Zum Tod des Zuger Autors

Max Huwyler: «Wenn die Gegenwart von heute auf morgen keine mehr ist»

Der Zuger Schriftsteller Max Huwyler ist mit 91 Jahren friedlich eingeschlafen. (Bild: wia)

Der Zuger Lyriker Max Huwyler ist am Samstag verstorben, dies im Alter von 91 Jahren. zentralplus blickt auf das Leben und Schaffen des Autors zurück. Weggefährtinnen erinnern sich.

Max Huwyler ist nicht mehr. Wie aus Familienkreisen des Autors zu vernehmen ist, schlief der 91-jährige Zuger am Samstagmorgen in der Frühe friedlich ein.

Huwyler wurde am 6. Dezember 1931 in Zug geboren, wuchs am Höhenweg in der Oberstadt als Sohn eines Postbeamten auf, zusammen mit zwei inzwischen verstorbenen Brüdern. Eine Lehre als Kleinmechaniker bei der Landis & Gyr brach Huwyler noch in der Probezeit ab.

Ab ins Schulzimmer

Stattdessen beschloss er, Lehrer zu werden, besuchte das Lehrerseminar in Rickenbach Schwyz. Eine sehr konservative Welt sei das gewesen, meinte er einmal. Selbst für den überzeugten Katholiken Huwyler, der es als Ministrant in der Kirche St. Michael immerhin in den Rang des Weihrauchfassschwingers gebracht hatte.

Sein Wunsch, die Welt zu entdecken, trug ihn in den Jura, nach Dittingen. Damals war dieses «Kaff» noch bernisch, heute ist die Gemeinde Teil des Kantons Baselland. Hier im sanften Hügelland zwischen Basel und Delémont erlebte Huwyler eine wunderbare Zeit. Er reifte nicht nur als Pädagoge, sondern entdeckte auch seine Liebe zur Wortklauberei, verfasste erste Gedichte – nur um sie wieder zu verbrennen. Erst im Alter von 50 Jahren sollte sein erster Gedichtband publiziert werden.

«Max Huwyler weckte bei mir die Freude an Sprache und ihren Spielereien.»

Eine ehemalige Schülerin von Huwyler

25 Jahre verbrachte Huwyler im Kanton Zürich, arbeitete mitunter als Sekundarlehrer in Opfikon. Ebenfalls schrieb er am bekannten und viel genutzten Schullehrmittel «Welt der Wörter» mit. Eine ehemalige Schülerin, die beim Zuger Deutschunterricht erhielt, sagt: «Max Huwyler weckte bei mir in der Oberstufe die Freude an der Sprache und ihren Spielereien. Sein Unterricht war es, der mich damals dazu bewog, Buchhändlerin zu werden. Die Freude an der Sprache hält bis heute an.»

Nach Zug kehrte Max Huwyler später nicht zuletzt auf Ansinnen seiner Frau zurück. «Diese Zuger Meitli haben so eine Seesucht», meinte er in einem früheren Interview lakonisch dazu (zentralplus berichtete).

Max Huwyler steht für wortkarge Lyrik, die einfährt

Max Huwyler erlangte später als Dichter und Autor Bekanntheit, er widmete sich mitunter der Kinder- und Jugendliteratur, dem Theater und auch Hörspielen. Sein Steckenpferd blieb jedoch die Lyrik. Seine oft schalkhaften, pointierten Gedichte in Mundart oder Schriftsprache, für die er meist nur wenige Worte brauchte, hallen nach.

Es war Huwylers deklariertes Ziel, die kürzestmögliche Form zu finden. Auch wenn das nicht selten bedeutete, dass Entwürfe lange liegenblieben und erst Jahre später vollendet wurden.

Dennoch fanden unzählige Gedichte letztlich doch ihre Form. In den letzten vierzig Jahren entstanden mehrere Gedichtbände. Der letzte, «Ich habe ein Gedicht geträumt», erschien erst kürzlich bei Edition Bücherlese.

