Für neuen Veloweg in Neuheim

Kanton Zug bereitet Enteignung von Spitzenkoch vor

Das Restaurant «Hinterburgmühle» beim südlichen Ortsausgang von Neuheim. (Bild: Google Street View)

In Neuheim plant der Kanton Zug die Sanierung der Kantonsstrasse. Dafür braucht er allerdings das Land eines bekannten Kochs.

Wer mit dem Velo von Edlibach nach Neuheim fährt, lebt gefährlich. Denn die Edlibachstrasse verläuft bergab und in einer langen Rechtskurve. Weil es keinen markierten Veloweg und kein Trottoir hat, rasen hier täglich Velofahrer zwischen den Autos die Kantonsstrasse hinab.

Der Kanton Zug möchte die gesamte Edlibachstrasse bis ins Zentrum von Neuheim sanieren. Nicht nur wegen des fehlenden Velowegs, sondern auch, weil die Strasse in die Jahre gekommen ist. So steht es im kantonalen Strassenbauprogramm 2023–2030. Dabei will er unter anderem lärmarmen Belag verlegen (zentralplus berichtete).

4,5 Millionen Franken für Strassensanierung

Für 4,5 Millionen Franken will der Regierungsrat aktuell den Abschnitt vom Knoten Blatt bis zur südlichen Ortsausfahrt sanieren. Bergseitig soll ein Veloweg entstehen. Ausserdem will er beim Restaurant «Hinterburgmühle» den Ortseingang besser kennzeichnen, damit Autofahrer langsamer fahren. Wenn der Kantonsrat den Kredit beschliesst, beginnen die elfmonatigen Bauarbeiten im Frühling 2025.

Einer, der die Situation auf der Edlibachstrasse bestens kennt, ist Hanspeter Sidler. Er ist der Chef im Restaurant «Hinterburgmühle», das direkt an der Kantonsstrasse liegt. Mit 14 Punkten des Gastroführers «Gault-Millau» gehört es zu den besten Lokalen des Kantons (zentralplus berichtete). Die Situation vor seiner Tür sei brenzlig, sagt er zu zentralplus.

Zug leitet Verfahren zur Enteignung ein

«Die Autos sind hier wirklich sehr schnell unterwegs. Wenn ich sehe, wie die Velofahrer den Berg runterkommen», Hanspeter Sidler pausiert, «das ist wirklich gefährlich.» Als der Kanton ihn wegen seines Landes kontaktiert habe, sei er daher hellhörig geworden.

Denn der Kanton Zug braucht für den neuen Veloweg und die Sanierung Land, das ihm nicht gehört. Eine Meldung zur «Einleitung der formellen Enteignung» erschien jüngst im Amtsblatt. Darunter heisst es: «Der Kanton Zug hat die Schätzungskommission vorsorglich ersucht, das Enteignungsverfahren einzuleiten.»

«Mit den Grundeigentümerschaften konnten Übereinkünfte getroffen werden.»

Florian Weber, Zuger Baudirektor

Auf Anfrage beschwichtigt der Baudirektor Florian Weber. Enteignungen führe der Kanton nur durch, wenn keine Einigung mit den Grundbesitzern möglich sei. «Im vorliegenden Fall konnten mit den Grundeigentümerschaften solche Übereinkünfte getroffen werden», so Weber. Das bestätigt auch Hanspeter Sidler.

Der Gastronom wird dem Kanton 343 Quadratmeter seines Landes abgeben. Es befindet sich südlich des Landgasthofes am Hang gegenüber der Tankstelle. Acht weitere Grundbesitzer geben dem Kanton Teile ihres Landes – allerdings deutlich weniger als Sidler. Die Unterlagen zum Projekt liegen noch bis 18. Dezember beim Tiefbauamt und bei der Gemeinde Neuheim auf. Die Grundbesitzer könnten Einsprache erheben.

Sidler überlässt dem Kanton die markierte Fläche für einen Teil des Velowegs. (Bild: Google My Maps)

Hanspeter Sidler wird von seinem Recht zur Einsprache keinen Gebrauch machen. «Für einen neuen Veloweg gebe ich mein Land gerne ab», erklärt er. Zudem erhält er vom Kanton eine finanzielle Entschädigung. Rund 80 Franken pro Quadratmeter seien die Regel, sagt der Kanton über die Summe. Sidler wird also rund 27’000 Franken für seine 343 Quadratmeter Land erhalten.

Chef der «Hinterburgmühle» will Fussgängerstreifen

Der Gastronom ist mit der Entschädigung zufrieden. Nicht einverstanden ist er dagegen mit einer anderen Sache. «Ich hätte vor meinem Restaurant gerne einen Fussgängerstreifen gehabt. Der Kanton hatte dafür aber kein Gehör.» Denn Sidler beobachtet, dass ältere Gäste Probleme haben, die Kantonsstrasse sicher zu überqueren. Dort gilt Tempo 60.

Der Zuger Baudirektor sieht die Lage pragmatisch. Gegenüber zentralplus erklärt er, für einen neuen Fussgängerübergang brauche es «eine Frequenz von mindestens 100 Fussgängern in den 5 meistbegangenen Stunden des Tages». Diese Frequenz werde beim Gasthaus «Hinterburgmühle» nicht erreicht.

Auch die Unfallstatistik scheint nicht auffällig. In den letzten zehn Jahren gab es vor Ort fünf polizeilich registrierte Unfälle. Bei keinem der Vorfälle war ein Fussgänger beteiligt. Der Baudirektor empfiehlt Fussgängern daher lediglich, die Strasse mit Vorsicht zu überqueren. «Dieses bewusste Überqueren der Strasse ist gerade in Fällen geringer Frequenzen die sichere Variante.»

Verwendete Quellen
  • Auszug aus dem Protokoll des Gemeinderats Neuheim vom 12. Juni 2023
  • Einsicht in die öffentlich aufliegenden Unterlagen zur Strassensanierung
  • Schriftlicher Austausch mit Florian Weber, Baudirektor Kanton Zug
  • Telefonat mit Hanspeter Sidler
  • Eintrag im Amtsblatt Zug
3 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon