisen.

«Diese Situation bringt den Bund, die Kantone und Gemeinde bereits seit zwei Jahren an ihre Grenzen. Und sie verschärft sich weiter», sagt die Regierungsrätin Michaela Tschuor am Mediengespräch. Sie spricht von einer Doppelbelastung für die Behörden – einerseits durch die Asylgesuche und andererseits durch die Gesuche für den Schutzstatus S.

Prognose: Bis Ende Jahr fehlen 1200 Plätze

Bereits im März 2022 rief die Luzerner Regierung deshalb die Notlage für die Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine aus. Knapp acht Monate später weitete sie diese auf den gesamten Asyl- und Flüchtlingsbereich aus (zentralplus berichtete). Ende August 2023 hob der Kanton die Notlage wieder auf, da genügend Unterbringungsplätze bis Ende 2023 zur Verfügung standen.

Aktuell betreut die kantonale Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) über 6500 Personen. Laut Berechnungen des Bundes geht der Kanton davon aus, dass er im aktuellen Jahr insgesamt rund 2700 weitere Personen zugewiesen bekommt.

Die bestehenden Unterbringungsmöglichkeiten seien jedoch bereits zu einem grossen Teil ausgelastet. Silvia Bolliger, Leiterin der DAF, rechnet an der Konferenz vor, wie sich der Platzbedarf dieses Jahr voraussichtlich entwickeln wird. Aktuell stehen dem Kanton insgesamt 384 freie Plätze in Zentren und Wohnungen zur Verfügung. Wenn so viele Flüchtlinge dem Kanton Luzern zugewiesen werden wie erwartet, reichen diese Plätze noch bis zum Juni. Bereits ab Juli fehlen der DAF jedoch voraussichtlich 206 Plätze für Geflüchtete. Bis Ende Jahr sind es voraussichtlich 1215 Plätze.

Dies hat auch damit zu tun, dass gewisse Unterbringungsplätze in den kommenden Monaten wieder wegfallen werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um Zwischennutzungen von Gebäuden, bei denen von Anfang an klar war, dass es sich um eine befristete Lösung handelt. Ein Beispiel dafür ist das Schloss Marienburg in Wikon (zentralplus berichtete).

Zivilschutzanlagen als Unterkunft

Die Ausrufung der Notlage soll deshalb allen involvierten Dienststellen das schnelle Agieren und den Zugriff auf die notwendigen Ressourcen ermöglichen, schreibt der Kanton. Unter Ressourcen werden hier vor allem Personal und Finanzen verstanden, erklärt Tschuor. Als weitere Massnahme beruft der Kanton Luzern eine Taskforce ein. Diese soll alle Aktivitäten koordinieren.

Die Abteilung Bevölkerungsschutz der Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug (MZJ) leistet ausserdem Unterstützung, etwa bei der Suche nach Unterkünften. Der Kanton greift dabei wieder auf Zivilschutzanlagen zurück, um alle Personen unterzubringen.

Regierungsrätin Tschuor appelliert an die Gemeinden

Auch wenn Gemeinden wenige oder keine Flüchtlinge unterbringen, müssen sie vorläufig keine Ersatzabgaben bezahlen. Auf dieses Abgabe-System möchte der Kanton nur zurückgreifen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. «Der Kanton ist jedoch weiterhin auf die tatkräftige Unterstützung der Gemeinden angewiesen», erklärt Tschuor. Diese Herausforderung könne nur gemeinsam gelöst werden.

Deshalb hat die Regierungsrätin in den vergangenen zwei Wochen die Gemeinden darum gebeten, Unterbringungsplätze bereitzustellen. Woraufhin sich einige bereits gemeldet hätten.

Es gäbe jedoch auch Gemeinden, die keine weiteren Plätze schaffen können, sagt die Präsidentin des Verbands Luzerner Gemeinden Sibylle Boos an der Konferenz. Bei den anderen Gemeinden ruft sie dazu auf, sich dafür zu engagieren, um die nötigen Unterbringungsmöglichkeiten bereitzustellen.

Ungleichbehandlung der Flüchtlinge müsse aufhören

Weiter appelliert Tschuor an den Bund. Die Kantone würden Planungssicherheit brauchen und müssten deshalb so schnell wie möglich wissen, ob der Schutzstatus S im März 2025 aufgehoben oder nochmals verlängert wird. Ausserdem fordert sie den Bund dazu auf, den Schutzstatus S generell zu überprüfen.

«Die Ungleichbehandlung der Geflüchteten muss aufhören», fordert die Regierungsrätin. Personen mit dem Schutzstatus S hätten nämlich Privilegien, die andere Geflüchtete nicht haben. So dürfen sie beispielsweise aus der Schweiz aus- und wieder ins Land einreisen.

Der Schutzstatus S sei als kurzfristige Lösung angedacht gewesen. Leider müsse man nun davon ausgehen, dass der Krieg in der Ukraine länger dauern wird. «Insofern ist es nicht mehr gerechtfertigt, dass wir den Status S noch länger aufrechterhalten», sagt Tschuor im Namen des Kantons.

Verwendete Quellen
  • Mitteilung des Kantons Luzern
  • Teilnahme am Mediengespräch des Kantons Luzern vom 11. März 2024
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