Löst Corona den Luzerner Airbnb-Streit?

Die Airbnb-Flaute freut Stadtmenschen auf Wohnungssuche

Vormalige Airbnb-Wohnungen in der Stadt Luzern werden wieder Langzeit-vermietet. (Bild: Emanuel Ammon/Aura)

Die Debatte über die Vermietung von touristischen Appartements, die das Wohnungsangebot für Einheimische verknappen, war vor einem Jahr noch in vollem Gange. Seit Ausbruch der Corona-Krise bleiben die Airbnb-Wohnungen oft leer. Ein grosser Anbieter in der Stadt Luzern hat bereits reagiert.

Während des Lockdowns zeichnete sich ab, dass die Situation für Airbnb-Anbieter ungemütlich werden könnte. Nur wusste damals niemand, wie lange das Virus grassiert und bis wann die Reisebeschränkungen gelten.

Nun, mitten in der zweiten Welle der Pandemie, bewahrheiten sich die Prognosen: Der Tourismus liegt lahm und auch der Business-Verkehr ist stark eingeschränkt. Die Städte sind besonders betroffen.

Das spiegelt sich auch in den Airbnb-Angeboten wider: Eine Analyse der Raiffeisen zeigt, dass in den städtischen Kantonen Zürich, Genf, Basel fast 20 Prozent aller Angebote innert Jahresfrist verschwunden sind. Deren Anbieter dürften das Airbnb-Geschäft aufgegeben haben, wird vermutet.

So sollen in Zürich über 500, in Genf über 400 und in Basel über 250 ehemalige Airbnb-Wohnungen dem Langzeit-Mietwohnungsmarkt zugeführt worden sein. Sprich: Die Wohnungen stehen nun wieder zur regulären Miete offen.

Neun Prozent weniger Angebote in Luzern

Auch in Luzern zeichnet sich diese Tendenz ab. Über den ganzen Kanton gerechnet sind im September 9 Prozent weniger Angebote auf der Airbnb-Seite geschaltet. Rund 900 Wohnungen werden insgesamt angeboten, wie das Walliser Tourismus Observatorium erhoben hat. Der Rückgang dürfte die Stadt Luzern aber um einiges mehr treffen als die ländlichen Gebieten des Kantons.

«Wir kämpfen weiter und bleiben kreativ – immerhin können wir, falls es am Ende nicht reichen wird, sagen, wir hätten unverschuldet gegen einen übermächtigen Gegner verloren.»

Dominic Hess, Airbnb-Anbieter

Und tatsächlich: So sind beispielsweise drei Wohnungen an der Waldstätterstrasse nun zur regulären Miete ausgeschrieben. Diese Wohnungen wurden bisher von Hitrental, der grössten professionellen Anbieterin von Airbnb-Appartements in Luzern, betrieben, die bis zu 100 Wohnungen zur Kurzzeitmiete feilbietet. Die Firma stand auch im Fokus einer möglichen Anti-Airbnb-Initiative (zentraplus berichtete).

Gar die FCL-Transfers fehlen den Anbietern

Dominic Hess von Hitrental bestätigt: «Wir haben den Mietvertrag mit der Eigentümerschaft im gegenseitigen Einverständnis aufgelöst.» Dass sich die Vermieter in dieser schweren Zeit so flexibel gezeigt haben, «war für uns eine grosse Hilfe in dieser schweren Zeit». Er schliesst nicht aus, dass noch weitere Wohnungen in den kommenden Monaten von der Airbnb-Plattform hin zum regulären Wohnungsmarkt wandern.

Die Airbnb-Nachfrage sei nach dem Sturzflug im Lockdown und einer leichten Erholung im Sommer in diesem Herbst wieder rund 60 Prozent zurückgegangen im Vergleich zum Vorjahr. «Dabei fehlen uns nicht nur die Touristen», ergänzt Hess. «Auch Langzeit-Aufenthalter wie Expats oder beispielsweise Künstler aus dem KKL sind ausgeblieben. Gar die grossen Transfers vom FCL vermissen wir.»

