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Anführer exekutiert und posthum gedemütigt

Blutige Rache der Luzerner Justiz gegen Bauern und Bürger

Die Anführer der Luzerner Bauernrebellion wurden gefoltert, hingerichtet und posthum gedemütigt. (Bild: Wikimedia Commons)

Im Jahr 1712 kommt es in Luzern zur Bauernrebellion. Unzufrieden mit der Herrschaft des Luzerner Rats, greifen sie zu den Waffen. Doch schon bald sehen sich die Aufständischen besiegt. Was folgt, ist die Rache der Luzerner Obrigkeit. Gewaltsam gehen sie gegen die Anführer der gescheiterten Rebellion vor.

Am 28. September 1712 verurteilt das Luzerner Gericht den Eschenbacher Hans Hildebrand zum Tode. Laut Anklage war Hildebrand einer der Verantwortlichen der Bauernrebellion von 1712. Konkret wird ihm vorgeworfen, den Aufstand in den Orten Root und Eschenbach organisiert zu haben. Als Rädelsführer der bäuerlichen Auflehnung will man an ihm ein Exempel statuieren. Die Luzerner Obrigkeit sehnt seine Exekution herbei, sogar das genaue Prozedere ist festgelegt.

Vergeltung der Luzerner Justiz

Demnach will man Hildebrand per Schwerthieb enthaupten. Sein Körper soll nach der Hinrichtung an ein Wagenrad gebunden und auf einem Pfahl befestigt, sein Kopf auf einen am Haberturm befestigten Pfahl gesteckt werden. Das Urteil ist klar und deutlich. Man will Hildebrand exekutieren und posthum demütigen. Als Abschreckung soll sein lebloser Körper öffentlich sichtbar sein.

Die Umsetzung scheitert jedoch vorerst. Denn Hildebrand befindet sich nicht in Luzern. Zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung ist sein Aufenthaltsort unbekannt. Als Reaktion erklärt ihn die Luzerner Obrigkeit als vogelfrei und setzt ein Kopfgeld auf ihn aus. 400 Gulden winken bei einer Übergabe des lebendigen Hildebrands. Eine Überbringung des leblosen Leichnams will sie mit 200 Gulden vergüten.

Des Weiteren wird festgelegt, dass eine Komplizenschaft zu Hildebrand ein automatisches Todesurteil nach sich zieht.

Hildebrands Ergreifung

Doch schon bald trifft ein entscheidendes Indiz in Luzern ein. Am 4. November 1712 erreicht die Luzerner Justiz ein Schreiben aus Parma.

Das vorliegende Dokument besagt, dass sich Hildebrand als Söldner im Dienst des parmesischen Herzogs Francesco Farnese befindet. Nach der fehlgeschlagenen Bauernrebellion wird Hildebrand von seinem Bruder und anderen Mitstreitern gewarnt, was seine Flucht nach Parma ermöglicht.

Prozesse gegen die Aufständischen

Nach der Niederlage des Aufstands beginnt die Luzerner Obrigkeit Jagd auf die beteiligten Rebellen zu machen. Um ihrer Autorität Ausdruck zu verleihen, gehen sie mit aller Härte gegen die Aufständischen vor. In einer Prozesswelle vernehmen sie die Beschuldigten. Unter Folter werden Geständnisse erzwungen. Geständnisse, die auch Hildebrand entscheidend belasten.

Insgesamt werden im Jahr 1712 neun Todesstrafen vom Strafgericht ausgesprochen. Sechs der Todesurteile wandelt das Gericht jedoch in ewige Verbannung um, da die Beschuldigten bei Urteilsverkündung bereits ins ausländische Exil geflüchtet sind.

Die ersten Hinrichtungen

Petermann macht man am 24. September 1712 den Prozess und verurteilt ihn anschliessend zum Tode durch Enthauptung. Der ehemalige Wirt hatte in Root die Aufständischen als Hauptmann kommandiert und organisiert. Dementsprechend wird ihm, wie auch Hildebrand, eine Schlüsselrolle in der Rebellion zugesprochen. Nach der öffentlichen Verkündung seiner Strafe auf dem Fischmarkt führt man Petermann zur Hinrichtungsstätte ausserhalb des Sentitors. Nach vollzogener Tat wird Petermanns Kopf auf eine Stange gespiesst und am äusseren Weggistor ausgestellt.

