Auf Wahlkampf-Tour mit dem SVP-Ständeratskandidaten

So will Franz Grüter die CVP-FDP-Bastion knacken

Auf Wahlkampf-Tour in Meierskappel: Franz Grüter (links) wird von Wirt und Parteikollege Ruedi Stöckli empfangen. (Bild: jwy)

Franz Grüter ist auch im Wahlkampf ganz der entspannte Unternehmer. Seine wirtschaftliche Erfahrung soll ihn nun in den Ständerat tragen – als ersten SVPler in Luzern. Doch wie will er seine politischen Positionen mehrheitsfähig machen?

Seine Partei ist im Gegenwind. Der faule Apfel kommt gegen die grüne Welle nicht an. Die SVP kann ihre Themen nicht wie gewohnt setzen. Schlechte Vorzeichen also für Franz Grüter, im Oktober den ersten Luzerner SVP-Ständeratssitz zu erobern.

Seine einzige Chance: Grüter stellt sich als erfolgreicher Unternehmer dar, der bis weit in die Mitte hinein wählbar ist. «Es werden Charaktere gewählt, die absolut mehrheitsfähig sind. Diese Wesenszüge bringe ich mit», sagt er.

Als Kopf eines erfolgreichen Internet-Unternehmens hat Grüter tatsächlich etwas vorzuweisen. «Von all den Kandidaten bin ich der einzige, der wirklich in den letzten 20 Jahren unternehmerisch unterwegs war, das ist ein valabler Rucksack.»

«Am Ende vom Tag stehe ich zum SVP-Programm.»

Franz Grüter, SVP-Ständeratskandidat

Neben eigenen Leuten – etwa Bundespräsident Ueli Maurer – werben auch Nicht-SVPler für Grüter: der Schenkoner CVP-Gemeindepräsident Patrick Ineichen, FDP-Nationalrat Marcel Dobler, Pilatus-Chef Oscar J. Schwenk, die Präsidentin der Luzerner FDP-Frauen Karin Ruckli oder der parteilose Regierungsrat Marcel Schwerzmann.

Das ist eher für die Betroffenen erklärungsbedürftig als für Grüter und ruft Kritiker auf den Plan. Grüter lacht süffisant: «Ich bin beeindruckt, dass es Persönlichkeiten gibt, die Rückgrat haben. Es ist eine starke Botschaft nach aussen, dass sie abseits von der Parteiparole ihre eigene Meinung haben.»

Liegen ihm Kompromisse?

Der gebürtige Ruswiler Grüter, der heute in Eich wohnt, wurde vor vier Jahren in den Nationalrat gewählt, fünf Jahre lang präsidierte er die Luzerner SVP. Sein breites Komitee kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er im Nationalrat stramm auf SVP-Linie politisiert.

Im Ständerat müsste er den ganzen Kanton Luzern vertreten und Kompromisse schmieden. Ein Widerspruch? Er habe in der Finanz- und Steuerpolitik bewiesen, dass er in der Budgetplanung gemeinsam Mehrheiten finden könne. «Aber klar: Ich verleugne nicht, wo ich herkomme und stehe am Ende vom Tag zum SVP-Programm.»

Das Werbe-Video von Ueli Maurer:

Car-Sessel statt Tesla

Wie gut er in seiner Partei verankert ist, sieht man an diesem Freitag-Nachmittag – Wahlkampf ist angesagt. Die SVP ist «on Tour» und besucht mit ihrem Bus alle 83 Luzerner Gemeinden. Grüter hat seinen schnittigen Tesla gegen einen Sitz im Car eingetauscht, nächster Halt Meierskappel. Eine Handvoll SVP-Nationalratskandidaten fährt mit.

Diese Tour zu den Leuten sei wichtig und schweisse die Partei zusammen: «Wie eine Fussballmannschaft, das gibt Kitt und man kann mal Sachen ausdiskutieren im guten Geiste.»

Haben Sie die Tour durch alle Gemeinden Roger Köppel abgeschaut? «Ich hätte es umgekehrt gesagt: Köppel hat uns kopiert, wir haben das schon vor vier Jahren gemacht», sagt Grüter. Oliver Imfeld, Ex-Manager von DJ Bobo, hatte die Idee zur Tournee.

