So steht's um die zeitliche Arbeitsbelastung

Lehrermangel in Luzern: Wird zu Unrecht gejammert?

Besonders junge Lehrpersonen kurz nach PH-Abschluss kehren dem Beruf den Rücken. (Bild: Adobe Stock)

Wie schwierig sind die Arbeitsbedingungen für Lehrpersonen in Luzern – und wie haben sie sich entwickelt? zentralplus hat den Kanton mit den neusten Zahlen konfrontiert.

Der Lehrermangel im Kanton Luzern ist so akut, dass das Bildungsdepartement bereits Pensionärinnen zur Rückkehr in den Beruf bewegen will (zentralplus berichtete). Die Gründe der Situation sind vielfältig. Immer wieder wird die hohe Arbeitsbelastung angeführt, die den Beruf unattraktiv mache.

Nun hat das Bundesamt für Statistik neue Zahlen dazu publiziert, wie viel in der Schweiz gearbeitet wird. Im Bereich «Erziehung und Unterricht» fällt Folgendes auf: Gesamtschweizerisch hat die wöchentliche Arbeitszeit von Vollzeit-Lehrkräften mit unbefristetem Vertrag in den letzten zehn Jahren von 43.3 auf heute 39.8 Stunden kontinuierlich abgenommen.

Zahl der Arbeitsstunden ist stabil – oder eher abnehmend

Wird da etwa auf hohem Niveau geklagt? Arbeiten Luzerner Lehrpersonen weniger als vor zehn Jahren? «Die zu leistenden Arbeitsstunden variieren von Jahr zu Jahr – je nach Lage der Feiertage», schreibt dazu die Dienststelle Volksschulbildung auf Anfrage von zentralplus.

Gemäss Berufsauftrag wurden vor zehn Jahren im Schnitt rund 1'900 Arbeitsstunden pro Jahr geleistet. Während der Sparmassnahmen waren es 1'942 Stunden – das entspricht einer Arbeitswoche mehr. Im aktuellen Jahr sind es 1'886 Arbeitsstunden. «Die Lehrpersonen arbeiten demnach nicht weniger als vor zehn Jahren», folgert die Dienststelle.

Bei den Ferien gibt es einen Altersbonus

Allerdings: Was die Ferien angeht, so sind die Luzerner Lehrerinnen heute besser dran. Vor zehn Jahren standen ihnen bis zum Alter von 50 Jahren vier Ferienwochen zu, heute sind es fünf. «Ab dem Alter 50 haben die Lehrpersonen sechs Wochen und ab Alter 60 sieben Wochen Ferien», ergänzt die Dienststelle für Volksschulbildung.

Allerdings wurden – da eine Woche mehr Ferien dazukam – auch 1 ½ Feiertage gestrichen. Bei den Lehrpersonen spricht man bei den zusätzlichen Ferienwochen ab 50 von Altersentlastung.

Gute Work-Life-Balance: Teilzeitarbeit ist die Regel

Insgesamt gibt es im Kanton Luzern an der Volksschule rund 6'000 Lehrpersonen. Was auffällt: Davon arbeiten nur gerade knapp 20 Prozent in einem Vollzeitpensum. Liegt das daran, dass ein hohes Pensum kaum zu bewältigen ist?  

«Der Trend geht klar in Richtung Teilzeitarbeit», bestätigt die Dienststelle. Die Tendenz der Teilzeitarbeit sei aber nicht nur im Bildungsbereich zu beobachten. «Sie zeichnet sich in der gesamten Gesellschaft und in fast allen Sparten ab. Das Modell Teilzeitarbeit ist gesellschaftlich breit anerkannt und akzeptiert.»

Die hohe Arbeitsbelastung nennt die Dienststelle nicht als möglichen Grund für die steigende Zahl von Teilzeitpensen. Die Frage, wie viele Lehrpersonen im Kanton Luzern 2021 wegen eines Burnouts krankgeschrieben waren, beantwortet der Kanton nicht. «Aufgrund des Persönlichkeitsschutzes», wie es heisst.

Die Löhne steigen Jahr für Jahr

Könnte es an den unattraktiven Löhnen liegen, dass der Lehrerberuf an Glanz eingebüsst hat? Wie sich die betreffenden Zahlen in den letzten zehn Jahren entwickelt haben, ist nicht ganz klar: «Es ist nicht möglich, hier exakte Zahlen zu nennen, die für die Lehrpersonen insgesamt Gültigkeit haben», heisst es von der Dienststelle. Dies, weil das Lohnsystem ein «sehr komplexes Gebilde» ist. Transparenz sieht anders aus.

