Zivilschutz: Einsätze zugunsten der Gemeinschaft

Tribünen bauen statt Ernstfall proben

Der Aufbau der Infrastruktur für Grossanlässe nimmt im Zivilschutz immer mehr Zeit in Anspruch. (Bild: zvg)

Der Zuger Zivilschutz leistet wertvolle Dienste zugunsten der Allgemeinheit. Doch gerade Einsätze im Rahmen von Grossanlässen haben auch einen Nachteil: Sie nehmen oft viel Zeit in Anspruch, die dem Zivilschutz dann für Aus- und Weiterbildung fehlt. Steckt die Zivilschutzorganisation Zug deswegen in einem Dilemma?

Kommandant Daniel Enzler begrüsst den Journalisten im grossen Schulungsraum des Ausbildungszentrums Schönau in Cham. Ein Film, unterlegt mit rockiger Musik, rückt die Zivilschutzorganisation (ZSO) Zug ins beste Licht. Der Film zeigt die Vielseitigkeit der Schweizer Schutzorganisation, die vor zwei Jahren ihr 50-jähriges Bestehen feierte. 1963 trat das Bundesgesetz über den Zivilschutz in Kraft.

Seither hat sich der Zivilschutz – genauso wie auch die Gesellschaft – verändert. Trotz Milizsystem – «der Zivilschutz ist viel leistungsorientierter geworden als früher», sagt ZSO-Kommandant Enzler. Auch sei alles professioneller.

700-Jahr-Feier Morgarten

Doch Professionalität bedinge eine entsprechende Aus- und Weiterbildung, erklärt er. Für zwei bis sieben Tage pro Jahr werden die Angehörigen des Zivilschutzes eingezogen. Diese Zeit soll für Aus- und Weiterbildung genutzt werden. Gemäss Enzler nahmen die Einsätze zugunsten der Gemeinschaft in den vergangenen Jahren jedoch zu – und die Zeit für die Ausbildung somit ab.

«Sechs von zehn Kompanien werden dieses Jahr für die drei Grossanlässe eingesetzt.»

Daniel Enzler, Kommandant ZSO Zug

Das bedeutet: Zivilschützer werden für kulturelle oder sportliche Anlässe eingesetzt und helfen dort zum Beispiel beim Aufbau von Infrastruktur. Dieses Jahr unterstützt die ZSO die Weltmeisterschaft im Streethockey, die 700-Jahr-Feier Morgarten und die Tour de Suisse. Speziell die Morgarten-Feier mit dem Volksfest und dem Festspiel benötigt laut Enzler viele und über längere Zeit Ressourcen für den Auf- und Abbau, die Parkplatzbewirtschaftung und die Verkehrslenkung. «Sechs von zehn Kompanien werden dieses Jahr für die drei Grossanlässe eingesetzt», sagt er. Bei ihnen bleibt die Ausbildung also mehrheitlich auf der Strecke.

Dieses Jahr komme es tatsächlich zu einer Häufung, was Einsätze zugunsten der Gemeinschaft betreffe, sagt der zuständige Regierungsrat Beat Villiger. «Das ist jedoch Zufall.» Es habe bisher immer ein bis zwei solche Einsätze pro Jahr gegeben.

Die Planung wird schwieriger

Was diese Anlässe anbelange, trage er zwei Herzen in seiner Brust, sagt Enzler. Ihm sei einerseits bewusst: Kein grosses Fest ohne die Hilfe des Zivilschutzes. Andererseits leide manchmal die Ausbildung unter solchen Einsätzen. «Unsere jährliche Planung wird schwieriger.» Enzler ist darauf angewiesen, wie früh die Organisationskomitees die genauen Termine, Aufgaben und Ressourcen bekannt geben.

Der Zivilschutz sei zwar bereit, solche Anlässe zu unterstützen. «Denn dadurch sind wir in der Öffentlichkeit präsent. Das ist für uns beste Werbung», sagt der Kommandant. Aber weil eben Aus- und Weiterbildung ebenfalls ihren Platz bräuchten, müsse der Zivilschutz ein gesundes Mass finden. «Wir wollen das Eine tun und das Andere nicht lassen.»