Guetzli und Kaffee-Shot

In Meierskappel wird die Gruppe von SVP-Urgestein Ruedi Stöckli empfangen – ehemaliger Kantonsrat, Beizer und Präsident von Gastro Luzern. «Er ist eine Legende», sagt Grüter. Stolz erinnert Stöckli daran, dass die SVP hier in der Hochburg einst 50 Prozent Wählerstimmen holte.

In der hölzernen Sportbar neben seinem Landgasthof Strauss wird Cola Zero, Mineral und auch mal eine Flasche Bier aufgetischt. Jemand hat das Sünneli-Kostüm übergestreift. Hauptsächlich für die Fotos, denn Laufkundschaft gibt es heute keine. «Unsere Leute sind halt noch am arbeiten», sagt Grüter.

«Man spürt, es geht um den Machterhalt.»

Willi Knecht (Willisauer Ringli in Säuli-Form) und Vroni Thalmann-Bieri (Kaffee-Luz-Shot zum aufgiessen) verteilen ihre Wahlkampf-Goodies. «Ich zähl auf dich», wirbt Grüter bei einem Anwesenden. «Wir brauchen Leute wie Sie, die jeden Tag chrampfen», sagt er zur Angestellten. Grüter wirkt entspannt, obwohl er bis zur Wahl kaum freie Abende hat. «Ich habe den Kopf noch über Wasser», scherzt er.

«Ich zähl auf dich»: SVP-Ständeratskandidat Franz Grüter wirbt für sein Komitee. (Bild: jwy)

Dann die Würmli-Diskussion

Das Würmli-Sujet mit dem faulen Apfel ist auch hier das Thema. Stöckli findet, daran gäbe es nichts auszusetzen. «Mit dem braunen Sumpf haben wir nichts zu tun, die schiessen einfach alle wieder gegen uns.» Er glaubt indes, dass die SVP wegen des «Klima-Hypes» wird Federn lassen müssen.

Der 56-jährige Franz Grüter sieht das etwas anders, er hat sich als einer der Ersten vom Sujet distanziert, fand die Bildsprache «nicht optimal». Die Botschaft dahinter findet aber auch er «einen Volltreffer». Das EU-Rahmenabkommen gefährde die Unabhängigkeit der Schweiz und die Abstimmung über die Kohäsionsmilliarde habe man bewusst auf nach den Wahlen verschoben.

Mit allen Mitteln in den Ständerat

«Wir müssen Franz mit allen Mitteln in den Ständerat bringen», sagt Kantonalpräsidentin Angela Lüthold. Hier hegt keiner Zweifel daran, dass es klappt. Auch Grüter glaubt, dass er die Luzerner CVP/FDP-Bastion im Ständerat knacken kann. Er spricht über diese Herausforderung mit der Nüchternheit einer unternehmerischen Zielsetzung.

«Es ist eine Kopfwahl. Ich bin im Kanton Luzern breit bekannt, akzeptiert und weit über die Parteigrenzen hinaus respektiert. Chancenlos bin ich nicht, ich fahre eine ernsthafte Kampagne.» Eine Prognose wagt er nicht, auf einen zweiten Wahlgang läuft es hinaus.

Wieso ist er «besser för Lozärn», wie sein Slogan wirbt? «Die bisherigen Parteien, die den Sitz seit 171 Jahren halten, haben das Gefühl, das sei in Granit gemeisselt. Man spürt, es geht um den Machterhalt», sagt Grüter.

Franz Grüter beantwortet eine Frage im Video:

Wie viel Geld investiert Grüter?

Am Geld soll seine Kampagne nicht scheitern, Grüter ist mehrfacher Millionär. Die Zahl von einer halben Million wird genannt, die Grüter investiert haben soll. Er widerspricht energisch: «Da geistern absurde Zahlen umher, die Ausgaben bewegen sich im oberen fünfstelligen Bereich.» Er schalte absolute Discount-Inserate – garantiert: «Meine Kampagne ist nicht teurer als die meiner hauptsächlichen Konkurrenten.»