Klar ist: Alle Volksschullehrpersonen sind seit 2012 mindestens eine Lohnklasse höher eingereiht worden (Kindergarten-Lehrpersonen sogar zwei Lohnklassen). «Es kann also generell gesagt werden, dass eine systematische Lohnentwicklung stattgefunden hat», so die Dienststelle. Jährlich gab es Lohnanpassungen zwischen 0,5 und 1,5 Prozent. Davon können viele in der Privatwirtschaft nur träumen.

Trotzdem: Die Aussteigerinnen-Quote ist hoch

Obwohl die zeitliche Arbeitsbelastung für Lehrpersonen in der Tendenz eher sinkt, steigen viele nach dem Abschluss der Pädagogischen Hochschule (PH) schon bald aus dem Beruf aus. «Die Gründe, warum die Lehrpersonen nach wenigen Jahren respektive kurz nach dem Abschluss an der PH aussteigen, sind vielschichtig», meint die Dienststelle.

«Nebst der zeitlichen Belastung gibt es auch individuell unterschiedliche und unterschiedlich empfundene Belastungen», schreibt dazu die Dienststelle für Volksschulbildung. Das können zum Beispiel schwierige Klassensituationen sein, aber auch familiäre oder berufliche Gründe. «Da wir heute auf dem Arbeitsmarkt eine grosse Flexibilität/Durchlässigkeit haben, sind solche Neu- und Umorientierungen alltäglich geworden.» Dies sei ein Phänomen, das gesamtgesellschaftlich auftrete.

Das mag sein. Das Problem des Lehrermangels in Luzern wird deswegen aber sicher nicht kleiner.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Hanspeter Lötscher
    Hanspeter Lötscher, 16.06.2022, 22:11 Uhr

    Das Lohnniveau ist im Vergleich zu anderen Kantonen schlichtweg miserabel.
    Auch sind „Überstunden“ einfach zu leisten – es wird ja keine Erhebung der Stunden gemacht, sondern werden im Verständnis des Teams und das man sich gegenseitig unterstützt, einfach geleistet.
    Wenn dann der Ausbildungsweg mit anderen Branchen verglichen wird, dann gut Nacht.
    Attraktivität hat sicherlich nicht nur mit dem Lohn zu tun, aber es sind einige Dinge zu tun um den Lehrermange wirklich anzugehen. In 5 Jahren wirds aufgrund der Geburtenrate ohnehin spannend genug….

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  • Profilfoto von David L
    David L, 16.06.2022, 20:01 Uhr

    Und wie wurde diese Statistik erhoben?
    Die Soll-Arbeitszeit gemäss Berufsauftrag hat ja mit der Ist-Arbeitszeit von Lehrpersonen die eine angemessene Unterrichtsqualität bieten wollen in der Regel eher wenig zu tun.

    Bei vorbereitungsintensiven Fächern auf Sek II Niveau zweifeln manche Schulleitungen sogar an, ob Berufseinsteiger in der Lage seien, ein 30% Pensum zu bewältigen. Man geht also offenbar ganz selbstverständlich davon aus, dass der Berufseinsteiger min. zwei Drittel seiner Arbeitszeit unbezahlt leistet.
    (An der PH wurde immerhin «nur» von 50% als dem Maximalpensum für Berufseinsteiger gesprochen.)

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    • Profilfoto von Karl-Heinz Rubin
      Karl-Heinz Rubin, 17.06.2022, 06:50 Uhr

      Es ist die eigene Überheblichkeit eines Lehrers, einzuschätzen wie lange es braucht den Unterricht vorzubereiten.
      Viele brauchen viel länger als sie zugeben würden.
      Evtl. liegt dies daran, dass viele Lehrer den Beruf stark unterschätzt haben.
      Dies wird auch an der PH so gelernt natürlich mit dem wirtschaftlichen Gedanken möglichstes viele Lehrer auszubildenden.
      Eine Statistik kann eigentlich nur erstellt werden durch fragen und Antworten…
      Die Frage ist: wie haben Lehrer geantwortet….Überbeblich…

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