Wie man sich schöner trennt

Trennung? Hier kriegen Eltern in Zug Nachhilfe

Wenn Eltern sich trennen, sind die Leidtragenden oftmals die Kinder. (Bild: Adobe Stock)

Wenn Eltern sich trennen, sind sie zwar kein Liebespaar mehr – aber sind und bleiben Eltern. Oder ein «Arbeitsteam». Ein neues Kursangebot im Kanton Zug richtet sich an getrennt lebende Eltern. Wie man sich schöner trennt.

Jedes Familienmitglied ist mit einem Faden verbunden. Mama und Papa verbindet zwei Fäden. Denn sie sind Liebespaar und Eltern zugleich. Trennen sie sich, so wird zwar der eine Faden durchgeschnitten. Der andere aber bleibt bestehen. Schliesslich sind Eltern ja auch nach einer Trennung durch die gemeinsamen Kinder miteinander verbunden – sie bleiben Eltern.

So illustriert Familien-Expertin Romina Brunner in einem Artikel in der «Schweizer Illustrierte» die Trennung von Eltern. Doch dieser Abbruch der einen und das Weiterführen der anderen Beziehung ist nicht ganz einfach.

Das weiss auch Melitta Steiner. Sie ist Bereichsleiterin Beratung der Fachstelle «punkto» in Baar. In ihrem Beratungsalltag begegnen sie und ihr Team vielen Eltern, die sich trennen, oder bereits getrennt haben. «Bei den einen gelingt die Trennung gut, sie scheiden sich einvernehmlich», erzählt Melitta Steiner. «Bei den anderen geht’s gelinde gesagt nicht ganz so einfach vonstatten. Manche liegen sich über lange Zeit konflikthaft in den Haaren.»

Eltern trennen sich – und die Kinder leiden mit

Und genau denjenigen will Steiner helfen. Deswegen bietet die Fachstelle einen Kurs speziell für getrenntlebende Eltern an – den «Kinder im Blick»-Kurs. Hier lernen die Eltern unter anderem, wie sie miteinander kommunizieren können, ohne dass es gleich eskaliert. Sie lernen, wie sie mit persönlichem Stress umgehen und ihn abbauen können. Und wie sie sich wieder aufs Wesentliche konzentrieren: nämlich die Kinder.

«Die Kinder laufen Gefahr, bei einer Trennung zwischen Stuhl und Bank zu fallen.»

«Wenn Eltern miteinander streiten, passiert es schnell, dass sie die Bedürfnisse ihrer Kinder aus den Augen verlieren», sagt Steiner dazu. Bei einer Trennung ändere sich für alle Beteiligten vieles. Das Paar ist mit schmerzhaften und ambivalenten Gefühlen konfrontiert. Und auch die Kinder leiden unter der Trennung ihrer Eltern.

Doch alles zusammen sei oft eine Überforderung, so Steiner. «Die Kinder wären aber gerade in einem solchen Moment auf viel Zuwendung ihrer Eltern angewiesen – stattdessen laufen sie Gefahr, bei einer Trennung zwischen Stuhl und Bank zu fallen.» Der Kurs setzt hier an: Eltern wird vermittelt, was für Kinder in einer Trennungssituation wichtig ist und was ihnen Sicherheit, Stabilität und ein Gefühl von Geborgenheit gibt.

Wie man den Kindern sagt, wenn man sich trennt

Doch setzen wir bei den Basics an: Wie teilen Mütter und Väter ihren Kindern am besten mit, dass sie als Paar getrennte Wege gehen wollen?

Laut Melitta Steiner sollten Eltern hier einiges beachten. «Es ist wichtig, dass Eltern im Vorfeld genau zusammen absprechen, was sie den Kindern sagen», sagt die Sozialpädagogin und Paar- und Familientherapeutin. Eltern sollen möglichst gemeinsam mit den Kindern sprechen und den Schritt als ihre gemeinsame Entscheidung kommunizieren. Gegenseitige Schuldzuweisungen sollten sie möglichst vermeiden. Dass sie also nach gemeinsamen Diskussionen beschlossen haben, «dass wir uns trennen». Über die genauen Gründe müsse man nicht im Detail Auskunft geben. Wichtig aber: Den Kindern sagen, dass nicht sie der Grund für die Trennung sind. Sie nichts falsch gemacht haben.

