Stimmen zum Zuger Hochhausreglement

«Zug ist gebaut»

Planen die Zukunft: V.l. Stadtplaner Harry Klein, der Zuger Stadtrat und Bauvorstand André Wicki und der neue Stadtarchitekt Christian Schnieper. (Bild: mbe.)

Nach den beiden ersten Zuger «Wolkenkratzern», die nicht nur überall auf Begeisterung stossen, will man es besser machen. Zumindest auf Behördenseite. Das Hochhausreglement der Stadt Zug enthält zwar neue Vorschriften, gibt Investoren aber auch Planungssicherheit. Und es erhält Lob von Architekten. «Wo man wenig Platz hat, studiert man halt ein wenig mehr», sagt SIA-Präsident Stefan Cadosch.

Die Stadt Zug schafft klare Regeln für die extremste Form des verdichteten Bauens. Hochhäuser dürfen in Zug allerdings auch in Zukunft nicht höher werden als 80 Meter, von Wolkenkratzern ist man also weit entfernt (zentral+ berichtete).

Klein und fein, wie Zug eben, und architektonisch schön sollen sie sein. Auf die städtebauliche Wirkung will die Stadt künftig stärkeren Einfluss nehmen (siehe Kasten unten).

Der Stadtzuger Bauchef André Wicki lud am Freitag zu einer Orientierung ein, an welcher neben den Medienvertretern viele Mitglieder des Grossen Gemeinderats teilnahmen. Dass Handlungsbedarf bestand, wurde an der Orientierung mehrfach unterstrichen. «Zug ist gebaut!», sagt Stadtrat Wicki. Einzonungen seien nicht mehr möglich in den nächsten 20 Jahren. Und die Stadtzuger wünschten keine weitere Zersiedelung.

Wicki: «Das hat die Bevölkerung zum Ausdruck gebracht, als sie dem eidgenössischen Raumplanungsgesetz 2013 mit 74,6 Prozent Ja zustimmte.» Der Kanton habe im selben Jahr beschlossen, keine weiteren Baugebiete auszuscheiden. «Das war für uns der Startschuss, etwas zu unternehmen und einen Nagel einzuschlagen», sagt der Bauvorstand enthusiastisch.

«Wir sind nicht in Basel, wo die Häuser bis zu 150 Meter in den Himmel schnellen.»

André Wicki, Bauvorstand Stadt Zug

Für den Zuger Bauvorstand ist das neue Hochhausreglement, das im Entwurf nun vorliegt, ein Beitrag zur städtebaulichen Qualität. «Schauen Sie, wir sind nicht in Basel, wo die Häuser bis zu 150 Meter in den Himmel schnellen», sagt Wicki.

Die Stadt Zug habe seit 2010 ein Hochhausleitbild, das behördenverbindlich sei. «Das Reglement, das wir jetzt präsentieren, ist hingegen grundeigentümerverbindlich», sagt Wicki. Es zeige auf, wo und wie man weitere Hochhäuser bauen könne. «Wir rechnen auf maximal fünf Prozent des Gemeindelandes mit einer weiteren baulichen Verdichtung», sagt der Stadtrat.

Hochhäuser sind übrigens nicht zwangsläufig riesig. Hochhäuser nannte man in Zug bis anhin alle Häuser, die höher waren als 25 Meter. Neu hat man diese Höhe auf 30 Meter hinaufgeschraubt. Laut André Wicki gibt es momentan kein Baugesuch für ein Hochhaus. Der Bauvorstand rechnet jedoch damit, dass im Siemens-Areal in den nächsten Jahren Projekte kommen.

Hervorragende Architektur erwünscht

Die Orientierung des Stadtzuger Baudepartements war im Übrigen keine Nabelschau. Mit Stefan Cadosch, Präsident des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA), gab es auch eine Sicht von aussen. Cadosch lobte den Entwurf des Hochhausreglementes als «wertvoll und gelungen». Und er strich den Zugern ein wenig Honig um den Mund. «Nicht umsonst wird die Stadt Zug schweizweit oft als Vorbild herangezogen», so Cadosch.

«Die Stadt Zug wird oft als Vorbild herangezogen.»

Stefan Cadosch, Architekt ETH/SIA

Der Architekt ETH/SIA sagte aber auch, dass die weitere bauliche Verdichtung in der Schweiz seiner Meinung nach «überhaupt kein Problem ist». Die Ängste vor «Dichtestress» seien teilweise geschürt. Dichtestress habe man im Mittelalter gehabt. Oder in Hongkong – Cadosch zeigte das Beispiel einer monströsen Überbauung im Hongkonger Stadtteil Kawloon, wo eine Million Menschen lebten. Die Siedlung wurde inzwischen wieder abgebrochen.

Verdichtet bauen bedeute auch nicht automatisch immer Hochhäuser, es gebe sehr gelungene Beispiele von verdichtetem Bauen in schweizerischen Städten. Cadosch plädierte für eine «hervorragende Architektur, die menschlich verträglich ist».

