Die «Rolling Stones der Sahara» rocken den Luzerner Sonnenberg
Die ersten rund zehn Acts am B-Sides 2020 sind bekannt. Darunter der Headliner am Eröffnungsabend: Tinariwen. Die Musiker aus Westafrika fusionieren traditionelle Klänge der Tuareg mit elektrischen Gitarren. Wir haben schon mal reingehört, um einen Vorgeschmack auf das Wochenende vom 18. bis 20. Juni zu erhalten.
Die Heimat der Tuareg liegt irgendwo zwischen Burkina Faso, Mali, Algerien, Libyen und Niger. Das Wüstenvolk vom Stamm der Berber lebt ohne eigenen Staat. Eigene Musik hingegen pflegen die Tuareg, deren Zahl zwischen 1,5 und 3 Millionen geschätzt wird, schon lange.
Tuareg-Musik hat in den vergangenen Jahren ihre Nische in der World Music gefunden. Dass es diese traditionellen Klänge heute zu einiger Bekanntheit gebracht haben, das ist vor allem der Band Tinariwen zu verdanken. Und genau die ist nun am 18. Juni gar am Sonnenberg zu hören.
Der Bandname bedeutet so viel wie «leere Plätze» oder «Wüsten». Dabei gelten die acht aus Nordmali stammenden Musiker, die in ihrer eigenen Sprache Tamascheq singen, sogar unter ihresgleichen als Exoten. Mit ihrem Mix aus traditionellen westafrikanischen Klängen und elektrischen Gitarren waren sie lange eine Rarität – und haben sich so einen Ruf als Rebellen eingehandelt.
Seit den 1980er Jahren waren Tinariwen in wechselnder Besetzung als Stimme der diskriminierten und verfolgten Tuareg aufgefallen. Seit 2001 treten sie auch international auf. Der Einfluss des amerikanischen Bluesrock auf die Band hat sich seither noch vergrössert.
Rebellen, die Tee statt Whiskey trinken
Im Laufe der Jahre sind dem Vorbild von Tinariwen auch einige jüngere Bands gefolgt. Diese Pionierrolle hat ihnen den Übernamen «Rolling Stones der Sahara» eingehandelt.
Nun, der Vergleich mit den Hippie-Bad-Boys aus der Grossstadtwüste Londons bezieht sich wohl vor allem auf ihre Rolle in der Musik: In ihren Videos trinken Tinariwen viel Tee, besingen – so weit lässt die englische Übersetzung schliessen – die Liebe zur Wüste und das Leben darin, setzen aber auch politische Statements für die Rechte der Tuareg. Betrachtet man ihre öffentlichen Auftritte, passt die Band also nicht in die «Sex, Drugs and Rock'n'Roll»-Ecke.
Auf Kamelen wie im Video werden Tinariwen kaum auf den Sonnenberg antraben. Für Freunde gepflegter World Music sind sie jedoch ein würdiger Headliner für den Startabend.
Lisa Morgenstern – vom Lilu auf den Sonnenberg
Als zweiten Hauptact kündigen die B-Sides-Macher für den Freitagabend Lisa Morgenstern an. Die deutsch-bulgarische Pianistin war vergangene Woche noch zu Gast am Lichtfestival Luzern in der Hofkirche. Für das B-Sides hat sie eine exklusive Show zusammengestellt, die sie im Rahmen einer Südpol-Residenz gemeinsam mit der Luzerner Künstlerin Joan Seiler entwickeln wird. Ausgangspunkt ist das aktuelle Album Morgensterns mit dem Titel «Chameleon».
Insgesamt über 35 Acts werden sich am B-Sides 2020 auf den Bühnen die Ehre geben. Dabei sind noch lange nicht alle Slots besetzt. Die weiteren seit Dienstag bekannten Künstler vervollständigen aber einen ersten Eindruck, wie vielseitig das sehnlich erwartete Juni-Wochenende klingen wird.
Die Einheimischen: Blind Butcher und Blind Boy de Vita
Zunächst wären da die Lokalhelden: Ein Heimspiel werden etwa die frischgebackenen Kick-Ass-Preisträger von Blind Butcher haben. Mit «Piss me a rainbow» haben sie ein Album am Start, bei dem Freunde eingängiger Gitarrenriffs sicher nicht zu kurz kommen werden.
Mit Gitarrensound weiss auch Blind Boy de Vita etwas anzufangen. Beim italo-luzernischen Singer-Songwriter, der bürgerlich auf den Namen Glauco Cataldo hört, kommen die Klänge allerdings deutlich folkiger daher als bei den blinden Metzgern, die sich mit ihrem «Wave-Punk-Krautrock» nirgendwo richtig einordnen lassen wollen.
Australischer Art-Punk und Slam-Poeten
Die weiteren Bands, die fix auftreten werden, heissen Verveine, Kush K, Coilguns, Omni Selassi und Tropical Fuck Storm. Letztere sind auch deshalb eine Erwähnung wert, weil das Quartett um die halbe Welt gereist ist, um sich die Stadt Luzern auch mal von oben ansehen zu dürfen. Die Melbourner versprechen frischen, poppigen Punk, der sich selbst nicht zu ernst nimmt.
Schliesslich sind da noch Laurin Buser und Fatima Moumouni. Die beiden Slam-Poeten, die sich mit dem Schweizermeister-Titel in der Kategorie «Team» zieren, schlagen am Samstag eine Brücke zwischen dem Familien- und dem Abendprogramm.
Der Vorverkauf läuft bereits: Ein 1-Tages-Pass kostet 55 Franken, zwei Tage sind für 90 Franken zu haben und das volle 3-Tage-Programm schlägt mit 130 Franken zu Buche. Das vollständige Line-up soll bis Anfang März bekannt sein. Die bereits bekannten Künstler sind auf der Webseite aufgeschaltet.
Hinweis: zentralplus ist Medienpartner des B-Sides.