Grosstierärztin Rhea Baggenstos

«Schon als kleines Mädchen wollte ich Tierärztin werden»

Die Freude am Beruf steht Rhea Baggenstos ins Gesicht geschrieben. (Bild: Caroline Mohnke)

Rhea Baggenstos ist Grosstierärztin aus Leidenschaft. Man spürt es, wenn man mit ihr durch den Stall läuft. Dabei sind ihre Arbeitstage lang – zehn Stunden und mehr am Tag sind keine Seltenheit. zentralplus hat sie begleitet.

Es ist Montagmorgen, Rhea Baggenstos startet ihren Subaru und lacht: «Meine Praxis auf Rädern.» Der Tag ist vollgepackt mit Terminen – und immer wieder klingelt das Mobiltelefon. Im ersten Stall in Weggis gilt es abzuwägen, was der kranken Kuh fehlt. Gestern sei sie noch auf der Weide herumgesprungen und stierig gewesen, erzählt der besorgte Bauer.

Dann gilt es, die richtigen Entscheidungen zu treffen. «Auch wenn die Tage lang und hektisch sind, ich fühlte mich schon als kleines Mädchen im Stall daheim und wollte Tierärztin werden», sagt die 42-jährige Grosstierärztin und legt mit viel Fingerspitzengefühl eine Infusion an der Kuh. Am meisten Kummer bereite ihr, wenn ein Tier sehr lange krank sei.

Die Familie und Sport als Ausgleich

Rhea Baggenstos macht einen geerdeten Eindruck. «Als Ausgleich zum strengen Arbeitsalltag gehe ich bis zu dreimal joggen in der Woche», sagt sie. Auch ihr fünfjähriger Sohn halte sie auf Trab und tobt gerne im Stall herum. Am liebsten barfuss. Sie lebt mit ihrem Partner, einem Bauer, und ihrem Sohn in Merlischachen.

Auf die Frage, was sie besonders möge an ihrem Beruf, antwortet sie ohne zu überlegen: «Geburten – es ist etwas vom Schönsten, einem neugeborenen Kälbchen auf die Welt geholfen zu haben.» Ausser zur Mittagszeit mache sie während eines Arbeitstages keine Pause.

Sie besucht Bauernhöfe in den Kantonen Schwyz, Luzern und Zug. Im Kanton Zug gibt es insgesamt 132 Tierärzte, die in unterschiedlichen Pensen tätig sind. Im Kanton Luzern sind es 196. Sie arbeiten in Tierarztpraxen, im Gesundheitsdienst, im Veterinärdienst und auch im Labor. 2015 gründete Baggenstos die Grosstierpraxis in Küssnacht am Rigi und 2017 die Tierarztpraxis Rigi Nord.

Fünf Jahre Studium in Bern

Doch zurück in die Gegenwart: Nach der Ankunft in Rotkreuz auf einem Hof mit vielen Kühen wird Rhea Baggenstos zuerst überschwänglich vom Hofhund begrüsst. Der Stallgeruch vermischt sich mit jenem der auf dem Herd köchelnden Kürbissuppe. Mit Stiefeln, Schürze, Plastikhandschuhen und einem Lächeln im Gesicht betritt sie den Stall und nimmt ihr Ultraschallgerät in die Hand. Es gilt zu schauen, welche Tiere trächtig sind – und wie weit die Schwangerschaft fortgeschritten ist. Eine Kuh nach der anderen wird untersucht. Die Bäuerin des Hofes schreibt alle Daten akribisch in ein Notizbüchlein.

«Geht es den Tieren gut, geht es auch mir gut», erzählt Baggenstos später auf der Weiterfahrt. Nach der Matura habe sie fünf Jahre Veterinärmedizin in Bern studiert. Nach dem Studium sei der Doktortitel dazu gekommen und anschliessend der Facharzttitel und weitere Diplome. «Im Leben hat man nie ausgelernt», lacht sie. Oft fehle jedoch die Wertschätzung. Das sei in der Humanmedizin anders.

Regelmässige Notfalldienste

Zum Arbeitsalltag gehören regelmässige Notfalldienste in der Nacht und an den Wochenenden. Denn ebenso nachts kämen Kälbchen zur Welt, die manchmal fachliche Hilfe benötigen bei der Geburt. Aber auch andere Notfälle. «Da wechselt sich aber unser Team ab.» Früher sei das anders gewesen. Bevor sie Angestellte gehabt habe, habe sie nur wenige Tage Ferien gemacht im Jahr.

Wieder klingelt das Telefon. Es ist eine Mitarbeiterin der Praxis. Rhea Baggenstos gibt Anweisungen, welche Medikamente wo bestellt werden müssen und wie viele. Sie freut sich immer auf die gemeinsamen Mittagspausen zu Hause mit ihrem Partner und ihrem Sohn. Ein kleiner Moment, um abzuschalten und Kraft zu tanken für die neuen Herausforderungen.

Hinweis: Zehn Bilder aus dieser Reportage sind an der grössten Schweizer Fotowerkschau in Zürich-Oerlikon vom 12. bis 16. Januar 2024 zu sehen.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch und Fotoreportage
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