Neues Wirtepaar in Zuger Bergbeiz

Für den Wildspitz lassen sie alles stehen und liegen

Sandra und Dani Michel übernehmen das «Wildspitz» am 1. Juli. (Bild: wia)

Ab Juli wirtet ein neues Paar in der höchstgelegenen Zuger Beiz. Wer sind die beiden Personen, die sich künftig der Kost und Logis von Bikern, Wanderern und Skisportlern annehmen? zentralplus hat die Gastronomen zum Gespräch getroffen.

Der Wildspitz hat eine grosse Anziehungskraft auf viele Zuger. Sportlerinnen und Sportler besuchen den höchsten «Hoger» des Kantons regelmässig, viele gar wöchentlich oder öfter. Und das, obwohl der Berg mit seiner bekannten Beiz nur mit Muskelkraft erreichbar ist. Eine jährliche Statistik darüber zu führen, wie oft man es mit Wander-, Schneeschuhen, mit Skis oder dem Bike hinaufgeschafft hat auf den 1580 Meter hohen Hausberg, gehört in gewissen Kreisen zum guten Ton.

Dass es jedoch nur eines einzigen Besuchs bedarf, um sich in das «Wildspitz», das lauschige Beizli und die grossartige Aussicht zu verlieben, beweist Dani Michel. Gemeinsam mit seiner Frau Sandra übernimmt der Luzerner die höchste Beiz des Kantons Zug per 1. Juli (zentralplus berichtete).

Dafür, dass sie gerade ziemlich viel um die Ohren haben, wirken Dani und Sandra Michel ziemlich entspannt. Trotz der Jobs, denen sie momentan noch im Vollzeitpensum nachgehen, der Termine mit künftigen Lieferanten und organisatorischen «Wildspitz»-Besuchen, finden die beiden Zeit für ein Interview. Beim alkoholfreien Bier erzählt Dani Michel die ungewöhnliche Geschichte, wie er und seine Frau den Weg auf den Wildspitz fanden.

Der Berg rief, und Michels haben Folge geleistet

«Seit acht Jahren arbeite ich in Luzern in einer Metzgerei. Letztes Jahr nahm ich mir eine dreimonatige Auszeit, während der ich auf der Blüemlisalphütte im Kanton Bern für die Küche verantwortlich war.» Die Arbeit in den Bergen sagte ihm sehr zu. «Schon seit einigen Jahren liebäugeln wir damit, einmal selber eine SAC-Hütte zu führen», erzählt Michel. Während der Zeit auf der Blüemlisalphütte stiess der heute 50-Jährige auf ein Inserat, gemäss welchem eine Nachfolge für das Berggasthaus Wildspitz gesucht wurde. «Diese Annonce liess mich nicht mehr los. Und das, obwohl ich den Ort gar nicht kannte.»

Während der Wildspitz leise aus der Distanz lockte, ging Michel seiner Wege und unterschrieb für den darauffolgenden Sommer einen Vertrag mit der Rugghubelhütte in Obwalden. «Doch irgendwas plagte mich. An meinem freien Tag, am 14. Januar dieses Jahr, lief ich also auf den Wildspitz. Oben angekommen traf ich auf Skitourengänger, auf Wanderer und Biker.» Und weiter: «Es beeindruckte mich, wie vielseitig dieser Berg ist. Auch reizte mich das Gasthaus, welches eine Mischung aus SAC-Hütte und Restaurant ist.»

Als er einem «Arbeitsgschpändli» von seinem eindrücklichen Ausflug auf den höchsten Punkt im Kanton Zug erzählte, vermittelte dieses ihm die Kontaktangaben der einstigen Pächter. Kurzerhand rief Michel dort an und informierte sich. «In dieser ganzen Phase wusste meine Frau noch nichts von meinen Recherchen», sagt er. Sowohl er als auch seine Frau müssen darüber lachen. «Erst nachdem ich mit Andreas Kleeb, dem Stiftungsrat des ‹Wildspitz› telefoniert hatte, erzählte ich ihr davon.»

Die Bewerbung erfolgte aus den Ferien

Sobald wie möglich reiste auch sie auf den Wildspitz, und war genauso angetan wie er. «Von da an ging alles ziemlich schnell», erklärt sie. «Während den Ferien bewarben wir uns. Wie durch eine Eingebung hatte Dani den Laptop dabei, auf dem unsere Lebensläufe und alle nötigen Dokumente gespeichert sind.» Dani Michel weiter: «Den Vertrag mit der Rugghubelhütte lösten wir einvernehmlich auf. Obwohl ich natürlich ein schlechtes Gewissen hatte.»

Doch Träume wollen gelebt werden, und eine solche Chance konnten sich die Michels nicht entgehen lassen. Zumal die beiden Gastronomen gemäss der Stiftung Wildspitz die Voraussetzungen für den Betrieb gut erfüllen. «Dani und Sandra Michel bringen nicht nur umfangreiche Erfahrungen aus verschiedenen renommierten Betrieben mit, sondern auch eine Leidenschaft für die alpine Gastronomie und ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse der Gäste», hiess es kürzlich in einer Medienmitteilung.

