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Gerold Kunz in Chicago

Fantasiewelten

Visualisierung des Lucas Museums, entworfen von chinesischen Architekten Ma Yansong, MAD Architects. (Bild: Lucas Museum of Narrative Art)

Star Wars Regisseur George Lucas will in Chicago ein «Lucas Museum of Narrative Art» errichten. Der Standort liegt direkt am Lake Michigan und hat den Abbruch eines Baudenkmals der späten 1960er Jahre zur Folge, was Kritiker auf den Plan ruft. Mit dem Neubau werde der Park vergrössert und die fehlplatzierte Ausstellungshalle entfernt, argumentieren die Befürworter des Museumsneubaus. Wie in Luzern stösst auch in Chicago ein ambitioniertes Kulturprojekt auf Unterstützung und Widerstand.


McCormick Place ist eine Messehalle, die am südlichen Ausgang der Innenstadt am Lake Shore Drive liegt, jener legendären Küstenstrasse, an der auch die Appartementhäuser von Mies van der Rohe liegen. Von diesem respektive dessen «Neue Nationalgalerie Berlin» ist die Gestaltung des eingeschossigen Hallenbaus denn auch hergeleitet.

Mies hatte für einen Standort westlich des heutigen Zentrums schon 1953 ein Projekt vorgelegt, das aber nicht verwirklich wurde. Der 1967 mit dem McCormick Place beauftragte Architekt C.F. Murphy hatte wohl deshalb Mies für eine Zusammenarbeit gewinnen wollen, stattdessen vielmehr dem jungen Helmut Jahn zum Beginn einer glanzvollen Karriere verholfen!

Im April hat sich nun Mayor Rahm Emanuel dafür ausgesprochen, anstelle des McCormick Place das «Lucas Museum of Narrative Art» zu errichten. Star Wars Regisseur George Lucas will mit diesem ersten Museum seiner Art in Chicago «Geschichten mit Bildern erzählen» und die Perspektive der Macher jener der Betrachter gegenüberstellen.

Zugang zum See

Trotz den ausgewiesenen architektonischen Qualitäten des McCormick Place setzt sich auch der Architekturkritiker Blair Kamin für den Abbruch der Hallen ein. Er bezeichnet das Gebäude abschätzig als «The Berlin Wall», weil es einen Riegel in die Seefront schiebe und den Zugang zum See versperre. Das Seeufer sei auch hier in einen Park zu verwandeln und der Bevölkerung zugänglich zu machen, weshalb er sich auch gegen den Standort des Lucas Museum an der Lakefront ausspricht.

Doch viel stärker, als es ein Gebäude zu leisten vermag, wirken die Geleise und die Autobahn als Riegel und schränken damit den Zugang zur kilometerlangen Uferpromenade ein. Dennoch ist es eine Frage des Masses, wie viele Bauten im Grünbereich des Seeufers platziert werden können. Neben dem McCormick Place stehen schon heute ein Fussballstadion und ein Museum. Für ein viertes Grossvolumen hat es tatsächlich keinen Platz.

Das Lucas Museum, entworfen von MAD Architects, einem vom jungen chinesischen Architekten Ma Yansong geführten Architekturbüro, erscheint wie ein Ufo, das am Seeufer gelandet ist. Mir kommt es wie eine futuristische Adaption des Schlosses Neuschwanstein vor, auf das sich Disney mit ihrem Logo bezieht. Ma Yansong hat das Ordos Museum on China erstellt und dafür international Aufmerksamkeit bekommen. Das Ordos Museum ist wie ein Stein konzipiert und könnte gut in ein Lucas Filmset passen, was den Star Wars Regisseur vermutlich dazu bewegte, gerade ihn als seinen Architekten zu engagieren.

Der richtige Weg

In Chicago stösst der Entwurf auf wenig Gegenliebe, weshalb die Denkmalschutzorganisation Landmarks Illinois die Einrichtung des Lucas Museums im McCormick Place empfahl. Als ich das Gebäude aufsuchte, war ich von den Dimensionen beeindruckt. Kein Vergleich mit den Abmessungen der «Neuen Nationalgalerie Berlin». Doch wie in Berlin steht auch McCormick Place auf einem Sockel, der als Terrasse wirkt und den Blick auf die Stadt und den See frei gibt.

Das ausladende Dach schützt auf allen vier Seiten den Vorbereich und lässt vielfältige Nutzungen zu. Das Gebäude eignet sich nicht nur für ein Museum, sondern stellt auch architektonisch eine Meisterleistung dar. Eine Umnutzung des Gebäudes zu einem Museum ist auch aus meiner Sicht der einzig richtige Weg.

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