FCL-Heimspiele: Pulverfass Bundesplatz

Wieso die Luzerner Polizei Fans an der Zone 5 vorbeiführt

Hier, am Bundesplatz in Luzern, gibt es immer wieder Auseinandersetzungen von Fangruppierungen. (Bild: Emanuel Ammon / AURA)

Rund um die Heimspiele des FC Luzern gilt der Bundesplatz mit dem Fanlokal Zone 5 als neuralgischer Brennpunkt. Dennoch marschieren Gästefans regelmässig und in grosser Zahl genau dort vorbei. Doch die Luzerner Polizei hält an der Route fest – und erklärt sich.

«An meinem Kopf ist ein faustgrosser Stein vorbeigeflogen», erinnerte sich Luzerns Justizvorsteher Paul Winiker Anfang dieser Woche im Interview mit zentralplus an die heftigen Ausschreitungen rund um das Gastspiel des FC St. Gallen in Luzern zurück (zentralplus berichtete). Nach dem 1:1-Unentschieden war die Lage am Bundesplatz am Samstagabend vor zwei Wochen komplett eskaliert. Vom Tribschenquartier über die Langensandbrücke herkommend die Fans aus St. Gallen, vor dem Fanlokal Zone 5 die FCL-Fans. Und dazwischen die Polizei. «Sie befanden sich beim Bundesplatz in einem Sandwich», schilderte der Regierungsrat die Situation daraufhin.

Die Vorkommnisse vom 20. Mai bewegen die Gemüter. Die lokale und die nationale Politik diskutieren repressive Massnahmen, um der Fangewalt ein Ende zu setzen (zentralplus berichtete). Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob auch eine Routenänderung für Fanmärsche Ausschreitungen verhindern würde. So sagt Fabienne Fernandes, Fanarbeiterin des FC St. Gallen, gegenüber zentralplus: «Es ist offensichtlich, dass der Bundesplatz in Luzern ein neuralgischer Brennpunkt ist. Die Problematik dieses Orts ist allgemein bekannt und keine neue. Das zeigen auch Zwischenfälle aus der Vergangenheit.»

FCL schlug Prüfung einer Alternativroute vor

Die jüngsten Ausschreitungen zwischen St. Gallern und Luzernern sind fürwahr nicht die ersten ihrer Art. So lieferten sich FCB-Fans und Anhänger des FCL vor der Zone 5 am Bundesplatz im November 2022 eine Massenschlägerei (zentralplus berichtete). Die Fanarbeit Basel äusserte sich hernach kritisch: «Manchmal könnte man fast den Eindruck bekommen, die Polizei hätte ein Interesse am Erreichen der nächsten Eskalationsstufe» (zentralplus berichtete).

«Eine alternative Laufstrecke wurde abgeklärt, musste aber verworfen werden.»

Stefan Geisseler, STAV Stadt Luzern

Im Wissen um die ungünstige Lage des Fanlokals Zone 5 am Bundesplatz regte der FC Luzern im Vorfeld des Spiels gegen den FC St. Gallen die Prüfung einer Alternativroute an. Mediensprecher Markus Krienbühl erklärt: «Der FC Luzern war anhand von Vorgesprächen mit allen involvierten Parteien der Ansicht, dass eine Verschiebung der üblichen Marschroute angebracht wäre, um das Risiko eines Aufeinandertreffens der beiden Fanlager zu minimieren.» Entsprechend sei dies im Gesuch für den St. Galler Fanmarsch festgehalten worden.

Entscheid gegen Alternativroute

Zusammen mit der Luzerner Polizei ist die Dienstabteilung Stadtraum und Veranstaltungen (STAV) für die Planung der Fanmärsche verantwortlich. Die Stadt Luzern hätte sich ebenfalls eine andere Route gewünscht, sagt der stellvertretende STAV-Leiter Stefan Geisseler. «Doch in einer gemeinsamen Abwägung kamen die Luzerner Polizei und STAV unter Berücksichtigung der vorliegenden Fakten zum Schluss, dass dies nicht möglich ist».

«Es ist uns bewusst, dass der Standort der Zone 5 für gewisse Kreise provozierend sein kann.»

Christian Bertschi, Luzerner Polizei

Christian Bertschi, Chef Kommunikation und Prävention der Luzerner Polizei, erklärt: «Die Anregung des FCL wurde geprüft. Andere, alternative Routen vom Stadion zum Bahnhof würden Drittpersonen um ein Vielfaches stärker gefährden, und die Auswirkungen auf die Allgemeinheit stünden in keinem Verhältnis.» Konkret wäre für mögliche Alternativrouten die Komplettsperrung des Bahnhofs, die Sperrung der VBL-Busperrons auf dem Bahnhofplatz oder die Sperrung der Hauptverkehrsachsen Pilatusstrasse und Seebrücke nötig gewesen.

Stimmung bereits vor dem Spiel aufgeheizt

Auch rückblickend würde die Luzerner Polizei dieselbe Route wählen, so Bertschi. Dies habe mit der baulichen Situation am Bahnhof Luzern zu tun. Bis sich diese verändere, sei eine alternative Route nicht umsetzbar. Darum habe die Polizei die Route am 20. Mai auch dann nicht angepasst, als sie bemerkte, wie angespannt sich die Lage vor und während des Spiels präsentierte. Unter anderem hatte die Polizei Kenntnis von einer offenbar abgesprochenen Schlägerei zwischen den beiden Fanlagern in Wil SG am Matchtag.

Ohnehin sei nicht die Route das Problem, ist Christian Bertschi überzeugt: «Ursächlich für die Ausschreitungen war das Verhalten einiger Personen aus dem Fanumfeld.» Aus früheren Erfahrungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass es bei einer anderen Routenwahl keine Ausschreitungen gegeben hätte. Und: «Es ist uns bewusst, dass der Standort der Zone 5 für gewisse Kreise provozierend sein kann. Wie aber die Vorfälle in Wil aufgezeigt haben, suchen gewisse Fankreise offenbar ganz bewusst die Konfrontation. Nicht nur bei der Zone 5.» Ebenso klar: Der Kollateralschaden in Wil war um einiges kleiner.

Bauliche Massnahmen am Bahnhof in Prüfung

Die Luzerner Polizei wird also vorerst an der bisherigen Route via Bundesplatz festhalten. Ändern könnte sich dies, wenn rund um den Bahnhof bauliche Anpassungen vorgenommen würden. Christian Bertschi erinnert sich, dass die Idee eines Fanperrons für Gästefans beim Güterbahnhof vor Jahren nach intensiven Diskussionen von den zuständigen Stellen verworfen worden ist.

Das Projekt Fanperron könnte nun frischen Wind bekommen, bestätigte Christian Wandeler, Sicherheitsmanager der Stadt Luzern, kürzlich (zentralplus berichtete). Die Idee eines zentralplus-Lesers, die Gästefans am Bahnhof Kriens Mattenhof aussteigen zu lassen, scheint hingegen nicht umsetzbar. Die SBB antworten auf eine entsprechende Anfrage kurz und knapp: «Die vorgeschlagene Lösung wäre aus betrieblichen Gründen nicht umsetzbar.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Christian Bertschi, Chef Kommunikation und Prävention der Luzerner Polizei
  • Telefonat und schriftlicher Austausch mit Fabienne Fernandes, Sozialarbeiterin der Fanarbeit St. Gallen
  • Telefonat und schriftlicher Austausch mit Stefan Geisseler, stellvertretender STAV-Leiter
  • Schriftlicher Austausch mit Martin Meier, Mediensprecher der SBB
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