Umfrage bei Luzerner Lehrerinnen

Verhaltensauffällige Kinder strapazieren Nerven der Lehrer

Alex Messerli, Präsident des Luzerner Lehrerinnen- und Lehrerverbands, ist über die Umfrageergebnisse nicht überrascht. (Bild: Adobe Stock/zvg)

Eine neue Umfrage bei den Luzerner Lehrpersonen zeigt: Verhaltensauffällige Kinder sind die grösste Belastung an den Schulen. Trotzdem stellt sich der Lehrerverband gegen die Wiedereinführung von Kleinklassen.

Was macht den Beruf attraktiv? Sind die Lehrer zufrieden mit ihrem Lohn? Was sind die grössten Belastungen am Arbeitsplatz? Solche und andere Fragen beantworteten mehr als 3'000 Lehrer, Schulleiterinnen und ehemals im Kanton Luzern angestellte Lehrer der Volksschule.

Nun liegen die Resultate vor. Der Kanton Luzern publizierte sie am Mittwoch. Eins vorneweg: Nein, glücklich sind die Lehrerinnen mit ihrem Lohn nicht. Mehr als die Hälfte ist sehr unzufrieden oder eher unzufrieden damit.

Mehr als jeder zweite Lehrer fühlt sich sehr belastet

Die Resultate zeigen auch: Die Lehrerinnen schätzen den Umgang mit Kindern und Jugendlichen sowie die Flexibilität in der Arbeitsgestaltung. Jedoch bereitet ihnen der Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern Probleme: Jeder zweite Lehrer fühlt sich durch den Umgang mit diesen Kindern sehr belastet.

Die verhaltensauffälligen Kinder stellen somit die grösste Belastung für die Luzerner Lehrpersonen dar. Weit verbreitet ist auch das Gefühl, zu wenig Zeit für alle Aufgaben als Lehrer zu haben (zentralplus berichtete). Rund 42 Prozent fühlen sich dadurch sehr belastet.

Die Belastung der Lehrerinnen hat Konsequenzen: Rund vier von fünf gaben an, an ihrer Schule Lehrer zu kennen, die wegen persönlich empfundener Belastung in ihrer beruflichen Tätigkeit krank geworden sind oder die Schule angesichts dessen verlassen haben. Eine zu gross empfundene Belastung ist der häufigste Grund dafür, warum Lehrer über einen Stellen- oder Berufswechsel nachdenken.

Als Massnahme zur Reduktion der Belastung wünschen sich Luzerner Lehrerinnen insbesondere mehr Unterstützung im Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern. Aber auch kleinere Klassen wird von über der Hälfte der Befragten als wirksame Massnahme zur Reduktion der Belastung beurteilt.

FDP fordert Kleinklassen – der Lehrerverband ist dagegen

zentralplus konfrontiert Alex Messerli, Präsident des Luzerner Lehrerinnen und Lehrerverband (LLV), mit den Umfrageergebnissen. Erst kürzlich hat sich dieser gegen die Wiedereinführung von Kleinklassen ausgesprochen. Eine solche fordert FDP-Kantonsrätin Luzia Syfrig in einem hängigen Vorstoss. Sie begründet ihr Anliegen damit, dass es mehr verhaltensauffällige Kinder gebe und diese die Lehrer an ihre Grenzen führen würden.

Dass verhaltensauffällige Kinder eine grosse Belastung seien, überrascht LLV-Präsident Alex Messerli nicht. Generell seien die Luzerner Umfrageergebnisse wenig überraschend, sie würden lediglich bisherige Umfrageergebnisse bestätigen.

Messerli betont jedoch, dass die Umfrage nicht zeige, ob sich die Lehrpersonen eine Rückkehr zu Kleinklassen wünschen. «Natürlich gibt es Lehrpersonen, die mit der Wiedereinführung von Kleinklassen liebäugeln. Kleinklassen lösen das Problem nur oberflächlich. Wir müssen das Problem systemisch angehen, es braucht breitere Lösungen.»

Der LLV stelle sich auch nicht grundsätzlich gegen eine Separierung von Schülern. «Dass gewisse Lernende temporär nicht in den Regelklassen sind, gibt es auch heute noch.»

Erste Massnahmen sollen bis in einem halben Jahr erfolgen

Der LLV gibt sich betont vage, welche Massnahmen nun ergriffen werden sollen. «Die Arbeit fängt erst jetzt an. Mit den Umfrageresultaten haben wir eine weitere Grundlage, um Massnahmen zu erarbeiten und diese dann der Regierung und dem Parlament vorzuschlagen», sagt Messerli. Der LLV tut dies zusammen mit anderen Organisationen in einer Arbeitsgruppe, welche der Kanton ins Leben gerufen hat.

Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen durch die Umfrage sollen kurzfristige Massnahmen bis zum Start des Schuljahrs 2023/24 umgesetzt werden. Mittel- bis langfristige Massnahmen erfolgen ab dem Jahr 2024.