Neben Ueli Maurer spannt Grüter auch Bundesrat Guy Parmelin in den Wahlkampf ein – auch wenn er das nicht so sagen würde. Im September eröffnet in Lupfig, Aargau ein 70 Millionen Franken teures Hochsicherheits-Rechenzentrum. Reiner Zufall, sagt Grüter, das Datum stehe schon lange fest. «Es gibt in Wahlkämpfen immer böse Zunge, die behaupten, dass ich das Timing bewusst so gewählt habe.»

Hässig wird er nie

Selbst angesichts böser Zungen und bissiger Würmer bleibt Grüter gelassen. Was macht ihn hässig? «Mit meinem Führungsstil hatte ich bisher Erfolg. Ich sehe keine Veranlassung, nur weil ich im Wahlkampf bin, plötzlich den Aggressiven rauszuhängen.»

Politik, Unternehmen, Familie: Franz Grüter mag stabile Verhältnisse, mag’s authentisch und ausgeglichen. «Ich bin seit bald 30 Jahren verheiratet, drei wohlgeratene Kinder, es hält alles noch. Wenn man so in der Öffentlichkeit steht, wird man genau beobachtet.»

Grüter verdient mit der Digitalisierung sein Geld, auch sein Wahlkampf ist auf den digitalen Kanälen aktiv. Er ist hier berufsbedingt ganz der Optimist und sieht vor allem Chancen: Verkehr, Smart Cities, Energie. «Wir können mit der Digitalisierung extrem viel erreichen. Aber es wird Verlierer geben, gerade ältere Arbeitnehmer über 50. Zu denen muss man schauen, dort engagiere ich mich auch.»

Auch das Sünneli fehlt nicht: Franz Grüter mit SVP-Kantonalpräsidentin Angela Lüthold. (Bild: jwy)

Das gigantische Problem seiner Branche

Von verordneten Frauenquoten in Unternehmen und Parlamenten oder einem mehrwöchigen staatlichen Vaterschaftsurlaub will der Unternehmer nichts wissen. Werdende Väter müssen in seinem Unternehmen Ferien beziehen, wenn sie eine Auszeit wollen. «So wie ich das bei meinen drei Kindern auch gehandhabt habe», sagt Grüter.

«Ich wurde schon als grünster SVP-Politiker betitelt.»

Aber er gibt zu, dass die Informatik-Branche unter einem «gigantischen Problem» leide: «Wir haben einen extremen Frauenmangel.» Weniger aus ideologischen Gründen, sondern weil man die Ressourcen brauche, setzt er sich hier für Frauenförderung und bietet flexible Teilzeit-Arbeitsmodelle.

«Bei Green.ch beschäftigen wir rund drei Viertel Männer. In anderen Ländern ist es umgekehrt, ich hoffe schon, dass wir da echt etwas erreichen», sagt Grüter. Doch es mangelt an Vorbildern: «Wahrscheinlich haben sie Angst, es gäbe nur Nerds», sagt Grüter.

Was er für die Umwelt tut

Grüter ist gern mit Wanderschuhen und Mountain-Bike in der Natur – dass in seiner Politik der Klimaschutz keine zentrale Rolle spielt, ist für ihn kein Widerspruch. Er sieht sich als Beispiel eines Unternehmers mit Umweltbewusstsein. «Ich wurde schon als grünster SVP-Politiker betitelt», sagt er. «Ich glaube alle in unserer Partei, ob Bauern oder Gewerbler, wollen Sorge zur Umwelt tragen.»

Er habe in der Firma und zu Hause viel in Energie-Effizienz investiert. «Wir sind fast Energie-Selbstversorger, alles mit Solar-Panels, ich fahre auf der Strasse elektrisch. Wir versuchen alle unseren Beitrag zu leisten, aber wir sind dagegen, dass wir nur noch Verbote haben und sich alles verteuern.» Mit Hysterie und Weltuntergangsstimmung sei keine erfolgreiche Energiepolitik möglich, meint Grüter.

