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Schöner, besser?

Die Umgestaltung eines bestehenden Bürogebäudes am Geissensteinring 26 in Luzern hat zu einem neuen Gebäudeausdruck geführt. Statt wie bisher in Beton sind die Brüstungen mit farbig hinterlegtem Glas ausgeführt.

Aus ökologischen Gründen werden Bauten aus den 1970er Jahren als sanierungsbedürftig erklärt, noch bevor die Fassaden Patina ansetzen. Die Bauten verschwinden oft hinter einem neuen Kleid. So auch beim Bürohaus am Geissensteinring 26 in Luzern. Wer das fertig umgebaute Objekt betrachtet, erkennt den Unterschied zu einem Neubau nicht. 

Für die Architekten stellt sich die Aufgabe, wie sich die energetische Sanierung am besten umsetzen lässt. Da in der Regel auch die Fenster erneuert werden, ist eine aussen aufgebrachte Isolation die einfachste Lösung. Geopfert wird dabei die bisherige Erscheinung. Der Umbau erfordert von den Architekten deshalb eine Neuinterpretation der Architektur. Und hier beginnen die Herausforderungen. 

Dem Objekt am Geissensteinring ging ein Wettbewerbsverfahren voraus. Eine Jury hatte sich für das nun umgesetzte Konzept entschieden. Offenbar haben die siegreichen Unit Architekten aus Hergiswil die Jury mit ihrem Konzept überzeugt. Durch Weglassungen haben sie den Gebäudekörper geschärft. Sie stülpten über die Betonbrüstungen grün hinterlegte Glasbänder. Zusammen mit den Aluminiumfenstern erscheint das umgestaltete Gebäude nun in einem ansprechenden Kleid. Als Referenz sind Bauten aus den 1960er Jahren im Umbau zu erkennen. 

Während die originalen Bauten aus unseren Siedlungen verschwinden, entstehen neu-alte Umbauten, die ihnen Ehre erweisen. Beim Geschäftshaus am Geissensteinring liegt eine mögliche Referenz beim Schindler-Geschäftssitz in Hergiswil. Das 1965 von Roland Rohn erstellte Gebäude wurde wegen «konstruktiven Mängeln» 2010 abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. 

Die Frage stellt sich, ob es besser wäre, die qualitätsvollen historischen Bauten in ihrer originalen Erscheinung zu erhalten und jene Bauten für eine Neuinterpretation freizugeben, die den denkmalpflegerischen Ansprüchen nicht genügen. Von Le Corbusier wird gesagt, dass er sich bewusst gewesen sei, dass die aktive Architekten-Generation auf den Schultern ihrer Vorgänger stehe, sich aber dafür nicht bedanke. 

Angesichts des rasanten Umbaus der Nachkriegsarchitektur lässt sich diese bald nicht mehr als Fundgrube nutzen. Zeit, sich zu überlegen, woher die Ideen genommen werden können, wenn die Inspirationsquellen versiegen. Die Architekten von heute stehen in der Pflicht, sich dem gebauten Erbe mit Respekt anzunehmen und ihren Vorgängern danke zu sagen.

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