Zuger Startup beobachtet den Uber-Rechtsstreit genau

Hier können auch Spaziergänger zu Kurieren werden

Das Team von Annanow hat grosse Pläne. (Bild: zvg)

Warum einen professionellen Kurier bestellen, wenn die Crowd diesen Dienst übernehmen kann? So lautet die Geschäftsidee von Annanow. Jeder kann dort Kurier werden. Rechtliche Probleme, wie sie der US-Gigant Uber hat, will man vermeiden. Im Gegenteil, man setzt sich die Rettung des lokalen Handels zum Ziel.

Einen Weihnachtsbaum nach Hause beamen? Damit wirbt aktuell das Zuger Startup Annanow. Wer im Jumbo einen Weihnachtsbaum kauft, kann sich diesen innerhalb von 10 bis 60 Minuten nach Hause liefern lassen.

Annanow ist eine Online-Vermittlungsplattform für Express-Kurierdienste. Eine Art Tinder, bei der es aber nicht um Sex geht, sondern darum, dass ein Laden oder sonst ein Geschäft mit einem Transportbedürfnis einen Kurier findet.

«Wir verfügen über die schweizweit grösste Crowd an Kurieren», erklärt Co-Gründer Daniel Stutz. Dabei gebe es verschiedene Stufen von Verpflichtungen. «Wir sind Partnerschaften mit Taxiunternehmen, Velokurieren oder herkömmlichen Transportunternehmen eingegangen.» Wenn sich jemand von ihnen gerade in der Nähe befindet, sobald ein entsprechender Auftrag via App reinkommt, übernimmt er die Lieferung.

In Luzern ist das Angebot noch nicht weit verbreitet. Ein Versuch im Jumbo in Emmenbrücke scheiterte. Die Filiale sei noch nicht geschult, teilt Annanow mit. Reibungslos nutzen kann man den Dienst hingegen beispielsweise im Globus an der Pilatusstrasse in Luzern.

Kuriere im ÖV?

Bei Annanow machen jedoch nicht nur bereits im Kurierwesen tätige Akteure mit. Jeder kann Kurier werden. Die Hürden sind tief: 18 Jahre alt muss man sein und ein eigenes Bankkonto führen. Dann noch ein Foto der ID hochladen und schon ist man Kurier bei Annanow.

«Grundsätzlich kann bei uns jeder als Kurier tätig werden. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob er zu Fuss, mit dem Velo oder mit dem Auto unterwegs ist», erklärt Stutz. Bei Autofahrern geht es darum, die Fahrzeuge besser auszulasten. Doch bei Fussgängern staunt man. «Warum nicht auf dem Weg von der Arbeit nach Hause noch rasch beim Blumenladen vorbeigehen und einem Endkunden den bestellten Blumenstrauss liefern?», entgegnet Stutz.

Startup will lokalen Handel stärken

In dieser Kleinräumigkeit, in der Annanow tätig ist, liegt auch die grosse Stärke. Grosse Unternehmen wie PwC, Credit Suisse oder Axa Winterthur sind als Partner eingestiegen. «Wir wollen den lokalen Handel stärken», sagt Stutz. Denn nur da seien solche Express-Lieferungen überhaupt möglich. Dies leuchtet ein, denn bei einer Bestellung über Wish dauert der Transport von China oder von wo auch immer in die Schweiz bereits mehrere Tage.

Das klingt alles überzeugend. Doch die aktuelle Berichterstattung rund um Kurierdienste lässt Zweifel an der Idee aufkommen. Kürzlich berichtete «SRF Kassensturz» über Uber Eats. Der Riese aus Kalifornien hat sich neu in Zürich niedergelassen und liefert dort Essen aus. Ein Test des «SRF» zeigte, dass selbst Kriminelle Essen ausliefern könnten, dass die Löhne mit zirka zehn Franken pro Stunde miserabel sind und dass die Kuriere nicht versichert sind.

«Wir müssen es so lösen, damit wir keine rechtlichen Schwierigkeiten bekommen.»

Daniel Stutz, Co-Gründer

Die Strategie von Uber und Uber Eats ist, dass deren «Taxifahrer» und Kuriere stets selbstständig arbeiten. Sozialversichert sind sie während ihrer Tätigkeit für Uber also nicht, was zu grossen Protesten der Gewerkschaften geführt hat. Es ist ein Rechtsstreit entbrannt, ob dieses Modell mit dem Schweizer Arbeitsgesetz vereinbar ist. In Genf wurde die Politik aktiv und verbietet Uber, in Zürich wartet man die Entscheide der Gerichte ab.

Annanow stellt Kuriere an

Bei Annanow verfolgt man die Thematik und kennt auch das Geschäftsmodell von Uber. Aber: «Unsere Kuriere sind nicht selbstständig. Wir sind ihre Arbeitgeber und bezahlen während eines Auftrags auch Sozialversicherungen», erklärt Stutz.

Die Begründung ist simpel: «Wir müssen es so lösen, damit wir keine rechtlichen Schwierigkeiten bekommen», sagt Stutz. «So viele Anwälte wie Uber können wir uns schlicht nicht leisten.»

Unternehmen will expandieren

Dass auch Straftäter zu den Annanow-Kurieren gehören könnten, kann derzeit nicht ausgeschlossen werden. Dafür ist die Bezahlung um einiges höher als bei Uber. Der Kurier erhält 75 Prozent des Tarifs, den der Kunde für den einzelnen Transportauftrag bezahlt. Im Arbeitsvertrag wird der Netto-Stundenlohn auf 23,02 Franken beziffert. Stutz sagt: «Die Margen bei Kurieren sind ohnehin schon klein, unser Ziel ist es nicht, dort noch Gewinn abzuschöpfen.»

Doch wie verdient Annanow dann Geld? «Mit Payment und Versicherung», sagt Stutz. Also mit den technischen Abwicklungen. «So müssen sich die Läden bzw. anderen Geschäfte weder um Versicherungen der Ware während des Transports noch um die Bezahlung kümmern», erklärt er.

Aktuell hat Annanow 35 Mitarbeiter und macht einen Jahresumsatz von 500'000 Franken. Bis Juli 2021 soll das Startup rentabel sein. «Aktuell sind wir in der Fundraising-Phase», sagt Stutz. Schon bald wolle man den Fokus auf Deutschland und Österreich legen, um auch dort richtig Fuss zu fassen.

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