Entscheid führt zu Unsicherheit bei Gemeinden

Steuersenkung in Zug: Linke rennt erfolglos an

Im Kanton Zug sollen die Steuern gesenkt werden. Nicht alle finden das toll. (Bild: Unsplash/@towfiqu999999)

Der Zuger Regierungsrat will die Bevölkerung mit einer Steuersenkung entlasten. Dem Kantonsrat gefällt die Idee – den Gemeinden weniger.

Etwa fünf Jahre ist es her, seit der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler vor den Kantonsrat treten und mitteilen musste: «Wir haben alles versucht, um die Zitrone vernünftig auszupressen.» Es war eine Zeit, in der es schlecht stand um die Finanzen des Kantons.

Nun, fünf Jahre später, steht der Kanton offensichtlich an einem ganz anderen Ort. «Die Finanzlage des Kanton Zug ist hervorragend», erklärt Tännler am Donnerstag vor dem Kantonsparlament, das sich zu seiner nächsten Sitzung versammelt hatte, in deren Zentrum ein Geschäft stand: die Steuergesetzrevision im Kanton Zug. Oder, ein «Steuersenkungspaket», wie es SP-Kantonsrat Christian Hegglin bezeichnete.

Opfer des eigenen Erfolges

Zu den Gründen der Revision sagt Tännler: «Zum einen liegen verschiedene, zumindest teilerheblich erklärte Vorstösse vor, die eine Erhöhung der Abzüge für die Kinderbetreuung sowie eine Senkung der Vermögenssteuern fordern.»

Es sei nun am Regierungsrat, dem Rat ein entsprechendes Paket vorzulegen. Weil die Finanzlage des Kantons eben so hervorragend ist, plant die Regierung auch gleich, die Einkommenssteuern zu senken. Zudem sollen die aufgrund der Pandemie erhöhten persönlichen Abzüge nun unbefristet eingeführt werden.

Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Grund für die geplante, achte Steuergesetzrevision: die geplante OECD-Mindeststeuer. Wird die nationale Abstimmung im Juni angenommen, steigen die Unternehmenssteuern von heute 12 auf 15 Prozent. Der Kanton Zug hofft, mit Goodies wie Steuersenkungen und Abzügen als Wirtschaftsstandort weiterhin attraktiv zu bleiben.

Links gegen bürgerlich

Die politischen Fronten sind in dieser Frage klar, das zeigte sich auch am Donnerstag im Parlament. Kritisch äusserten sich ALG und SP. Sie haben wenig Verständnis dafür, dass die Steuern, die sowieso schon tiefer seien als überall sonst in der Schweiz, noch weiter gesenkt werden sollen, währendem die Wohnungsmieten im Kanton exorbitant hoch seien.

ALG-Kantonsrat Luzian Franzini sagte im Rat: «Ich habe gestern eine ältere Frau angetroffen. Sie hatte gerade einen Spendenbrief der Pro Senectute erhalten, bei dem es um Altersarmut im Kanton Zug ging.» Auf ihre Frage, was die Politik in dieser Angelegenheit tue, habe Franzini «so klar wie enttäuschend» geantwortet: «Nichts. Im Gegenteil, im Zuge der Sparpakete wurden die Unterstützungen für Vereine wie Pro Senectute gar gekürzt. Bis heute wurden die damaligen Sparbemühungen nicht rückgängig gemacht.»

Anpassungen, die dem Mittelstand wenig bringen?

Mit dem vorliegenden Paket werde der Mittelstand nicht entlastet, so Franzini. Von den Steuererleichterungen würde dieser nicht sonderlich profitieren. «Die wenigen hundert Franken, die eine Familie dadurch spart, werden in Nullkommanichts von den Mieten aufgefressen.»

«Wir sind steuertechnisch schon die Nummer 1, jetzt heizen wir noch einmal kräftig nach.»

Christian Hegglin, SP-Kantonsrat

Rückendeckung erhielten die Alternativen von der SP. Christian Hegglin dazu: «Wir übertreiben es. Wir sind steuertechnisch schon die Nummer 1, jetzt heizen wir noch einmal kräftig nach.» Um dann zu ergänzen: «So, wie dieses Paket jetzt daherkommt, wird sowieso das Stimmvolk darüber beraten.» Tatsächlich haben die Linken bereits angekündigt, das Behördenreferendum gegen die Steueranpassungspläne zu ergreifen mit dem Ziel, diese der Bevölkerung zur Abstimmung vorzulegen.

Der Rest der Parlamentarier kann sich sehr wohl mit dem Paket anfreunden. GLP-Fraktionschef Martin Zimmermann fand die Anpassungen «mehr als angemessen». Doch auch die Grünliberalen haben nichts dagegen, wenn letztlich das Volk über die Vorlage entscheidet.

Fabio Iten, Fraktionschef der Mitte, äusserte sich zu den linken Vorwürfen wie folgt: «Man könnte davon ausgehen, dass nur Steuerflüchtlinge und Expats von den tieferen Steuern profitieren. Aber wir dürfen die vielen KMU nicht vergessen, die ihr Bestehen hart erarbeitet haben und ebenfalls von den Steuersenkungen profitieren werden.» FDP-Fraktionschef Michael Arnold sah im Paket einen «gutschweizerischen Kompromiss».