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12 Kommentare
  • Profilfoto von Karl-Heinz Rubin
    Karl-Heinz Rubin, 06.04.2023, 15:54 Uhr

    Lehrer waren früher Vorbilder und sehr gut angesehen.
    Heute sind sie die Prügelknaben von Eltern die am Spielfeldrand ihren Kinder zuschreien.
    Würden Eltern ihren Kindern heute ein Vorbild sein, ihnen zeigen, was anstand und wo der Private und wo der öffentliche Raum ist, würde sich manches wieder verbessern.
    Und Kinder mit Handicap hätten Platz ohne ständig analysiert zu werden um sie rasch möglichst von Lehrern ab zuschieben mangels Zeit und Kenntnis.

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  • Profilfoto von Meier
    Meier, 02.04.2023, 13:55 Uhr

    Es gibt verschiedene Studien die belegen, dass Inklusive Schulen nicht funktionieren – und zwar überall nicht. Die Idee wäre gut – doch vermutlich bräuchte es kleinere Klassen und viel mehr gutgeschulte Lehrpersonen. Leider gibts die aktuell nicht.
    Dass es so nicht funktionieren kann – was immer dieses nicht-funktionieren – genau meint, ist doch klar.

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  • Profilfoto von Richard.Scholl@sunrise.ch
    [email protected], 31.03.2023, 19:03 Uhr

    Zum Trost: so ist es in fast allen Mittellandgemeinden. Allein, die Herkunft dieser Kinder ist tabu. Dass unsere Lehrerinnen (Lehrer gibts nur noch wenige) nach rund 5 Jahren entweder nicht mehr lehren oder nur noch teilzeiten, ist eine Folge dieses Fehlentscheides unser Bildungsschreibtischtäter. Aber eben, Fehler einzugestehen ist den Bürokraten ein Gräuel. Sie werkeln unbehelligt weiter, ohne Lohnminus.i

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    • Profilfoto von tore
      tore, 04.04.2023, 15:52 Uhr

      Wieso soll die Herkunft der Kinder tabu sein? Wer erzählt Ihnen sowas?

      Und hier noch eine Statistik: Fünf Jahre nach Abschluss ihres Studiums an der PH Luzern sind 92% der diplomierten Personen im Lehrberuf tätig (Bundesamts für Statistik, 01. Juli 2022).

      Zudem – Personen, die in der Bildungsverwaltung arbeiten als «Bildungsschreibtäter» und «Bürokraten» zu diffamieren und ihre Arbeit als «werkeln» zu bezeichnen ist ziemlich erbärmlich und bringt uns keinen Schritt vorwärts – im Gegenteil.

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      • Profilfoto von tore
        tore, 04.04.2023, 16:13 Uhr

        Und noch dies:
        «Nur 10% der befragten Lehrpersonen arbeiten in einem Pensum unter 50 Stellenprozent.» (…) Die meistgenannten Gründe für Teilzeitarbeit sind der Wunsch nach mehr Zeit für persönliche Interessen (42%), die Betreuung von Kindern und familiäre Gründe (37%), die Aus- und Weiterbildung (35%) oder gesundheitliche Probleme bzw. das Vermeiden von zu hoher Arbeitsbelastung (18%). Diese Werte für Absolventinnen und Absolventen der PH Luzern sind vergleichbar mit den gesamtschweizerischen Werten von Pädagogischen Hochschulen.

        Hohe Verbleibquote vs. Mangel an Lehrpersonen

        Da stellt sich die Frage, wie es trotz derartigen Zahlen zu einem Mangel an Lehrpersonen kommen kann. Kathrin Krammer, Rektorin der PH Luzern, antwortet: ‹Aktuell ist die Zahl der Studierenden an Pädagogischen Hochschulen so hoch wie noch nie, auch an der PH Luzern. Zudem zeigen die vorliegenden Ergebnisse, dass die Absolventinnen und Absolventen grösstenteils im Lehrberuf bleiben. Die Pädagogischen Hochschulen tragen somit wesentlich dazu bei, dass der Lehrpersonenmangel nicht ausgeprägter ist.›

        Wesentliche Faktoren für die angespannte Situation an zahlreichen Schulen sind eine Zunahme des Bedarfs an Lehrpersonen (höhere Anzahl Schulklassen), die Anzahl Pensionierungen und der hohe Anteil Personen, die Teilzeit arbeiten. Reinhard Hölzl, Prorektor des Leistungsbereichs Ausbildung der PH Luzern, sagt: ‹Zur Behebung des erwähnten Mangels braucht es Massnahmen unter Einbezug aller involvierten Akteurinnen und Akteure. Wesentlich ist dabei, dass die hohe Qualität der Lehrpersonenausbildung gewährleistet bleibt, denn sie schafft die beste Voraussetzung, dass Lehrpersonen auch längerfristig ihren Beruf kompetent und engagiert ausüben können.'»
        Medienmitteilung der PH Luzern vom 01. Juli 2022