Die Verdichtung sei aber laut Cadosch nötig, wenn man das Bevölkerungswachstum und die Mietzinsentwicklung in Zug betrachtet. Die Preise für Mietwohnungen in der Stadt Zug seien von 2000 bis 2015 um 55 Prozent gestiegen. Die Zuger Bevölkerung wird laut Prognosen bis 2035 auf 40’700 Einwohner wachsen (ein Plus von 45 Prozent). Dennoch seien Zug und andere Schweizer Städte von einer grossen baulichen Verdichtung noch weit entfernt.

«Hochhäuser wie dasjenige des Schweizerischen Obstverbands fallen gar nicht auf.»
Christian Schnieper, Zuger Stadtarchitekt

Stadtarchitekt: Hochhäuser teuer und aufwendig

«Bis ein Hochhaus steht, ist es ein langer Prozess. Ein solches Gebäude muss auch finanziert werden können», sagt der neue Zuger Stadtarchitekt Christian Schnieper. Die Zuger müssten deshalb keine Angst haben, dass entlang der Baarerstrasse bald 20 bis 30 Hochhäuser in den Himmel ragten. Doch man stelle mit dem Reglement die Weichen für eine sinnvolle Stadtentwicklung. Mit dem Reglement wisse ein Investor, was alles auf ihn zukommt.

Weil die Hochhäuser Uptown und Parktower heute allein stehen, wirkten sie wahnsinnig mächtig und gross. «Wenn es mehrere solche Hochhäuser gibt, werden die Gebäude in einen Kontext gesetzt.» Schnieper rechnet mit kleineren Hochhäusern entlang der Baarerstrasse. Als Beispiele nennt er das Hochhaus des Schweizerischen Obstverbandes an der Baarerstrasse. «Solche Häuser fallen gar nicht so auf», sagt der Stadtarchitekt.

Städtebauliche Anforderungen, Anbindung an öV und Umweltauflagen

Im Reglementsentwurf werden städtebauliche Anforderungen festgelegt. Das Haus muss «eine eigene Qualität entwickeln», die sich nicht nur aus ihrer Höhe definiert. Bei reinen Wohnüberbauungen sind im Sockelbereich gemeinschaftliche Anlagen zu schaffen. Bei Hochhäusern im Zentrumslagen ist im gesamten Erdgeschoss eine publikumsorientierte Nutzung vorzusehen.

Wichtig ist die Verkehrsanbindung. Da geht Zug neue Wege: Danach muss die funktionale und räumliche Anbindung des Hochhauses sich am Netz des öffentlichen Verkehrs orientieren. Der Stadtrat «kann» ferner die Ausarbeitung eines Mobilitätsmanagements vom Gesuchsteller verlangen.

Umweltauflagen

Unter Umwelt steht im Reglement, dass der Stadtrat die Ausarbeitung von umfassenden Konzepten in den Bereichen Energie, Ökologie und Umwelt sowie die Vernetzung mit Grün- respektive Naherholungsraum verlangen kann.

Verzichtet hat man auf Vorschriften zum Schattenwurf eines Hochhauses. Denn dieser führt immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten. «Innerhalb der Hochhauszonen sind nachbarrechtliche Beeinträchtigungen durch Schattenwurf nicht beachtlich», heisst es deshalb im Reglementsentwurf.

Hochhäuser bedingen einen Bebauungsplan. Dieser wird nach einem städtebaulichen Konkurrenzverfahren erarbeitet. Dieses Konkurrenzverfahren führen die Grundeigentümer zusammen mit dem Stadtzuger Baudepartement durch.

Vier Zonen definiert

Das Hochhausreglement definiert vier Zonen in Zug (zentral+ berichtete). Im Zentrumsbereich, in den Gebieten rund um die Baarerstrasse sowie im östlichen Siemens-Areal können Bauten von maximal 60 Metern mit Ergänzungen bis maximal 80 Meter erstellt werden. Im übrigen Siemens-Areal, im Feldpark und im Unterfeld sollen maximal 60 Meter hohe Häuser entstehen können. In den Gebieten Herti, Riedmatt und Äussere Lorzenallmend sowie in der zweiten Reihe entlang der Baarerstrasse sind Bauten bis zu 50 Metern Höhe zulässig. In den nicht als Hochhauszonen definierten Gebieten gelten weit geringere Gebäudehöhen, zum Beispiel darf ein Gebäude in der Wohnzone WA5 maximal fünf Geschosse haben, was zu einer Gebäudehöhe von ca. 18,5 Metern ohne Attika-Geschoss führt.

 

Die vier Hochhauszonen der Stadt Zug: Im Zentrum, entlang der Baarerstrasse und im östlichen Siemens-Areal sind Häuser bis 60 und ausnahmsweise bis 80 Meter möglich.

Die vier Hochhauszonen der Stadt Zug: Im Zentrum, entlang der Baarerstrasse und im östlichen Siemens-Areal sind Häuser bis 60 und ausnahmsweise bis 80 Meter möglich.

(Bild: mbe.)

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