Vermögens- und Einkommenssteuern sollen sinken

Letztlich hatten die Anträge von linker Seite an der ersten Lesung keine Chance. Diese versuchten, die Senkung der Einkommenssteuern zu verhindern respektive zu halbieren. Eine Mehrheit fühlte sich durch die Senkung der Einkommenssteuern um 15 Prozent jedoch in den politischen Werten verstanden. Die 15 Prozent sind ein Vorschlag der vorberatenden Kommission, die Regierung hatte im Vorfeld eine Senkung von 20 Prozent vorgeschlagen.

Neben der Einkommenssteuer sollen auch die Vermögenssteuern gesenkt werden. So sollen Ehepaare nicht mehr ab 200'000 Franken, sondern erst ab 400'000 Franken Vermögenssteuern zahlen. Das Vermögen von Einzelpersonen wird neu ab 200'000 und nicht mehr ab 100'000 Franken besteuert.

Wer Kinder fremdbetreuen lässt, erhält neu deutlich mehr Geld

Weiter werden die Kinderabzüge erhöht, von 50'000 auf 100'000 Franken pro minderjähriges Kind. Auch der Eigenbetreuungsabzug wird von 6000 auf 12'000 Franken erhöht. Zum Missmut der GLP, die fand, damit ginge der Anreiz für die Erwerbstätigkeit bei Eltern verloren. Dass der Fremdbetreuungsabzug künftig von 6000 auf 25'000 Franken angehoben wird, der Eigenbetreuungsabzug jedoch «nur» auf 12'000 Franken, stimmte hingegen SVP-Kantonsrat Thomas Werner unglücklich. Er unterstellte der Vorlage, das traditionelle Familienmodell zu benachteiligen. Die Anträge von Werner und GLP fanden im Parlament kein Gehör.

Dies im Gegensatz zum Kommissionsvorschlag, dass künftig Vereine, Stiftungen und gewisse andere juristische Personen nicht mehr nur bis zu einem Eigenkapital von 80'000 Franken steuerbefreit sind, sondern bis zu 200'000 Franken. Dieser Idee widersprach keine einzige Rätin. Im Juni, nach der Abstimmung zur OECD-Mindeststeuer, geht das Geschäft in die zweite Lesung.

Gemeinden: Tiefere Steuereinnahmen sollen kompensiert werden

Stünde die Revision des Steuergesetzes alleine da, käme das insbesondere bei den Gemeinden ganz schlecht an. Denn: Je tiefer die Steuern, desto tiefer die Einnahmen auf kommunaler Ebene. Die Einbussen wären teilweise enorm. Für die Stadt Zug würde die Umsetzung oben genannter Massnahmen einen Minderertrag von jährlich rund 21 Millionen Franken bedeuten.

Alles halb so wild, findet die Regierung. Sie will den Gemeinden im Gegenzug nämlich die NFA-Zahlungen erlassen (zentralplus berichtete). Die Gemeinden, etwa Menzingen und Neuheim, die gemäss Prognosen mit der geplanten Steuersenkung dennoch finanziell den Kürzeren ziehen, sollen durch einen sogenannten Solidaritätsbeitrag aufgefangen werden.

«Es ist sehr schwer zu erkennen, was die Steuereinbussen mittel- bis langfristig für die Gemeinden bedeuten.»

Urs Raschle, Zuger Finanzchef

Wird die nationale OECD-Abstimmung im Juni 2023 vom Stimmvolk angenommen, bedeutet das für den Kanton Zug Mehreinnahmen. Dieses Geld soll «im Sinne eines finanziellen Gesamtpakets» ausschliesslich dem Kanton zufallen.

Unsicherheit bei den Gemeinden

Trotz der Befreiung der Gemeinden von den NFA-Beiträgen an den Kanton und trotz Solidaritätsbeiträgen: Nicht alle Gemeinden fühlen sich im Hinblick auf die geplanten Veränderungen sonderlich wohl. So ist man auch in der Stadt Zug etwas verunsichert. Auf Anfrage äussert sich der städtische Finanzchef Urs Raschle wie folgt: «Wir begrüssen die Steuerreform im Grundsatz. Doch ist noch sehr schwer zu erkennen, was die Steuereinbussen mittel- bis langfristig für die Gemeinden bedeuten.» Dies insbesondere, da die Steuerbeiträge grundsätzlich volatil seien.

Gemäss Berechnungen des Kantons verliert die Stadt Zug durch die geplanten Steuersenkungen jährlich 19 Millionen Franken. Diese sollen durch die wegfallenden NFA-Beteiligungen von 19,7 Millionen Franken (gemäss Zahlen von 2022) aufgefangen werden.

Urs Raschle an seinem Arbeitsort, dem Zuger Stadthaus. (Bild: wia)

«Letztlich wissen wir nicht, was uns betreffend OECD-Mindeststeuer erwartet. Wir wissen im Falle einer Annahme nicht, ob und wie viele Firmen aus Zug wegziehen, weil es für sie woanders vielleicht günstiger ist. Wir wissen aber auch nicht, was bei einer Ablehnung passiert. Respektive, ob Firmen wegziehen, weil ihnen die Rechtssicherheit hier fehlt.»

Die Resultat aus der 1. Kantonsratslesung nehme Raschle zur Kenntnis. «Nun müssen wir analysieren, was dies konkret bedeutet. So gut wie wir das jedenfalls können mit den Parametern, die uns bereits bekannt sind. Genaue Zahlen kennt nämlich noch niemand.»

Verwendete Quellen
  • Besuch Zuger Kantonsratssitzung
  • Telefongespräch Urs Raschle
  • Unterlagen zur 8. Steuergesetzrevision
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