So wird in Luzern Zweiklassenmedizin gefördert

Beschleunigte Operation für 800 Franken extra

Ein Angebot einer Luzerner Klinik (hier der Fitnessraum am Standort St. Anna) verstösst möglicherweise gegen das Gesetz. (Symbolbild) (Bild: TANYA FRASER)

Eine in der Hirslanden Luzern ansässige Klinik vergibt gegen Geld bevorzugte Termine für Sprechstunden und Operationen. Das ist womöglich nicht konform mit dem Krankenversicherungsgesetz.

Die Konsumenten- und Beratungszeitschrift «Der Beobachter» deckt in ihrer aktuellen Aufgabe auf: Eine in der Hirslanden Luzern angesiedelte Klinik Luzern operiert auf heiklem Terrain.

Die vom «Beobachter» wiedergegebene Geschichte: Eine Patientin sei irritiert gewesen, als sie eine briefliche Einladung zur Sprechstunde der Orthopädischen Klinik Luzern AG öffnete. Der Termin der Patientin bei einem Orthopäden war erst viele Wochen danach angesetzt. Umso mehr habe sie der beigelegte Flyer für «Priority Service» überrascht.

Dieser pries eine mögliche Verkürzung der Wartezeit an: Gegen Zahlung von 300 Franken wurde ihr in Aussicht gestellt, innert zweier Wochen einen Termin in der Sprechstunde zu erhalten. Inklusive folgender Zusatzoption: Zwei Wochen nach diesem Termin könnte sie bereits operiert werden. Gegen einen weiteren Aufpreis von 500 Franken. Man rechne: Für 800 Franken lässt sich ihr medizinisches Problem also innerhalb von vier Wochen lösen. Und dies alles noch bevor der im ursprüngliche Aufgebotsschreiben genannte Termin stattgefunden hätte.

Gemäss Recherchen und Abklärungen des «Beobachters» ist es fraglich, ob diese Installation einer Zweiklassenmedizin zugunsten einer zahlungsfähigen und zahlungswilligen Klientel gesetzlich zulässig ist. Die Schweizerische Gesellschaft für Handchirurgie entgegnet, das Angebot sei in allen Belangen gesetzeskonform. Die Korrektheit des Angebots sei durch ein juristisches Gutachten bestätigt worden. Die Orthopädische Klinik Luzern AG ist ein eigenständiges Unternehmen und nutzt die Infrastruktur der Hirslanden.

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6 Kommentare
  • Profilfoto von Max Winiger
    Max Winiger, 06.03.2023, 11:06 Uhr

    Der Bericht auf beobachter.ch ist inhaltlich und juristisch falsch. Es geht nicht um eine bevorzugte medizinische Behandlung, sondern um die Möglichkeit, eine Komfort-Serviceleistung zu nutzen. Niemand wird besser behandelt. Das Angebot gilt für ambulante handchirurgische Eingriffe. Menschen haben so die Möglichkeit, einen nicht-medizinischen Komfort bei Bedarf zu nutzen, ohne dafür eine teure Zusatzversicherung abschliessen zu müssen. Die gibt es im ambulanten Bereich auch kaum. Zu vergleichen ist das mit der A- und B-Post. Hier spricht auch niemand von einer Bevorzugung. Es ist ein Service. Oder wenn ich im Flieger einen Sitzplatz in der Economy mit mehr Beinfreiheit buche, dann ist das auch keine Bevorzugung. Es ist mein freier Entscheid, der nichts mit dem Grundangebot und dessen Qualität zu tun hat. Die medizinische Qualität ist für alle gleich. Es werden auch keine Bedenkfristen unterschlagen. Das Ganze ist gesetzeskonform. Das Statement des BAG ist ebenfalls falsch. Die OKL und die Schweizerische Gesellschaft für Handchirurgie wehren sich gegen diesen Bericht und die darin gestellten Unterstellungen und Vorwürfe.

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    Hanswurst, 05.03.2023, 08:59 Uhr

    Eine Synapse in meinem Gehirn verknüpft diesen „Priority Service“ mit einer durch den Flyer „legalisierten“ Bestechung. Bis zu den Noten im Couvert ist es nur ein kleiner Schritt.

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    Marie-Françoise Arouet, 04.03.2023, 19:22 Uhr

    Die Multiplikation diverser Jahresfranchisen mit ganz unterschiedlichen Versicherungsmodellen und Zusatzleistungen führt zu mindestens drei Dutzend unterschiedlichen „Klassen“ von Versicherten. „Zweiklassenmedizin“: lächerlich. In der realsozialistischen Einklassenmedizin hiess und heisst die Währung dann halt Schnaps, Cash, Gutschein, Geschenkkorb oder andere Naturalien.

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    Pirlo, 04.03.2023, 11:40 Uhr

    Und jetzt? Zusatzversicherungen diskriminieren seit Ewigkeiten, stört auch niemanden. Während der Normalbürger mit dem Assistenzarzt verkehren muss, der gerade so aus der Uni kommt, gibt’s für den Zusatzversicherten den Oberarzt, unabhängig vom Krankheitsbild. So ist’s eben, aber typisch Beobachter halt, haben sie wieder einen «Skandal» gefunden.

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      Philipp, 05.03.2023, 16:41 Uhr

      Es ist jedem selbst überlassen eine Zusatzversicherung abzuschliessen. Aber gewisse Leute geben halt lieber Geld für Dinge aus die man nicht wirklich braucht, anstatt für die eigene Gesundheit. Mir ist ist meine Gesundheit wichtiger als das neuste Handy, Ferien jedes Jahr und ein zu teures Auto.

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        Pirlo, 06.03.2023, 10:33 Uhr

        Das gleiche gilt auch für diese neue Regelung der Klinik im Artikel. Es ist jedem selbst überlassen, dieses Geld zu bezahlen. 800 Franken ist viel Geld, aber man bedenke, dass man die Zusatzversicherung über Jahre bezahlt und vielleicht nie benutzt. Daher verstehe ich die Aufregung weiterhin nicht.

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