SVPler unter sich: Ruedi Stöckli, Angela Lüthold und Franz Grüter (rechts). (Bild: jwy)
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4 Kommentare
  • Profilfoto von Kurt Heller
    Kurt Heller, 16.09.2019, 14:06 Uhr

    Wie man eine Werbekampagne mit den schon jetzt zahlreichen Inseraten und Plakaten mit lediglich einem hohen fünfstelligen Betrag finanzieren kann, ist absolut ein Rätsel und kaum realistisch. Das geht wohl nur, wenn die Inserate und Plakate zu einem schönen Teil von anderer Seite finanziert werden (z.B KMU-Vereine etc.).
    Franz Grüter könnte doch seinen genauen finanziellen Aufwand öffentlich machen, wie es auch viele andere Kandidaten in den Medien bereits ehrlich getan haben. Aber er wird wohl gleich argumentieren wie sein Kollege Matter von der SVP: Finanzen sind Privatsache.
    Bis dann sind erhebliche Zweifel angebracht.

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    • Profilfoto von Rolf Hediger
      Rolf Hediger, 17.09.2019, 23:37 Uhr

      Aber, aber… Das würde ja bedeuten, dass wenigstens mit etwas faireren und ausgeglicheren Mitteln geklämpt würde und dass das viel zitierte und ach so gelobte «Volch» mehr Einsicht und somit Entscheidungsfreiheit hätte. Das wäre doch nur kontraproduktiv für die SVP, das wusste auch einer der reichsten Menschen der Welt, der C. Blocher haargenau…
      Nein, lieber vordergründig immer ganz laut von Volch und Demokratie schwafeln, aber mit sehr viel Kapital das ganze zu seinen eigenen und den finanzstarken Kreisen Gunsten wuchten.
      Kein Wunder hat die SVP soviel zu verheimlichen und ist gegen Offenheit und Transparenz und für Schwarzgelder und Korruption (gibt genügend Beispiele).

      Vielleicht hat der Koks-Luzi noch etwas aus seinem Schwarzgeldköfferli beigesteuert, wer weiss ; -).

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  • Profilfoto von Markus Schwarz
    Markus Schwarz, 14.09.2019, 04:13 Uhr

    Ein wahrer Sympathiebolzen… Stramm auf SVP Linie (ja, die SVP welche von der renommierten New York Times als noch weiter rechtsaussen eingestuft wird, als die rechtsradikale AFD) und nennt sich «bis weit in die Mitte wählbar»… Ha!
    Dass er die Botschaft hinter dem unsäglichen Wurm-Plakat, welches alle, welche nicht SVP treu sind, als Maden und Würmer dehumanisiert, sehr gut findet, spricht Bände!
    Zudem ein weiterer Millonär in der Millionärspartei, welche sich als «Volkspartei» ausgibt, jedoch ständig im Sinne der Wohlhabenden und Konzerne politisiert.
    Dass er Unternehmer sei, mache ihn so wählbar. Warum nur? Weil man Geld verdienen kann, ist man also automatisch ein guter Politiker und Volksvertreter? Eher das Gegenteil ist der Fall. Politik kostet viel, viel Zeit um sich in die Dossiers einzuarbeiten und genügend Wissen und Bildung über die verschiedenen Bereiche zu erlangen. Aber am SVP Kollegen Köppel sieht man ja, dass man das sehr locker sieht. Ist der doch auch fast nie im Parlament anwesend um seinen Wählerauftrag zu erfüllen.
    Angesichts der totalen Handlungslosigkeit bezüglich dem Klimawandel, welcher seit über 60 Jahren auf dem Parkett ist, von «nur noch Verbote gehen nicht» und «Hysterie» (entlarvender Kampfbegriff btw) zu sprechen, ist schlichtweg ein absoluter Hohn.
    Dass er aber angeblich E-Auto fährt, ist eine positive Überraschung. Ob sein guter Kumpane, Chef und Parteikollege, der oberste Öllobbyist (nochmals, Volkspartei) der Schweiz, Albert Rösti, das goutiert?

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  • Profilfoto von Libero
    Libero, 12.09.2019, 15:01 Uhr

    Millionär Franz Grüter‘s Leistungsausweis ist asozial. Er ist Mitinitiant der Initiative zu Kürzung der Pensionskassen-Renten. Er hat auch für die Kürzung der AHV-Kinderrenten gestimmt. Er ist mit der SVP einer der Konsumenten-Feindlichsten Nationalräte.

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