70 Millionen wecken Begehrlichkeiten

So steht es in Zug um die Chancen für Gratis-ÖV

Der Grosse Gemeinderat debattiert nächste Woche über einen Vorschlag der ALG-CSP. (Bild: Andreas Busslinger)

Die ALG-CSP-Fraktion im Zuger Grossen Gemeinderat will, dass die Stadtbevölkerung ein Jahr lang gratis Zug und Bus im Kanton fahren kann. Die sonstigen Parteien haben aber völlig andere Vorschläge.

Satte 70 Millionen Franken betrug der Überschuss der Stadt Zug im vergangenen Jahr. So viel, wie noch nie zuvor (zentralplus berichtete). Der Stadtrat will das Geld ins Eigenkapital überführen. Damit könnte er Infrastrukturprojekte wie den Bau des neuen Herti-Schulhauses finanzieren. Doch dass eine solche Summe auch andere Begehrlichkeiten weckt, kann kaum überraschen.

Die Fraktion der ALG-CSP preschte vor zwei Wochen vor. Sie will einen Teil des Überschusses dafür verwenden, den Zuger ÖV ein Jahr lang für Stadtzuger gratis anzubieten (zentralplus berichtete). Konkret fordert sie in einer Motion, den Zugerpass-Plus (alle Zonen) der Bevölkerung ein Jahr lang gratis anzubieten.

«Was ist mit den Fussgängern? Was mit den Velo- und Autofahrern?»

Roman Küng, Fraktionschef der SVP im Grossen Gemeinderat

«Durch den freien Zugang können die Stadtzugerinnen und -zuger nicht nur die ausgewiesenen Vorteile des öffentlichen Verkehrs im Kanton Zug nutzen, auch wird dadurch das ausgezeichnete Angebot breiter bekannt und dadurch gestärkt», schreibt die Fraktion in der Motion. Die Bevölkerung habe es verdient, von diesem «aussergewöhnlichen Gewinnen spürbar profitieren zu können».

Parteien wollen Geld lieber für Infrastrukturprojekte ausgeben

zentralplus wollte wissen, was die anderen Fraktionen des Stadtzuger Parlaments von der Idee halten. Die SVP lehnt sie ab. Sie begründet ihre Haltung vor allem mit dem ihrer Meinung nach falschen Zeitpunkt. Die ALG-CSP wisse seit März vom Jahresergebnis, sie hätte entsprechend gleich danach einen entsprechenden Antrag stellen sollen, findet Fraktionschef Roman Küng. Oder alternativ während der Budgetdebatte im Dezember. «Hier ist er fehl am Platz.» Das Anliegen sei zudem unsozial. «Warum soll eine Bevölkerungsgruppe bevorzugt werden? Was ist mit den Fussgängern? Was mit den Velo- und Autofahrern?», will er wissen.

Die SVP findet es sinnvoll, den Überschuss ins Eigenkapital zu überführen, «denn es stehen gigantische Ausgaben an». Küng spricht damit Infrastrukturprojekte wie neue Schulhäuser und das geplante Schwimmbad an. Andere Parteien argumentieren ähnlich. Der SVP-Fraktionschef bringt aber noch andere Ideen ins Spiel. Eine davon: Die «ProZug»-Gutscheine für 100 Franken, die während der Pandemie verteilt wurden, wiederbeleben. «Das wäre dann für alle, nicht nur für einen Teil der Einwohner.»

GLP will mehr Ladestationen für E-Bikes und E-Roller

Für die FDP kommen «staatliche Hilfen nach dem Giesskannenprinzip und eine einseitige Bevorzugung einer Mobilitätsform nicht infrage», wie Vizefraktionschefin Maria Hügin erklärt. Der Jahresüberschuss solle primär in die Attraktivität der Stadt Zug investiert werden, allenfalls könnten die Steuern gesenkt werden, fügt sie an. «Die Stadt Zug wächst und entsprechend sind auch wichtige Infrastrukturprojekte geplant. Schulhäuser müssen gebaut werden, das Strandbad wird erweitert und die Stadtzuger Bevölkerung hat sich vor zwei Wochen für ein neues Hallenbad entschieden», gibt Hügin zu bedenken. Zudem solle die Kinderbetreuung ausgebaut werden.

«Vom Helikoptergeld weiss man, dass es die Inflation anheizt, was wir zurzeit besser unterlassen.»

David Meyer, GLP-Fraktionschef

Die Grünliberalen wiederum finden: «Was nichts kostet, ist nichts wert. Wir von der GLP finden den ÖV wertvoll, weshalb wir von einem Gratis-ÖV absehen möchten», sagt Fraktionschef David Meyer. Aus Gründen der Fairness sei der Vorschlag unpassend. Denn Velofahrer, GA-Besitzer, Handwerker und Lieferanten würden nicht davon profitieren.

Die Partei bringt andere Vorschläge ins Spiel, wie man den Überschuss verwenden könnte. Behindertengerechte und bewegliche Einstiegsrampen bei Busstationen beispielsweise. Oder ein «zügigerer Wechsel auf Elektrobusse oder mehr öffentliche Ladestationen für E-Bikes und E-Roller». Zudem könnte die Stadt, so die GLP, auf die «Ausdünnung» gewisser Buslinien verzichten.

Barausschüttungen als Helikoptergeld

Meyer spricht, wie die anderen Parteienvertreter, Infrastrukturprojekte an. «Eigentlich hätte die Stadt einen ganzen Stapel an Pflichtbauten, die sie bauen müsste.» Barausschüttungen pro Kopf und flächendeckendes Abgeben von Gratisleistungen sei wie das Verteilen von Helikoptergeld. «Von diesem Helikoptergeld weiss man, dass es die Inflation anheizt, was wir zurzeit besser unterlassen.»

Wie sich die SP und die Mitte zur Idee des Gratis-ÖV für sämtliche Stadtzuger stellen, konnte bis Redaktionsschluss nicht in Erfahrung gebracht werden. Doch es scheint, als ob die Forderung an der nächsten Sitzung des Grossen Gemeinderats vom 4. Juli einen schweren Stand haben wird.

Verwendete Quellen
  • Motion der ALG-CSP-Fraktion Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Roman Küng, SVP-Fraktionschef im Grossen Gemeinderat Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Maria Hügin, FDP-Vizefraktionschefin im Grossen Gemeinderat Zug
  • Schriftlicher Austausch mit David Meyer, GLP-Fraktionschef im Grossen Gemeinderat Zug
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