Mädchen vom Änziloch am Innerschweizer Filmpreis

Die Jungfrau sprach: «Du bisch guet, so wie du bisch, und d’Wält ghört au dir.»

Das Mädchen vom Änziloch bezaubert durch Natürlichkeit. Mit starker Filmsprache und liebevollem Nachzeichnen des kindlichen Erlebens erschafft die Luzernerin Alice Schmid eine Hommage an das Leben, seine Vielfalt und Mysterien. Der Film über die Jungfrau aus dem Napfgebiet wurde am Wochenende im Bourbaki gezeigt.


Vergangenes Wochenende wurden im Kino Bourbaki in Luzern die mit dem Innerschweizer Filmpreis ausgezeichneten Filme gezeigt (zentralplus berichtete). Einer davon war der Film «Das Mädchen vom Änziloch» der Luzerner Regisseurin Alice Schmid.

Die 76-minütige Dokumentation über das Änziloch, eine sagenumwobene Schlucht im Napfgebiet, erzählt mit spielerischem Ernst über das Leben der dort ansässigen Menschen. Dabei steht das Mädchen Laura Larissa Röösli im Zentrum. Erst die enge Beziehung der Regisseurin zu dem Kind, welches sie bereits als 6-Jähriges für ihren Film «Die Kinder vom Napf» (2011) kennenlernte, ermöglichte ein solch intimes Porträt. Die Schönheit der Erzählweise zeigt sich durch die unaufgeregte Dramaturgie.

Die Schönheit der Erzählweise zeigt sich durch die unaufgeregte Dramaturgie.

Die Narration der Geschichte ist nicht Hauptsache, viel eher lebt der Film von seiner Natürlichkeit, den Protagonisten und deren Nähe zum Leben. Der Schlamm an den Regenstiefeln, die staubige Luft in der Scheune und die wilden Traktorfahrten, die Sinnlichkeit der Kindertage beglücken den Zuschauer. Die Filmemacherin folgt dem Mädchen durch den Tag, zeichnet dessen Sicht nach, folgt seinem Spiel, seiner Suche nach Abenteuer.

Der entscheidende Sommer für ein 12-jähriges Mädchen 

Die 12-jährige Laura ist die einzige Tochter einer Köhlerfamilie. Der Film zeigt Bilder und Szenen aus dem Alltagsleben der Familie, der Kohleherstellung, dem Zusammenleben mit den Tieren und wie sie Haus und Hof in Stand halten. Geschickt wechselt der Film zwischen Sequenzen aus der Arbeit der Köhlerfamilie und gewaltigen Vorgängen in der Natur.

Inmitten dessen die Identitätssuche des Mädchens. Es erforscht seine Umgebung, seine Mitmenschen und sich selber mit einer herzlichen Energie, die ansteckt. Jeden Abend schreibt es in sein Tagebuch einige Zeilen darüber, was es fühlt: dass es schlecht schlafen kann, dass es sich einen Freund zum Reden wünscht und wie traurig es ist, dass sein Pony «Stärnli» starb und es jetzt nicht mehr da ist.

Zum Glück kommt da Tom vorbei, ein Bub aus der Stadt, der in der Familie Röösli für eine Woche Landdienst leistet. Laura hat sich schon etwas in ihn verliebt, als sie sein Foto sieht.

Dem Spuk auf der Spur

Der Film porträtiert immer wieder Anwohner, vor ihrer Haustüre, bei ihrem Stall oder ihrem Traktor. Diese erzählen frontal zur Kamera, was sie über das Änziloch zu wissen glauben. Dass da eine Jungfrau zwischen den Schluchten und Wäldern lebe, die immer im Vollmond hervorkomme, um sich ihr Haar zu bürsten.

Und dass früher, als alles noch anders gewesen sei, die schwangeren Mädchen in die Schlucht verbannt worden wären. Und die Kinder, die nicht folgten. Aber so ganz genau weiss niemand, wer oder was in diesem Änziloch haust, denn hinunter traute sich keiner ­­− ausser eine. Aber die wurde zur Nonne, sobald sie wieder nach oben kam.

Durch die realistischen Aufnahmen strahlt die Lebendigkeit der aufgenommenen Bilder auf die Zuschauer über.

Durch die realistischen Aufnahmen strahlt die Lebendigkeit der aufgenommenen Bilder auf die Zuschauer über. Die dunkelbraunen Ponyaugen, die traurig in die Kamera blinzeln, das Heu, das sich in der Mähne verfangen hat, und Lauras Hände, die den Ponyrücken streicheln. Dabei ist der Ton immer sehr präsent. Laut abgespielt, wirkt er intensivierend auf die bewegten Bilder und verstärkt die Entdeckerfreude der Zuschauer in den alltäglichen Bildern eines Schweizer Landlebens.

Die Kinder schleichen sich bei Nacht an den Schluchtenrand heran, reden und spekulieren über die Jungfrau vom Änziloch. Aus Neugierde, aber auch, weil sie so etwas zu reden haben, wie Tom verrät. Als Tom wieder zurück in die Stadt geht und die verliebten Nachrichten Lauras nicht beantwortet, beschliesst sie, alleine in die Schlucht hinabzusteigen. Ganz unten, hohe Felswände ragen in den Himmel hinauf, hört Laura die Stimme der Jungfrau: «Du bisch guet, so wie du bisch, und d’Wält ghört au dir.»

Der Film ist noch bis am 15.3. im Kino Bourbaki in Luzern zu sehen.  

Im ausführlichen Eventkalender von zentralplus finden Sie eine weitere Besprechung und alle Daten zu diesem und allen weiteren, derzeit in der Zentralschweiz gezeigten Filmen.

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