Gemeinde reagiert enttäuscht

Hünenberg: Aus der Traum vom Wohnen im Bösch

Hier im Osten des Bösch-Areals wollte die Gemeinde Hünenberg neue Wohnungen bauen. Der Kanton Zug lehnt das Vorhaben ab. (Bild: Andreas Busslinger)

3000 zusätzliche Arbeitsplätze und bis zu 300 neue Wohnungen: Hünenberg hat ambitionierte Visionen für das Bösch-Areal. Den neuen Wohnungen schiebt der Kantonsrat jetzt aber den Riegel.

Die Pläne für das Bösch-Areal im Süden von Hünenberg sind ambitioniert, ja sogar kühn. Das Gewerbe- und Industriegebiet, wo heute rund 3000 Personen arbeiten, soll grösser und attraktiver werden. Künftig sollen hier bis zu 6000 Menschen arbeiten. Höhepunkt der Vision für das Bösch-Areal sind drei neue Hochhäuser (zentralplus berichtete).

Heute ist das Bösch-Areal eine reine Arbeitszone. Am Morgen pendeln die Menschen hierher und fahren am Abend wieder zurück nach Hause. Die Gemeinde Hünenberg will das ändern und aus dem Bösch auch ein Wohngebiet machen – doch der Kanton schiebt diesem Vorhaben einen Riegel.

Wohnen und Arbeiten im Bösch

Die Idee der Gemeinde klingt grundsätzlich sinnvoll. So sollten insbesondere jene Menschen künftig im Bösch wohnen, die auch dort arbeiten. Das reduziert die Pendlerströme – kein unwesentlicher Faktor, angesichts der Tatsache, dass der Verkehr eine der grössten Herausforderungen bei der Planung des neuen Bösch-Areals ist (zentralplus berichtete).

«Aus raumplanerischen Überlegungen macht es keinen Sinn, in einer Arbeitszone, in der stark störende Betriebe erlaubt sind, eine Fläche für Wohnen frei zu geben.»

Haltung der Zuger Regierung

Die Gemeinde sah vor, in den drei geplanten Hochhäusern ab dem dritten Stockwerk rund 300 Wohnungen zu realisieren. Dabei handelt es sich vorwiegend um kleinere Wohnungen. Diese seien etwa für Studentinnen und Lehrer des Campus Zug-Rotkreuz oder der «International School of Zug and Luzern» und weniger für Familien mit Kleinkindern vorgesehen. «Die Vermietung soll über ein Reglement erfolgen, das vorsieht, dass aus jedem Haushalt mindestens eine Person im Bösch arbeiten muss», erklärt Renate Huwyler, die Gemeindepräsidentin von Hünenberg, die Wohnregeln für das Bösch.

Renate Huwyler, Gemeindepräsidentin von Hünenberg. (Bild: Webseite Renate Huwyler)

«Die Vermieter müssten alle fünf Jahre der Gemeinde darüber Rechenschaft ablegen, ob die von der Gemeinde gesetzten Bedingungen eingehalten werden.» Die Wohnnutzung des Areals soll zudem wissenschaftlich begleitet werden. Die Studie will herausfinden, ob durch das Wohnen in Arbeitszonen die Mobilität nachhaltig reduziert werden kann.

Regierung und Kantonsrat wollen keine Wohnungen

Doch an dieser Stelle wird es technisch. Denn damit künftig Menschen im Bösch wohnen können, muss zuerst der kantonale Richtplan angepasst werden. Denn in diesem ist das Bösch aktuell ausschliesslich als Arbeitszone definiert. Hünenberg hat darum beim Kanton beantragt, den Richtplan anzupassen, um an vereinzelten Stellen im Bösch Wohnungen bauen zu können.

Doch der Regierungsrat ist von den Plänen nicht überzeugt. So heisst es im Bericht und Antrag zu den neusten Richtplananpassungen: «Aus raumplanerischen Überlegungen macht es keinen Sinn, in einer Arbeitszone, in der stark störende Betriebe erlaubt sind, eine Fläche für Wohnen frei zu geben.» Das Vermischen von Wohn- und Arbeitszone würde unweigerlich Konflikte nach sich ziehen. Zudem fehlen im Bösch Erholungs- und Einkaufsmöglichkeiten, was das Quartier als Wohnort unattraktiv macht.

«Der Gemeinderat ist von diesem Entscheid enttäuscht und kann die Argumente nicht nachvollziehen.»

Renate Huwyler, Gemeindepräsidentin Hünenberg

Auch die Kommission für Raum, Umwelt und Verkehr stützte die Haltung des Regierungsrats. Das Bösch sei ein Industrie- und Gewerbegebiet, wo es oft laut ist und viel Verkehr hat. Es sei eines der wenigen Gebiete im Kanton, wo solche lärmintensiven Arbeiten überhaupt noch möglich sind. Darum sei das Areal als Wohngebiet ungeeignet. Zuletzt betont die Kommission, dass neue Wohnungen im Bösch die Pendlerströme im Gebiet eher noch vergrössern würde. «Schliesslich ist es nicht so,
dass die Leute dort arbeiten, wo sie wohnen», heisst es im Bericht der Kommission. «Sonst würde es zum Beispiel in Rotkreuz nicht ein derart grosses Volumen an Pendlerinnen und Pendlern geben.»

Am Donnerstag folgte der Kantonsrat dem Antrag der Regierung und der Kommission und lehnte den Antrag der Gemeinde Hünenberg ab. Somit wird es künftig nicht möglich sein, im Bösch zu wohnen.

Gemeinde kann Entscheid nicht nachvollziehen

Für die Gemeinde Hünenberg ist dies ein harter Schlag. «Der Gemeinderat ist von diesem Entscheid enttäuscht und kann die Argumente nicht nachvollziehen», schreibt Gemeindepräsidentin Renate Huwyler auf Anfrage. Sie argumentiert, dass die lärm- und geruchsintensiven Nutzungen im Westen des Areals sind, die Wohnungen jedoch im Osten geplant waren.

«Die Lärmbelastung durch die umliegenden Betriebe ist tagsüber erträglich. Die Wohnungen würden zudem praktisch ausschliesslich durch Erwerbstätige und damit vor allem am Abend und allenfalls am Wochenende genutzt, wenn die Lärmbelastung gering ist.»

Weiter argumentiert sie, dass mit der Entwicklung des Areals zusätzliche Freizeitmöglichkeiten entstehen werden. Und zu den nicht vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten sagt sie: «Für die wohl durchwegs IT-affinen Nutzer der Wohnungen würden sich auch die Möglichkeit anbieten, Einkäufe über das Internet zu tätigen und anliefern zu lassen.» Dass dies wiederum zu Mehrverkehr führen würde, erwähnt Huwyler hingegen nicht.

Die Gemeindepräsidentin versichert gleichzeitig, dass der Entscheid des Kantons keinen Einfluss auf die Vision Bösch haben wird. «Der Gemeinderat verfolgt die Vision Bösch ungeachtet dieses Entscheids weiter.»

Dass im Bösch künftig nicht gewohnt werden kann, erachtet der Hünenberger Gemeinderat jedoch als verpasste Chance. «Da das Bösch über keinen Bahnanschluss verfügt, müssen andere, kreative Wege gesucht werden, um die Pendlerströme zu vermindern.» Welche kreativen Lösungen dies sind, bleibt abzuwarten.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Chicken Hill
    Chicken Hill, 28.01.2023, 11:58 Uhr

    Ich wohne seit über 20 Jahren im Bösch. Aber ohne Auto willst Du hier nicht wohnen.

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