Teil 1: Die Furchteinflössenden

Gestank und Chromstahl-Horror: Stadtluzerner WCs im Check

Hat vermutlich Kultstatus: Das öffentliche WC bei der Bushaltestelle Maihof. (Bild: ida)

Das stille Örtchen gilt als Aushängeschild – und wird dennoch oft vernachlässigt. zentralplus ging auf einen Rundgang und hat besondere Toiletten herausgepickt. Im ersten Teil gibt’s semi-schöne WCs zu besichtigen.

Man sagt, WCs seien so etwas wie die Visitenkarte einer Beiz, eines Hauses – oder einer Stadt. Deswegen hat zentralplus einigen der 40 öffentlichen Toiletten der Stadt Luzern einen Besuch abgestattet. In einem ersten Teil präsentieren wir euch die kuriosesten, stinkigsten und furchteinflössendsten WCs dieser Stadt.

Maihof: Wo der Urin den Boden frisst

Zugegeben: Das öffentliche WC bei der Bushaltestelle Maihof hat was. Von aussen betrachtet jedenfalls. Innen offenbart sich das Grauen – zumindest in einem der beiden stillen Örtchen.

Tauglichkeit: 🌟🌟🌟🌟 / 5

Sowohl im Frauen- als auch im Herren-WC ist alles da, was man für einen soliden WC-Gang braucht. Das WC sieht standhaft aus, auch wenn die Stärke der Spülung durchaus dynamischer sein könnte. Die Seife riecht nach Rosen und Rosmarin. Abzug gibt’s, weil’s zumindest am Tag des Besuches nichts gab, um sich die Hände trocken zu reiben.

Wohlfühlcharakter: 🌟 / 5

Im Frauen-WC herrscht ein Hauch von Bordell-Romantik. Grund dafür ist das orange dämmernde Licht. Immerhin durch den Spalt bei der Tür drängt noch ein wenig Tageslicht rein – zugleich wächst damit die Gefahr, dass Fremde genau da reinlugen. Die WC-Spülung, die hier händisch mit einer Kette betätigt werden muss, gurgelt.

Hinter der Tür mit dem weissen Strichmännchen, das Hose und keinen Rock trägt, offenbart sich der Abgrund. Sprichwörtlich. Das Pissoir löst sich auf – vom Urin, der sich hier in den Boden frisst. Die Luft ist beissend und brennt in der Nase, auch der Würgereflex könnte sich hier melden. Und die drängendste Frage: Wie kommt man auf die Idee, an eine blutte Wand zu brünzeln?

Postkartenfaktor: 🌟/ 5

«Ich mag die Symmetrie», meinte ein männlicher Betrachter angesichts des geschickten Pissoir-Bildes – um immerhin ein paar löbliche Worte zu finden.

Bahnhof: Pissoir – der schlechtere Busch

Ein WC, das ganz ohne Spülung auskommt. Und ohne WC-Papier. Ohne Handtrockner, WC-Brille und ohne Tür. Alles, was es für einen WC-Besuch zu brauchen scheint, ist die Magie einer Pinkelrinne.

Tauglichkeit: 🌟🌟 / 5

Kollektives Pinkeln ist hier angesagt. Platz haben drei Männer. Zielen können muss man nicht wirklich, die Pinkelrinne ist gross genug und erlaubt es auch im betrunkenen Zustand, irgendwo hinzutreffen. Bei Verfehlungen gibt’s am Boden einen Abfluss. Für Sichtschutz ist gesorgt, dennoch ist die Lage sehr exponiert. «Es ist ein wenig wie ein besseres Gebüsch», sagt ein Rezensent und überlegt kurz. «Vielleicht ist es aber auch ein schlechteres Gebüsch.» Einen Extrapunkt gibt’s für den montierten Aschenbecher.

Wohlfühlcharakter: 0 / 5

Auf diesem Pissoir hat man wohl das Gefühl, mitten auf einem Perron zu stehen und bald von einem Bus überkarrt zu werden. Die Duftnote ist stark an Urin, Bier und Rauch angelehnt.

Postkartenfaktor: 0 / 5

Es sieht ziemlich räudig aus.

Inseli: Wo sich die Nostalgie breitmacht

Ob Cocktails bei der Buvette oder ein Schwatz bei den Männern in der Zwischennutzung «Universum» (zentralplus berichtete): Das Inseli ist im Sommer Treffpunkt vieler Luzernerinnen. Auch die WCs werden hier rege genutzt.

Tauglichkeit: 🌟🌟🌟🌟/ 5

Manche Besucherin hat dieses WC vermutlich stinkiger in Erinnerung, als es ist. Der Boden ist trocken, die Brünneli von Pfützen verschont und auch die WCs machen einen adretten Eindruck. Einziges Manko: Die WC-Schüssel kommt ohne Brille daher. Das heisst: Man setzt seinen Po auf frostiges Chromstahl. An heissen Sommertagen eine vielversprechende Abkühlung, in den Wintermonaten eher semi-angenehm.