Darin zu lesen ist auch folgendes Gedicht:

leidbrief

was sagen

wenn ein leben

sich auf zwei zahlen reduziert

-

was wagen

wenn die gegenwart

von heute auf morgen keine mehr ist

-

was sagen

wenn ein name

nun etwas anderes meint

Für einige seiner Werke wurde Max Huwyler zu Lebzeiten ausgezeichnet, etwa mit dem Schweizer Jugendbuchpreis, dem SRG-Medienpreis oder aber der Zuger Kulturschärpe. Anlässlich seines 90. Geburtstags wurde das Schaffen Max Huwylers im Dezember 2021 im Burgbachkeller gewürdigt. Bei ihm sorgten Anlässe wie dieser nicht nur für Begeisterung.

Ratlosigkeit über die grosse Aufmerksamkeit

Ob bei Interviews oder im Zuge von Preisverleihungen und Würdigungen: Huwyler schien stets etwas ratlos darüber, warum man seine Person und sein Schaffen denn «an die grosse Glocke hängen» müsse.

Theres Roth-Hunkeler, die Präsidentin der Literarischen Gesellschaft Zug, erinnert sich: «Vor zwanzig Jahren traf ich Max Huwyler, den ich bislang ausschliesslich über seine Texte gekannt hatte, erstmals am Zugersee.»

«Ein Poet durch und durch.»

Theres Roth-Hunkeler, Präsidentin Literarische Gesellschaft Zug

Und weiter: «Seine Erscheinung die eines veritablen Dichters, Max in seinem Wesen und in seiner Art, auf die Welt und auf seine engste Heimat zu schauen, ein Poet durch und durch.» In seinen Gedichten habe er sich als Meister der Verknappung gezeigt, ein Lakoniker mit einem nachsichtigen Blick für Menschliches, einem unerbittlichen Blick für Ungerechtes und Lusches.

«Dabei bewegte er sich lyrisch in der Hochsprache und im Zuger Dialekt mit einer Sicherheit und einem Instinkt auch für politisch brisante Themen», so Roth-Hunkeler.

Als profunder Kenner der Region Zug und ihrer Geschichte habe er sich nicht gescheut, Missstände beim Namen zu nennen. «Dadurch war er für mich eine Art ‹poetisches Gewissen Zugs›. Was nicht heisst, dass er ein Lokaldichter war, sicher nicht.»

Einer, der den pointierten Austausch schätzte

Er sei wahrgenommen worden in der Schweizer Literaturszene, habe dort Freundschaften gepflegt, etwa mit Franz Hohler «und arbeitete schon mit Künstlern und Musikern zusammen, als das Wort ‹transdisziplinär› noch nicht in aller Leute Munde war». Ausserdem seien ihm der Austausch und die Debatten mit anderen Schreibenden jeden Alters wichtig gewesen. «Er hätte sie sich wohl oft pointierter und lauter gewünscht», so die Baarerin.

«Träume du nun weiter, wir leben weiter in der Gewissheit ‹Öppis isch immer›.»

Theres Roth-Hunkeler, Präsidentin Literarische Gesellschaft Zug

Als langjähriger Präsident der Literarischen Gesellschaft Zug habe Max Huwyler insbesondere bekannte Schweizer Autorinnen nach Zug gebracht. «Literaturvermittlung für ein Publikum jeden Alters lag ihm als Pädagoge und Autor am Herzen.»

«Lieber Max, dein allerletztes Gedichtbändchen trägt den Titel ‹ich habe ein gedicht geträumt›. Träume du nun weiter, wir leben weiter in der Gewissheit ‹Öppis isch immer›, wie ein anderer Lyrikband von dir heisst», sagt Roth-Hunkeler abschliessend.

Es hat sich ausgeschrieben

In seinen letzten Jahren schrieb der Stadtzuger immer weniger. «Ich muss niemandem mehr was beweisen», äusserte er sich ein Jahr vor seinem Tod gegenüber einem Kollegen. Vielmehr wollte er seine letzten Jahre geniessen, mitten in Zug, umgeben von seiner Frau und seiner Familie, zu der er eine sehr gute Beziehung pflegte.

«Ich bin in einem Alter, in dem es mir egal ist, was ausstirbt», sagte Max Huwyler bereits vor ein paar Jahren im Interview gegenüber zentralplus. «Ich gehöre ja auch dazu.» Es ist mitunter dieser Galgenhumor, welcher den Zuger Lyriker und Autor ausmachte.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Max Huwylers Sohn
  • Frühere Medienberichte
  • Schriftlicher Kontakt mit Theres Roth-Hunkeler
  • Schriftlicher Kontakt mit einer ehemaligen Schülerin
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