Die drei Todesurteile werden gegen Hans Jakob Petermann, Lux Wyss und natürlich Hans Hildebrand vollstreckt. Noch während Hildebrand sich in Parma befindet, werden Petermann und Wyss hingerichtet.

Luzerner Bauernrebellion

Die Luzerner Bauernrebellion von 1712 war ein Aufstand von Bauern und Bürgerlichen gegen die Luzerner Obrigkeit. Die tiefe Unzufriedenheit mit den Herren aus Luzern war auf eine ungerechte und autoritäre Herrschaft der Luzerner Obrigkeit zurückzuführen. Hinzu kam eine wirtschaftliche Notlage, welche durch eine hohe Steuerlast verschärft wurde. Die Aufständischen forderten eine Senkung der Steuern, eine Reform der Gerichtsbarkeit und eine Stärkung ihrer Rechte und Freiheiten.

Die Luzerner Obrigkeit reagierte mit Repression und Unterdrückung auf den Aufstand. Nach Niederschlagung der Rebellion folgten Verhaftungswellen. Die Beschuldigten wurden hart bestraft, um Nachahmer abzuschrecken. Neben Hinrichtungen kam es zu Landesverweisen, Beschlagnahmung von Häusern und Besitz und Geldstrafen.

Auch Lux Wyss ereilt ein ähnliches Schicksal wie Petermann.

Wyss wirft man vor, Kontakte mit anderen Länderorten aufgenommen, Gerüchte verbreitet und dazu aufgerufen zu haben, die Stadt Luzern zu «überrumpeln». Die Anklagepunkte resultieren in einer Verurteilung zum Tode. Die Hinrichtung wird am 22. Oktober 1712 vollzogen. Auch Wyss’ körperliche Überreste werden der posthumen Demütigung ausgesetzt. Sein Kopf wird in bekannter Manier am Haberturm angebracht.

Ergreifung und Hinrichtung Hildebrands

Obwohl sich Hildebrand zum Zeitpunkt seiner Verurteilung weder in Luzern noch in der Schweiz befindet, ist seine Ergreifung für das Luzerner Strafgericht von hoher Wichtigkeit. Sein Todesurteil wandelt das Strafgericht trotz seiner Abwesenheit nicht in ewige Verbannung um, so wie es bei sechs der neun ausgesprochenen Todesurteile der Fall war. Die Hinrichtung Hildebrands hat höchste Priorität. Doch dazu muss man ihn zunächst verhaften.

Nachdem die Luzerner Justiz am 4. November 1712 das entscheidende Indiz zu Hildebrands Aufenthaltsort erreicht, beschliessen die Luzerner seine Verhaftung in Parma. Unverzüglich informiert der Luzerner Rat den parmesischen Herzog, dass sie Hildebrand so bald wie möglich verhaften und aus Parma abholen werden. Im April 1713 werden vier Ratsmitglieder dazu bestimmt. Sie sollen schnellstmöglich nach Parma reisen und Hildebrand festnehmen. Doch sie weigern sich. Vermutlich, da sie sich vor einer möglichen Rache der Bauern fürchten.

Erst im Dezember 1713 können sie Hildebrand schliesslich verhaften. Er legt ein umfassendes Geständnis ab, wodurch er sich der Folter entzieht. Sein Schicksal ist jedoch entschieden. Am 31. Januar 1714 wird Hans Hildebrand hingerichtet.

Verwendete Quellen
  • Merki-Vollenwyder, Martin (1995): Unruhige Untertanen. Die Rebellion der Luzerner Bauern im Zweiten Villmergerkrieg (1712). Luzern. Rex Verlag.
  • Braun, Rudolf (1984): Das ausgehende Ancien Régime in der Schweiz. Göttingen.
  • Dubler, Anne-Marie (1989): Geschichte der Luzerner Wirtschaft, Volk, Staat und Wirtschaft im Wandel der Jahrhunderte, Luzern-Stuttgart.
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