Wohlfühlcharakter: 🌟🌟 / 5

Beim Inseli-WC öffnet man mehrere Türen, bis man sich für ein möglichst geruchsneutrales entscheidet. Das gedämmte Licht beruhigt, die schweren Chromstahl-Türen wiederum versetzen einen in Angst und Schrecken, ob man diese auch wieder öffnen kann. Es fehlt das gewisse Extra – man vermisst die früheren Kritzeleien, Blowjob-Angebote und Liebesgeständnisse. Diese hatten damals quasi Kultstatus und sorgten für amüsante Lektüre während der Sitzung. Heute sorgen die Chromstahl-Kabinentüren dafür, dass zumindest diese vor Kritzeleien verschont bleiben.

Postkartenfaktor: 🌟🌟 / 5

Nichts Besonderes, aber auch nicht so hässlich, dass man es bildlich festhalten müsste. Sagen wir: solide.

Ufschötti: Nix wie weg

Wohl jede Luzernerin hat schon einmal ihre Notdurft in den WCs bei der Luzerner Ufschötti verrichtet. Und würde es am liebsten kein zweites Mal tun.

Halten wir lieber nur von aussen bildlich fest: das WC bei der Ufschötti. (Bild: ida)

Tauglichkeit: 🌟🌟🌟🌟🌟 / 5

Jedes der Frauen-WCs hat seinen eigenen Mini-Abfalleimer. Dafür gibt’s einen Pluspunkt. WC-Papier gibt’s gestapelt, auch ein Knutwiler-Fläschchen finden wir hier vor.

Wohlfühlcharakter: 🌟 / 5

Beim Eintreten nimmt die Nase einen Geruch zwischen Sonnencrème, Aperol Spritz und Periodenblut auf. Auf dem Boden gibt’s mehrere kleine Pfützen und auch beim Brünneli hat sich ein kleiner See angesammelt. Die Ufschötti-WC-Anlage ist diejenige, bei der man erst einen Fuss in drei verschiedene WCs setzt, von Geruch und Blick angewidert auf das nächstbessere hofft und sich dann mit dem vierten zufriedengibt. In diesem WC werden wahrlich keine betrunkenen Whatsapp-Nachrichten an einen Crush verschickt, noch werden hier die nächsten Insta-würdigen Selfies geknipst. Dafür werden hier Freundschaften geschlossen. Ein beinahe ungeschriebenes Gesetz lautet: Man hält Fremden mit dem Ellbogen die Tür offen. Niemand berührt nach dem Händewaschen hier drin irgendwas.

Postkartenfaktor: 0 / 5

Wird vermisst.

Richard Wagner: Hier checkt man gar nichts

Im Grünen versteckt liegt das Kabäuschen beim Richard-Wagner-Museum. Und man ahnt gar nicht, dass dieses lediglich als Tarnung für das berühmt-berüchtigte silbrig galaktische WC dient.

Tauglichkeit: 🌟🌟🌟 / 5

Bei diesem WC wünscht Frau sich, die Fähigkeit zu besitzen, auch im Stehen zu pinkeln. Die WC-Brille ist nach oben geklappt, beim Versuch, sie nach unten bugsieren zu wollen, scheitert sie kläglich. Grund dafür ist der nicht funktionierende Knopf. Und der Ekel, in diesem WC nichts mit seinen nackten, unschuldigen Händen berühren zu wollen. Oder den nackten Po auf die eiskalte Chromstahlschüssel zu setzen. Klopapier, Seife, Abfall und Mini-Handföhn – hier ist ansonsten alles da, was es braucht.

Wohlfühlcharakter: 🌟🌟 / 5

Viele der öffentlichen Stadtluzerner WCs kommen in dieser Chromstahl-Galaxie-Optik daher – auch dieses hier. Wirklich heimelig ist es in diesen Mikrokosmen selten, aber für ein kurzes Geschäft reicht’s. Auch das Surren der Lüftung trägt zum Hochsicherheitstrakt-Feeling bei.

Postkartenfaktor: 🌟🌟 / 5

Aussen gliedert sich das WC-Häuschen gut in die Umgebung ein. Innen sei dennoch von einem WC-Selfie abgeraten.

Bahnhof: Chromstahlschüssel garantiert Treffsicherheit

Wer sich den 2-Fränkler für das bessere WC am Bahnhof sparen will, findet hier eine gratis Sitzgelegenheit. Und das mitten im Geschehen – beim Torbogen.

Tauglichkeit: 🌟🌟🌟🌟 / 5

Wieder eines dieses galaktischen WCs. Es ist ziemlich eng, für Klaustrophobe semi-geeignet. Wer im Stehen pinkeln will, ist klar im Vorteil, denn die grosse Schüssel generiert eine hohe Trefferquote. Wer sitzen will, musst die Angst überwinden, runterzufallen. Papier und Seife sind da – wer sich die Hände waschen will, muss dies draussen beim Brünneli tun.

Wohlfühlcharakter: 🌟🌟 / 5

Eine leichte Bierfahne des WC-Gängers von vorhin, ein bisschen Uringestank, hier fehlt es beinahe an nichts. Allerdings ist es nicht gerade angenehm, wenn halb Luzern sieht, wer gerade sein Geschäft verrichtet. Dafür herrscht hier eine hohe soziale Kontrolle.

Postkartenfaktor 🌟🌟 / 5

Von aussen ist das Ufo auf dem Bahnhofplatz neben dem historischen Torbogen wahrlich keine Augenweide. Aber Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters.

Hinweis: In einem zweiten Teil erfährst du, wo du deine Notdurft in geradezu fürstlichem Ambiente verrichten kannst.

Verwendete Quellen
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