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Beispiele aus der Zentralschweiz

Farbe in der Architektur: mehr als nur Gestaltungsmittel

Am Stammtisch wurde über Farbe diskutiert. (Bild: Stefan Zollinger)

Kürzlich diskutierten in Hergiswil sieben Fachleute über Farbe und Architektur. Anhand ausgeführter Beispiele aus Stans, Emmen und Ennetbürgen wurde klar, dass Farbe mehr als nur ein Gestaltungsmittel ist.

Auf Einladung der Denkmalpflege Nidwalden setzten sich Architekten, Farbgestalter und Maler in Hergiswil gemeinsam an einen Stammtisch, um über Farbe und Architektur zu streiten. Einig waren sie sich darin, dass der Farbbestimmung eine Recherche voranzugehen hat, die von Untersuchungen an realisierten Bauten bis zu Mustern im Massstab 1:1 reicht. Uneinig waren sie sich, wie es um die richtige Farbe steht.

Erstaunte Reaktionen in Stans

Peter Gander hatte mit der Sanierung des Rathauses in Stans eine neue Farbgebung der Fassaden gewagt. Wie er erläutert, stützte er sich auf eingehende Untersuchungen am Gebäude, aber auch Gebäude am Dorfplatz wurden miteinbezogen. Das Resultat führte, nachdem das Gerüst entfernt worden war, vorerst zu einem Raunen in der lokalen Bevölkerung. Heute ist die Farbe akzeptiert.

Am Karlikreisel in Stans wird ein kleines Wohn- und Geschäftshaus unter der Leitung von Susann Trüssel von Grund auf erneuert. Für die Fassade hat sich Trüssel für Holz entschieden. Zuerst wollte sie das Haus in Weiss ausführen, was bei der Denkmalpflege auf Widerstand stiess. Nun wird es grau. Trüssels grösste Herausforderung war, neben den bereits realisierten Neubauten in Braun und in bunten Pastelltönen eine Farbe zu finden, die dem Haus und dem Standort gerecht wird.

Gelb bedingt regelmässige Auffrischungen

Als Vertreter des Gewerbes nahm Marcel Grimm am Stammtisch Platz. Er führt am Bahnhof in Hergiswil in den ehemaligen Glasi-Lagerräumen ein Malergeschäft. Nach dem Umbau wurden die Gebäude in Gelb, Rot und Blau gestrichen. Grimm bestätigt, dass der Entscheid für Gelb auch eine Verpflichtung mit sich bringt: Sein Gebäude muss regelmässig frisch gestrichen werden, weil der bunte Farbton schnell ausbleicht und seine Wirkkraft verliert.

Für Weiss hatte sich Niklaus Reinhard entschieden. Er sanierte das Verwaltungsgebäude der Steinag im Rotzloch. Das klassizistische Gebäude hat wieder einen würdevollen Auftritt. Obwohl in einer industriellen Umgebung gelegen, ist das Gebäude vom Alpnachersee gut sichtbar. Die helle Farbe hilft, die Lage im Steinbruch zu überstrahlen. Auch sieht Reinhart in der Farbgebung eine Wertschätzung der Leistungen des Unternehmers Kaspar Blättler, eines visionären Tourismus-Pioniers, der Nidwalden im 19. Jahrhundert stark geprägt hat.

Vom Künstler Hubert Hofmann stammt das Farbkonzept des Länderparks in Stans. Am Stammtisch erläuterte er die Farbgestaltung des Mattenhofs in Kriens. Er sei erst spät in die Planung einbezogen worden, habe aber wichtige Entscheide beeinflussen können. Er liess sich von den Farben im Luzerner Neustadtquartier inspirieren. Beim Hotel im Mattenhof orientierte er sich am Hotel Schweizerhof in Luzern. Dieses Vorgehen trug wesentlich zur lebendigen, aber auch vertrauten Erscheinung bei.

Bauernhaus in Ennetbürgen

In Ennetbürgen hat die Architektin Elia Malevez zusammen mit Klaus Töngi das Bauernhaus Höpperli um- und ausgebaut. Die aussen angebrachte Fassadendämmung veränderte die Proportionen des schlichten Bauernhauses, weshalb die Architektin die Ecken mit Pilastern ausbildete. Die neue Erscheinung betont den Wert der alten Liegenschaft. Wichtiger als die Farbgebung war der Architektin die Produktewahl. Sie rief in Erinnerung, dass Farbe ein Material ist, das bewusst und aus Rücksicht auf Natur und Umwelt auszuwählen sei.

Theo Barmettler, plus Architekten Stans, hatte sich bei seinem Projekt, dem Tages-Wohnheim der Stiftung Weidli im Mettenweg in Stans, für rot eingefärbte Betonelemente und rote Stoffstoren entschieden. Die Produktionsbedingungen und die Auswahl an verfügbaren Stoffen schränkten die Farbwahl ein. Der Architekt entschied sich letztendlich für viele verschiedene Rottöne, die dem Gebäude trotz der konstruktiven Schwere eine spielerische Note geben, die zum ländlichen Standort gut passt.

Braunes Holzhaus in Emmen

In Emmen hat Lukas Hodel, seit August Partner im Büro Cometti Truffer Hodel Architekten in Luzern, ein braunes Holzhaus erstellt, obwohl am heute von ländlichen Bauten geprägten Standort an der Spitalstrasse längerfristig mehrere hundert Wohnungen entstehen werden. Wie im Mattenhof hat Hodel auch in Emmen ein 1:1-Muster herstellen lassen, das er mit der Bauherrschaft und den Behörden diskutierte. Aufgrund der guten Erfahrung plädierte er für dieses Vorgehen, damit die Farbwahl glückte.

Die Stammtischteilnehmer waren sich einig, dass Farbe mehr als nur Geschmacksache ist. Doch haben die unterschiedlichen Herangehensweisen auch gezeigt, dass es weder richtig noch falsch gibt, sondern einen Graubereich, in welchem die Haltung der am Projekt Beteiligten zum Ausdruck kommen kann.

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