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  • Profilfoto von LD
    LD, 30.03.2023, 13:37 Uhr

    Das Wachstum der Privatschulen ist das Ergebnis der Massenmigration und des Integrativen Schulprogramms. Was dieses alles leisten soll, ist unglaublich anspruchsvoll (selbstorganisiertes Lernen) und allenfalls in Gruppen möglich, die sich kulturell nicht wesentlich unterscheiden. Sprachprobleme sind das eine, Bildungshintergrund, oft stark religiöse und patriarchalische Erziehungsmethoden das andere, die schlicht nicht kompatibel sind mit unserer Lebensweise.

    Und nun? Alle vernünftigen und solventen Eltern bringen ihre Kinder in Privatschulen. Wir erleben die durchgängige selbstzerstörerische Veramerikanisierung der Gesellschaft. Schulbehörden entwickeln keine Rezepte, wie dem Bildungsdesaster entgegengewirkt werden kann. Im Gegenteil: nicht funktionierende integrative Schulprogramme, Gendersprache, LGBTQ, Transhumanismus wird unterstützt. Die PH’s müssten wieder abgeschafft werden, die an vorderster Front diesen ganzen Irrsinn befördern.

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    • Profilfoto von Kommentarschreiber
      Kommentarschreiber, 30.03.2023, 16:03 Uhr

      Meint der Experte und poltert frisch drauflos……

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  • Profilfoto von H.B
    H.B, 30.03.2023, 08:40 Uhr

    Die sogenannte integrative Schulungsform, wie sie gegenwärtig praktiziert wird, überfordert Lehrpersonen wie Schüler gleichermassen. Die notwendigen Unterstützungsangebote/Pensen u.a. durch Schul. Heilpädagogen werden nur minimal (1 bis 5 Lektionen pro Woche) von den Behörden eingesetzt oder bewilligt und werden der Verschiedenheit innerhalb der Klasse nicht gerecht. Seit der Einführung des integrativen Schulsystems hat sich gezeigt, dass dieses zu teuer wird, wenn es funktionieren soll. Mindest. 10 Lektionen Unterstützung/Klasse wären da nötig. Hinzu kommt, dass infolge der hohen Migration die deutsche Sprachkompetenz bei allen Schülern abnimmt. Sprache ist eine wichtige Basis fürs Lernen. Dies sind nur ein paar Indizien, welches das heutige Schulsystem, die Schüler und die Lehrpersonen belasten.

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    • Profilfoto von tore
      tore, 04.04.2023, 15:57 Uhr

      Sprache ist eine wichtige Basis für’s Lernen – einverstanden. Aber wie kommen Sie darauf, zu behaupten, dass die Sprachkompetenz bei allen Schülern abnimmt?

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  • Profilfoto von Gruesse vom Einhorn Schlachthaus
    Gruesse vom Einhorn Schlachthaus, 30.03.2023, 07:26 Uhr

    Das gesamte Volksschulwesen wird in den nächsten ca. fünf bis zehn Jahren kollabieren, wenn nicht umgehend die tatsächlich existierenden Probleme sachlich und undogmatisch analysiert und entsprechende und tiefgreifende Reformen sofort ergriffen und umgesetzt werden. Die ökonomisch leistungsfähigen und sich verantwortlich fühlenden Eltern , haben unlängst damit begonnen, ihre Zöglinge in Privatschulen zu schicken und sie damit nicht mehr dem Volksschul-Wahnsinn auszusetzen und in Folge dessen ihre Bildungs-Chancen zu minimieren. Der Privatschul-Bereich ist ein Wachstumssektor sondergleichen mit einem Marktvolumen in Milliardenhöhe. Der Exodus hat längst begonnen…

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    • Profilfoto von Kommentarschreiber
      Kommentarschreiber, 30.03.2023, 13:55 Uhr

      @Grüsse vom Einhorn…
      ….mit Gepolter aus dem Schlachthaus. Haben Sie konkrete Zahlen für Ihre abenteuerlichen Behauptungen und Thesen? Oder zumindest konkrete Tipps, wie diese «tiefgreifenden Reformen sofort ergriffen und umgesetzt» werden könnten? Oder haben Sie wenigstens persönliche Erfahrungen mit «Zöglingen», die diesem «Volksschul-Wahnsinn» ausgesetzt waren/sind?

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    • Profilfoto von tore
      tore, 04.04.2023, 16:00 Uhr

      Meinen Sie mit «ökonomisch leistungsfähigen (…) Eltern» nicht reiche Eltern oder Eltern, die sehr gut verdienen? Das ehisst noch lange nicht, dass die auch ökonomisch leistungsfähig sind.

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