Umstrittene Reform des SBB-Gesetzes

Kein Geld für Durchgangsbahnhof? Bund beruhigt Kantone

Der Bahnhof Luzern. Noch liegt ein möglicher Bau des Durchgangsbahnhofs in weiter Ferne. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Der Bund will die SBB finanziell nachhaltiger gestalten. Der entsprechende Änderungsvorschlag des SBB-Gesetzes kommt bei den Kantonen aber nicht gut an. Auch Luzern ist in Sorge – wegen des Durchgangsbahnhofs.

Wann und wie der Luzerner Durchgangsbahnhof realisiert wird, ist derzeit unklar. Mehr Gewissheit besteht beim Kostenrahmen, auch wenn die Ausgaben für das Jahrhundertprojekt erst vage geschätzt werden können. Rund drei Milliarden Franken soll das Projekt kosten.

Das ist viel Geld. Doch gemäss Kommunikation des Bundes sollte das Geld keine Rolle spielen. Davon sei genügend vorhanden, hiess es aus Bern bisher immer. An dieser Darstellung kommen in Luzern und auch anderen Kantonen aber Zweifel auf.

Neues Gesetz schmälert Einnahmen für Bauprojekte

Das zeigt sich in der aktuellen Debatte zur Änderung des SBB-Gesetzes. Ziel dieser Änderung ist es, die Finanzierung der SBB nachhaltiger zu gestalten. Der Bund hat einen Vorschlag in die Vernehmlassung geschickt, die vor einigen Tagen abgelaufen ist. Viele Kantone, darunter auch der Kanton Luzern, äusserten sich kritisch zum Vorschlag des Bundes.

Hauptkritikpunkt des Kantons Luzern ist die geplante Senkung der Trassenpreise. Dabei handelt es sich um Kosten, welche die Bahnunternehmen der Infrastrukturabteilung der SBB für die Benützung der Gleise zahlen müssen. Das Geld fliesst in den Bahninfrastrukturfonds (BIF) des Bundes, mit dem der Unterhalt und Ausbau der Zuginfrastruktur finanziert wird. Auch die SBB selbst ist als Bahnunternehmen nicht von diesen Abgaben ausgenommen.

«Der Kanton Luzern lehnt eine Senkung der Trassenpreise ab, da damit die erforderlichen Mittel für wichtige Ausbaumassnahmen in der Bahninfrastruktur fehlen.»

Stellungnahme Kanton Luzern

Nun will der Bund die Trassenpreise senken, um den Fernverkehr zwischen den grossen Schweizer Städten – der vor allem von der SBB betrieben wird – finanziell zu entlasten. Dieser hat in der Coronapandemie stark gelitten und ist seither defizitär. Wenn die Bahnunternehmen weniger Abgaben für die Benützung der Gleise zahlen müssten, würde das deren Finanzen stabilisieren – so die Hoffnung des Bundes.

Kanton Luzern ist besorgt

Doch der Kanton Luzern befürchtet, dass dem BIF damit wichtige Einnahmen abhandenkommen. Geld, das beispielsweise für den Bau des Durchgangsbahnhofs gebraucht wird. So schreibt der Kanton in seiner Stellungnahme an den Bund: «Der Kanton Luzern lehnt eine Entlastung der SBB in Höhe von rund 1,7 Milliarden Franken durch die Senkung der Trassenpreise ab, da damit – neben der Gewährleistung des erforderlichen Unterhalts – die erforderlichen Mittel für wichtige Ausbaumassnahmen in der Bahninfrastruktur fehlen.»

«Mit den verfügbaren Mitteln lassen sich aus heutiger Sicht sämtliche Vorhaben finanzieren, Kompensationsmassnahmen sind nicht notwendig.»

Tina Laubscher, Sprecherin Eidgenössisches Finanzdepartement

Gleich klingt es zum Beispiel auch aus dem Kanton Basel. Auch hier steht in den nächsten Jahren mit dem «Herzstück» ein für die Region elementares Infrastrukturprojekt an. Und selbst die KöV, die Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs, spricht sich gegen das Vorhaben des Bundes aus. Der BIF sei für die Finanzierung der Infrastruktur und nicht für die Quersubventionierung des Fernverkehrs geschaffen worden.

Bund gibt Entwarnung: Es hat genug Geld im Fonds

Auf Anfrage nimmt das Eidgenössische Finanzdepartemenet (EFD) Stellung zu den negativen Rückmeldungen der Kantone. Die Sorge um knapp werdende Mittel kann das Departement nicht nachvollziehen. «Der BIF ist insgesamt gut dotiert und verfügt über eine hohe Reserve», antwortet Sprecherin Tina Laubscher.

«Über den BIF finanziert der Bund sämtliche Kosten der Bahninfrastruktur, das heisst sowohl den Betrieb der bestehenden Eisenbahninfrastruktur als auch den weiteren Ausbau.»

Tina Laubscher, Sprecherin Eidgenössisches Finanzdepartement

Sie führt weiter aus: «Mit den verfügbaren Mitteln lassen sich aus heutiger Sicht sämtliche Vorhaben finanzieren, Kompensationsmassnahmen sind nicht notwendig.» In einem Punkt geht sie aber mit den besorgten Kantonen einig. So betont auch sie die zentrale Bedeutung des Fonds für die Eisenbahn in der Schweiz. «Der BIF ist das zentrale Instrument für die Finanzierung der Bahninfrastruktur. Über den BIF finanziert der Bund sämtliche Kosten der Bahninfrastruktur, das heisst sowohl den Betrieb und Substanzerhalt der bestehenden Eisenbahninfrastruktur als auch den weiteren Ausbau.»

Jährlich fliessen so rund 4,5 Milliarden Franken in den Betrieb, Unterhalt und Ausbau des Schienennetzes. Sie betont an dieser Stelle: «Die Änderung des SBB-Gesetzes hat keine Auswirkungen auf die Ausgaben des BIF.»

Parlamentarier bleiben besorgt

Gute Nachrichten also für die Kantone? Nur bedingt. Denn die Parlamentarier bleiben skeptisch. Erst kürzlich hat sich der Luzerner Nationalrat Leo Müller (Mitte) gegenüber zentralplus zur finanziellen Lage des Bundes geäussert. Dass der Bund und die SBB auf die Bremse treten und Grossprojekte wie den Durchgangsbahnhof etappiert bauen wollen, interpretiert Müller als Zeichen, dass dem Bund womöglich die Mittel für den Bau in einem Stück fehlen (zentralplus berichtete).

Einen ähnlichen Verdacht hegte im Dezember des vergangenen Jahres bereits der Zuger Ständerat Matthias Michel. Er stellte dem Bundesrat mehrere Fragen zum Zustand des BIF und ob in Zukunft womöglich Finanzierungsprobleme für Projekte auftreten könnten.

Auch hier beruhigte der Bund und versicherte Michel, dass der Fonds gut gefüllt ist. «Die Herausforderung beim zukünftigen Ausbau und beim Substanzerhalt der Eisenbahninfrastruktur sind nicht in erster Linie fehlende finanzielle Mittel, sondern ist die planerische und technische Umsetzbarkeit bei laufendem Bahnbetrieb.»

Oder anders gesagt: An der Finanzierung soll der Luzerner Durchgangsbahnhof nicht scheitern.

Verwendete Quellen
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