«Die Coronakrise geht vorbei. Die Leute werden danach umso mehr reisen und Ferien machen.»

Cyrill Studer Korevaar, Geschäftsleiter des Mieterinnen- und Mieterverband Luzern

Weiterhin von Airbnb-Angeboten – etwa im Hotel Schiff oder auf der Allmend – Gebrauch machen würden solche, die eine Wohnung als Büro benutzen, aber auch Personen in schwierigen Beziehungssituationen. Wichtigster Markt seien aber weiterhin «Expats, Tessiner oder Romands, die eine neue Stelle in der Region Luzern und Zug antreten». Diese seien meistens für zwei bis 24 Monate im Land. Selbstredend habe aber auch bei dieser Gruppe in den vergangenen Monaten die Frequenz abgenommen.

Hitrental hat von Covid-Krediten und Kurzarbeit Gebrauch gemacht, um den Betrieb mit seinen 30 Mitarbeitern aufrecht zu erhalten. Die Lage bleibt aber angespannt: «Wir kämpfen weiter und bleiben kreativ – immerhin können wir, falls es am Ende nicht reichen wird, sagen, wir hätten unverschuldet gegen einen übermächtigen Gegner verloren.»

Zusätzliche Entspannung auf dem Wohnungsmarkt

Die Kehrseite der Medaille, die professionellen Airbnb-Anbietern existenzielle Sorgen bereitet: Wenn wieder mehr Wohnungen auf den regulären Wohnungsmarkt zurückgeführt werden, entspannt sich dort die Situation.

Das sollte alle freuen, die sich politisch für eine stärkere Regulierung des Airbnb-Angebots in der Stadt Luzern einsetzen. SP-Präsident David Roth zum Beispiel. Oder Cyrill Studer Korevaar, Geschäftsleiter des Mieterinnen- und Mieterverbands Luzern. Er nimmt die aktuelle Situation zur Kenntnis: «Es war absehbar, dass es zu dieser Rückverschiebung in den regulären Mietwohnungsmarkt kommt.»

Eine dauerhafte Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sieht er aber nicht. «Die Coronakrise geht vorbei. Die Leute werden danach umso mehr reisen und Ferien machen.» Es zeige sich, dass Airbnb ein lukratives Geschäft ist, und dieses werde sich als ertragreiches Geschäftsmodell auch erhalten.

Studer Korevaar ist deshalb der Meinung, dass man die «Verschnaufpause» nun nutzen sollte, um vorzusorgen: «Das Problem kommt wieder. Es sollten jetzt die Spielregeln dafür geschaffen werden für die Zeit, wenn der Ansturm wieder losgeht.» Er rechnet damit, dass dies spätestens im Jahr 2022 der Fall sei. «Bis dann müssen die betroffenen Gemeinden, die Stadt und der Kanton bereit sein.»

Airbnb nicht zu früh abschreiben

Dass man Airbnb nicht einfach abschreiben sollte, das zeigt sich auch, wenn man auf die aktuellen Entwicklungen der Firma schaut. Trotz dem aktuellen Einbruch des Geschäfts geht die Firma wohl in Kürze wie geplant an die Börse.

Zwar habe es Airbnb nach den weltweiten Lockdowns fast erwischt, wie die «NZZ» in der Ausgabe vom Freitag schreibt. Es mussten weltweit 1900 von insgesamt 7500 Mitarbeitern entlassen werden. Allein das Marketingbudget wurde um rund 1 Milliarde Franken gekürzt. Doch das Geschäft erhole sich schneller als dasjenige vieler Hotelketten.

Der Vorteil: Bei Bedarf können zusätzliche Kapazitäten schnell wieder durch Zumieten von Objekten geschaffen werden – oder abgestossen, wenn weniger Nachfrage besteht, wie während der Krise. Die Anbieter bleiben also nicht auf den Wohnungen «sitzen».

Allerdings steigt der Bedarf an Betten derzeit vor allem in den touristischen Bergregionen. Während das für Airbnb eine gute Nachricht sein mag, ist noch lange nicht sicher, dass auch die städtischen Anbieter überleben.

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