Verhindert ein alter Vertrag das neue Luzerner Theater?

Problem für das Theater: Platz dürfte nicht überbaut werden

Das Siegerprojekt «überall» wäre Stand heute wegen eines alten Vertrags so nicht realisierbar. (Bild: Ilg Santer Architekten, Zürich.)

Ein Vertrag von 1949 zwischen Stadt und Kanton verbietet die Überbauung eines Teils des Luzerner Theaterplatzes. Der Kanton könnte zum Spielverderber des neuen Luzerner Theaters werden.

Das neue Luzerner Theater bewegt die Gemüter. Viele Luzerner verstehen nicht, weshalb das Projekt «überall» zum Sieger erklärt wurde. Ein Stein des Anstosses ist, dass der Neubau nur wenige Meter neben der Jesuitenkirche zu stehen kommt und fast der ganze Theaterplatz überbaut werden soll (zentralplus berichtete).

Nun zeigen Recherchen von zentralplus, dass ein Teil des Grundstücks zwischen der Jesuitenkirche und dem heutigen Theatergebäude Stand heute gar nicht überbaut werden darf. In einem Vertrag vom 30. April 1949 zwischen der «Einwohnergemeinde Luzern» und dem «Staat Luzern» tauschten sie mehrere Grundstücke miteinander. Das Dokument ist im Staatsarchiv Luzern zu finden.

Unter anderem ging der Theaterplatz damals vom Kanton an die Stadt Luzern über. Bis 1949 stand dort der Freienhof, der danach abgerissen wurde. Die Vertragspartner hielten im Dokument fest, dass das entsprechende Grundstück nur zu einem Teil überbaut werden darf. Konkret darf von der Westfassade des bestehenden Theatergebäudes nur bis zu 27 Meter Richtung Jesuitenkirche gebaut werden. Das entspricht etwas mehr als der Hälfte des Theaterplatzes. Der restliche Platz, also alles westlich dieser parallel zur Theaterfassade verlaufenden Linie bis zur Jesuitenkirche, «darf nicht überbaut werden», heisst es im Vertrag.

Beidseitiges Interesse an der Realisierung

Das Grundbuchamt bestätigt auf Anfrage von zentralplus, dass diese sogenannte Dienstbarkeit nach wie vor Bestand hat. Entsprechend ist Stand heute der Bau des geplanten neuen Luzerner Theaters so nicht möglich. Dieses würde nur einige wenige Meter Platz zur Jesuitenkirche frei lassen. Es müsste wohl um fast die Hälfte verkleinert werden.

Die Behörden sind sich des Vertrags bewusst, wie sie mitteilen. Doch die Stadt Luzern scheint deswegen keine schlaflosen Nächte zu haben. Stadtpräsident Beat Züsli schreibt: «Die Stadt Luzern hat mit dem für das Projekt zuständigen Regierungsrat Marcel Schwerzmann vereinbart, dass zum gegebenen Zeitpunkt, wenn die konkreten Dimensionen des Bauprojektes bekannt sind, über die vorhandene Dienstbarkeit verhandelt wird.»

Kanton lässt sich nicht auf die Äste hinaus

Die Stadt und der Kanton hätten ein gemeinsames Interesse an der Realisierung des neuen Luzerner Theaters, weshalb dieses Vorgehen in beidseitigem Interesse sei, schreibt Züsli weiter. Die bisher noch bestehende Dienstbarkeit sei kein Hindernis für den Bau, da diese zum gegebenen Zeitpunkt im Rahmen der weiteren Projektierung abgeändert oder auch gelöscht werden könne.

Der Kanton gibt sich deutlich wortkarger in seiner Antwort. Drei Sätze sind ihm die sieben Fragen von zentralplus als Antwort wert. Ob der Vertrag zu gegebener Zeit gegenseitig aufgehoben oder angepasst wird, «wird die weitere Planung zum neuen Luzerner Theater zeigen», schreibt Regula Huber, Kommunikationschefin des Bildungs- und Kulturdepartements.

Provisorium seit Jahren toleriert

Es ist also realistisch, dass Stadt und Kanton zu einem späteren Zeitpunkt über diesen Vertragsbestandteil verhandeln. Doch wirft der Vertrag eine andere Frage auf: Auf dem Theaterplatz steht derzeit bekanntlich ein provisorischer Bau. Das Theater benützt diese hölzerne Box für kleinere Produktionen und Anlässe. Sie steht seit 2016 auf dem Platz und bleibt voraussichtlich noch bis 2026 dort. Darf das Gebäude überhaupt dort stehen?

Die provisorische Box neben der Jesuitenkirche in Luzern. (Bild: mst)

Der Kanton sieht darin kein Problem, die Nutzung sei ein Provisorium. Auch Stadtpräsident Beat Züsli beschwichtigt: «Die Box wurde von der Stadt als Grundeigentümerin zeitlich befristet und mit Wissen des Kantons Luzern bewilligt. Es handelt sich um eine privatrechtliche Dienstbarkeit zugunsten des Kantons Luzern, der die bisherige Nutzung toleriert hat.»

Verwendete Quellen
  • Vertrag von Kanton und Stadt Luzern aus dem Jahr 1949, erhalten vom Staatsarchiv Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Regula Huber, Kommunikationsleiterin des kantonalen Bildungs- und Kulturdepartements
  • Schriftlicher Austausch mit Simon Rimle, Kommunikationsleiter der Stadt Luzern
  • Anfrage beim Grundbuchamt
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