Melitta Steiner ist Sozialpädagogin und Familien- und Paartherapeutin. (Bild: zvg)

Der konkrete neue Alltag nach der Trennung

«Viel wichtiger ist es, den Kindern zu vermitteln, wie die nächsten Monate oder das nächste halbe Jahr aussehen werden. Es hilft enorm, wenn Eltern ihren Kindern einen konkreten Alltag skizzieren: Wie sie also die Kinderbetreuung aufteilen, wo die Kinder weiterhin zur Schule gehen, wann die Kinder beim Vater wohnen, wann bei der Mutter.»

«Aussagen wie ‹Wir sind und bleiben eure Eltern und bleiben eure Familie› sind essenziell.»

Im besten Fall hat der Elternteil, der aus der gemeinsamen Wohnung zieht, bereits eine neue Wohnung. So können die Kinder den Weg dorthin ablaufen und die neue Wohnung anschauen. «Diese Skizzierung des konkreten, neuen Alltags vermittelt den Kindern Sicherheit und Stabilität», sagt Melitta Steiner. «Das brauchen die Kinder in dieser Situation auch dringend.»

Und das Allerwichtigste: Den Kindern klar machen, dass die Familie wegen der Trennung nicht verloren geht. «Aussagen wie ‹Wir sind und bleiben eure Eltern und bleiben eure Familie› sind essenziell», sagt Steiner. Denn auch das gibt den Kindern ein Gefühl der Sicherheit und Zugehörigkeit – trotz der getrennten Situation.

Vom Liebes- zum Arbeitsteam

Das eingangs erwähnte Beispiel von Familienexpertin Brunner findet Melitta Steiner sehr gelungen. Dass da zwischen den beiden Eltern immer ein Faden, eine Beziehung, bleiben wird.

Im Kurs – in denen Eltern übrigens jeweils in zwei separaten Gruppen teilnehmen – lernen die Eltern, wie sie vom Liebes- zum «Arbeitsteam» werden. Schliesslich bleibe es ja auch eine gemeinsame elterliche Aufgabe: Die Kinder gemeinsam grosszuziehen, bis sie so weit sind, auf eigenen Beinen zu stehen.

Das braucht aber vor allem: Trauerarbeit – und Zeit. Denn die Trennung ist ja auch für Eltern mit einem grossen Verlust verbunden. Es gilt, Abschied zu nehmen von einem Lebensentwurf, den man gemeinsam aufgebaut hat. «Da schwingt immer auch viel Enttäuschung und ein Gefühl von Scheitern mit.»

Das Ding mit der formalen Höflichkeit

Steiner rät Eltern im Trennungsprozess auf Distanz zu gehen. «Es hilft, innerlich einen Schritt zurückzugehen und dem anderen so zu begegnen, als wäre man einander wieder ein Stück weit fremder. Mit dem Gegenüber möglichst sachlich zu kommunizieren und in formaler Höflichkeit zu begegnen, ist sicher nicht falsch.»

So oder so: Den einen Faden zu halten und den anderen gleichzeitig aufzulösen, ist nie ganz einfach. «Das geht nicht von heute auf morgen.» Eltern dürfen aber auch ehrlich mit ihren Kindern umgehen – und sagen, dass es auch für sie manchmal traurig und nicht einfach ist. «Ziel des Kurses ist es, dass sich Eltern zum Wohle ihrer Kinder gegenseitig wertschätzen und respektieren. Und sich Kinder von ihren Eltern gesehen fühlen und unbelastet zwischen Vater und Mutter bewegen können.»

Hinweis: «Kinder im Blick» startet zum zweiten Mal am 31. August, beziehungsweise am 1. September in Baar. Der Kurs beinhaltet sieben Sitzungen à 3 Stunden und kostet 150 Franken.

Verwendete Quellen
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