Es muss von überregionaler Bedeutung sein

Wie viele Einsätze zugunsten der Gemeinschaft die ZSO Zug letztlich leistet, ist jedoch eine politische Frage. Der Kommandant der ZSO und die Leitung des Amtes für Zivilschutz und Militär bearbeiten eingegangene Gesuche und überprüfen die notwendigen Kriterien. Sicherheitsdirektor Beat Villiger entscheidet anschliessend, ob der Zivilschutz einen solchen Einsatz leistet oder nicht.

«Die Bevölkerung schätzt solche Zivilschutzeinsätze sehr.»

Regierungsrat Beat Villiger

Laut Villiger gibt es klare Vorgaben, wann ein solcher Einsatz bewilligt wird: Es müsse ein Anlass von überregionaler Bedeutung sein oder mit einer Gemeinnützigkeit verbunden. Letzteres war zum Beispiel der Fall, als der Zivilschutz beim Umzug von zwei Altersheimen mithalf.

Zivilschutz nicht zweckentfremden

Regierungsrat Villiger sagt, nach diesem Jahr wolle er mal über die Bücher und schauen, ob es zu viele Einsätze zugunsten der Gemeinschaft seien. Vielleicht müsse die Hürde für solche Einsätze erhöht werden. Schliesslich solle der Zivilschutz nicht zweckentfremdet werden. «Allerdings weiss ich auch, dass die Bevölkerung solche Einsätze des Zivilschutzes sehr schätzt.»

Er habe aber keine Rückmeldung, dass die Ausbildung unter diesen Einsätzen leide, erklärt der Sicherheitsdirektor. Ihm sei jedoch bewusst, dass Grossanlässe auch eine gewisse Unruhe in die ZSO reinbrächten. Er könne deshalb dem Kommandanten nur ein Kompliment aussprechen, wie er es immer wieder schaffe, den Betrieb zu organisieren.

Eine kantonale Organisation

Die Zivilschutzorganisation (ZSO) Zug umfasst 1'500 Zivilschutzangehörige, davon auch einige Frauen im Care Team Zug. Gemäss Kommandant Daniel Enzler war Zug – zusammen mit Basel-Stadt – 2003 der erste Kanton der Schweiz, der seinen Zivilschutz in einer kantonalen Organisation zusammengefasst hat. Die ZSO ist unterteilt in ein Führungskommando, das die ganze Organisation koordiniert und führt sowie fünf Abteilungen mit diversen Kompanien. Diese haben spezielle Leistungsaufträge, die von der Politik festgelegt wurden.

Aufwand und Ertrag in etwa gleich

Villiger ist der Meinung, dass sich Aufwand und Ertrag für den Zivilschutz bei solchen Einsätzen bisher in etwa die Waage gehalten haben. Er sehe es aber als seine Aufgabe, dies genau zu prüfen. Dies auch im Zusammenhang mit dem kantonalen Sparprogramm. «Wir müssen die Entwicklung anschauen und uns fragen, wo die Unterstützung des Zivilschutzes noch möglich ist und wo nicht», sagt er.

Enzler befürwortet Villigers Absicht, sich über das Thema Gedanken zu machen. Ihm sei klar, dass die Politik entscheiden müsse, welche Richtung sie bezüglich Einsätzen zugunsten der Gemeinschaft einschlagen wolle. Er könne nur darauf hinweisen, dass der Zivilschutz genügend Zeit brauche, um die Zivilschützer für die Kernaufgaben auszubilden und zu trainieren.

Günstiger als private Firmen

Auf den Zivilschutz kommen laut Enzler immer mehr Aufgaben zu. Das sei einerseits ein Vertrauensbeweis für die Organisation, «offenbar braucht es uns immer mehr», sagt er. Andererseits benötigt es so auch mehr Personal, vermehrt Ausbildung und das notwendige Geld dazu.

Enzler ist sich bewusst, dass die ZSO mittlerweile eine wichtige Unterstützung ist: Denn es werde immer schwieriger, genügend freiwillige Helfer für grosse Feste zu finden, und auch die Anforderungen würden immer mehr zunehmen, sagt er. Es brauche Fachwissen zum Beispiel beim Aufbau von Festen und auch Qualitäten als Projektleiter. Zudem sei das finanzielle Risiko für Veranstalter heute gross, weshalb der Zivilschutz mehr als willkommen ist. Würde nämlich die Arbeit der Zivilschützer zu gleichen Preisen verrechnet wie jene von Firmen, wären grössere Anlässe gar nicht mehr finanzierbar.

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