Sowohl Sandra als auch Dani Michel verfügen über eine Kochausbildung. Der Luzerner war während zehn Jahren selbständig und später als Koch angestellt, bis es ihn in eine Metzgerei verschlug. Sandra Michel arbeitet zurzeit im Service eines Restaurants im Luzerner Seetal. Das Berggasthaus Wildspitz wird der erste Ort sein, an dem die beiden als Team arbeiten. Hat das Paar Bammel vor dieser Herausforderung? Beide schmunzeln, zucken mit den Schultern. «Vermutlich werde ich eher für die Gäste vorne zuständig sein und Dani im Hintergrund. Dennoch ist es uns wichtig, die Entscheidungen zusammen zu treffen», sagt Sandra Michel und fügt hinzu: «Ich glaube, das kommt gut.»

Die Geschichte der höchsten Zuger Beiz

Schon vor fast 170 Jahren trank man auf dem Wildspitz Gipfelwein, den man nicht selber hinaufschleppen musste. 1855 wurde mit dem Restaurant Merz auf dem «Bödeli» unterhalb des Gipfels die erste Berghütte eröffnet. 1888 entstand ein grösserer Bau, das Hotel Rossberg-Kulm. Das Berggasthaus wurde bis ins Jahr 2000 von verschiedenen Pächtern geführt. 1989 wurde die Stiftung Wildspitz gegründet.

Im Januar nach der Jahrtausendwende brannte das historische Gebäude bis auf die Grundmauern nieder, die Betreiber konnten sich knapp retten. Mitte 2000 wurde ein Container-Provisorium erstellt, 2006 folgte der Neubau. Marianne und Heiri Weiss führten den Betrieb während einer Dekade bis 2010, auf sie folgte das Ehepaar Klingler, bis das Gasthaus 2018 von Martin Keiser übernommen wurde. Dieser hört im kommenden Sommer auf und übergibt das «Wildspitz» dem Ehepaar Michel.

Was tischt der Metzger auf?

Inwiefern planen die beiden Luzerner Veränderungen in der bekannten Beiz? Hat der Metzger vor, mehr Fleisch auf die Teller zu bringen? «Nicht unbedingt», sagt er lachend. «Was jedoch sicher aufs Menü kommt, ist unsere hausgemachte Bratwurst. Überhaupt ist uns der regionale Bezug wichtig. Ausserdem schaue ich Fleisch wohl anders an als jemand, der nicht Metzger ist.» Heisst? «Als Koch habe ich einst einen halben Muni auf einmal gekauft. Jedes Stück des Tieres kann man unterschiedlich verwerten. Kauft man grössere Stücke, hat man mehr Möglichkeiten, als wenn das Steak bereits geschnitten angeliefert wird.»

Wie sieht es mit veganer Küche aus? «Da wird es wohl schwieriger. Doch habe ich auf der Blüemlisalphütte diesbezüglich einiges gelernt. In SAC-Hütten sind nicht nur die vegetarische und vegane Ernährung, sondern auch Allergien ein grosses Thema. Je nach Komponenten der Menüs kann man da relativ flexibel reagieren.»

Vermehrt sollen auch Abendgäste den Weg auf den Hoger finden

Weiter sagt der Gastronom: «Neu möchten wir eine gutbürgerliche Abendkarte anbieten, die der Gast auch in Papierform vor sich haben wird. Tagsüber setzen wir eher auf Menüs, die wenig Zeit brauchen. So können wir ein hohes Gästeaufkommen gut bewältigen.» Mit dem expliziten Abendangebot will das Paar die Gäste dazu animieren, auch mal zum Abendessen auf den Wildspitz zu pilgern. «Oder zum Beispiel für ein Geburtstagsfest», sagt der Metzger. Dank der Schlafmöglichkeiten vor Ort ist eine Heimkehr im Dunkeln nicht nötig.

Etwas unsicher ist Sandra Michel noch bezüglich der Anstellung von Mitarbeitenden. «Es ist schwierig, einzuschätzen, wie viele wir brauchen. Doch hoffen wir auf tatkräftige Mitarbeiter aus der Region, welche uns tageweise unterstützen», so die 48-Jährige.

Vor der Abgeschiedenheit des Lokals haben die beiden keine Angst. «Falls es zu ruhigen Zeiten kommt, können diese für Büroarbeiten, Reinigungen oder einfach mal zum Durchatmen genutzt werden.» Abgesehen habe sich das Paar sagen lassen, dass es kaum je einen Tag gebe, an dem keine Gäste kämen.

Und manchmal kommen die gleichen Gäste gleich zweimal am Tag. Sandra Michel erzählt: «Wir waren gestern oben, um zu planen. Einer der Gäste, mit dem wir uns unterhielten, war mit den Ski unterwegs. Er machte die Route an diesem Tag gleich zweimal.»

Verwendete Quellen
  • Interview mit dem Ehepaar Michel
  • Medienmitteilung Stiftung Wildspitz
  • Telefongespräch mit Stiftungsratspräsident Jürg Schumpf
  • Chronik des Berggasthauses Wildspitz
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