Infoscore mit fragwürdigen Inkassomethoden

Luzernerin gegen Geldeintreiber: «Nicht einschüchtern lassen»

Dicke Post von der Inkassofirma Infoscore? Kein Grund zur Panik, findet der Konsumentenschutz. (Bild: Adobe Stock)

Ein ziemlich gewöhnlicher Onlineeinkauf könnte eine Luzernerin ziemlich teuer zu stehen kommen. Infoscore stellt ihr horrend hohe Inkassokosten in Rechnung. Offenbar kein Einzelfall: Der Konsumentenschutz kennt die Inkassofirma bestens.

Die Luzernerin Sabine Gold* sieht sich mit Inkassokosten, Mahngebühren und Verzugszinsen von über 160 Franken konfrontiert. Dies, nachdem sie in einem Onlineshop für 120 Franken eingekauft und es versäumt hat, die Rechnung rechtzeitig zu begleichen. Auf die zweite Mahnung folgt plötzlich digitale Post von der Inkassofirma Infoscore.

«Die Mail sah extrem unseriös aus. Ich dachte erst, es sei ein Fake», sagt Sabine Gold. Infoscore fordert sie auf, die offene Forderung von 280 Franken zu bezahlen. 160 Franken mehr, als die Luzernerin im Onlineshop ausgegeben hat.

Unterirdische Google-Bewertung

Auf Google informiert sich Gold über Infoscore. Sie stösst auf Hunderte entrüstete Kommentare, die Google-Bewertung von 1,1 Sternchen – und einen Fake-Telefonbucheintrag. «Wir belästigen permanent Kunden mit ungerechtfertigten Geldforderungen», steht dort im Firmenbeschrieb der im zürcherischen Schlieren ansässigen Inkassofirma. Offensichtlich das Werk einer Person, die wenig vom Geschäftsmodell von Infoscore hält.

Sabine Gold tritt mit der Inkassofirma in Kontakt, will wissen, wieso sie nebst der Grundforderung von 120 Franken weitere 160 Franken zahlen sollte. Die Grundforderung begleicht sie. Und wartet auf die Erklärung von Infoscore.

Diese kommt in Form eines Kontoauszugs. Der Betrag von 280 Franken setzt sich einerseits aus der Grundforderung von 120 Franken sowie den Mahngebühren und Verzugszinsen von 20 Franken zusammen. Andererseits aber auch aus Inkassokosten von 140 Franken. Ist das noch legal?

So begründet Infoscore ihre Praxis

«Der Verzugsschaden ersetzt dem Gläubiger den aus dem Zahlungsverzug entstandenen Schaden», begründet eine Pressesprecherin von Infoscore die Erhebung von Inkassokosten.

Das Prinzip ist simpler, als es sich liest: Der Aufwand, den das Eintreiben von Geld verursacht, hat einen Preis. Und diesen soll die Schuldnerin zahlen. Darum fallen im Fall von Sabine Gold zuzüglich zu den Mahngebühren und Verzugszinsen auch Inkassokosten an.

Dies erlaube das Obligationenrecht, ist man sich bei Infoscore sicher. Und beruft sich zusätzlich auf den Schweizer Inkassoverband, Inkasso Suisse: «Als Mitglied hält sich Infoscore strikt an die Vorgaben des Verbands.»

Auf die Höhe der Inkassokosten angesprochen, verweist Infoscore auf eine Studie der Universität St. Gallen. In Auftrag gegeben hat diese der Schweizerische Gewerbeverband (SGV).

Konsumentenschutz warnt vor Infoscore

Fälle, wie denjenigen von Sabine Gold, kennt der Konsumentenschutz bestens. Dabei sei die Rechtslage nicht ganz einfach. «Die Hauptforderung zuzüglich Verzugszins ist geschuldet», erklärt Daniela Mauchle, Leiterin der Rechtsabteilung beim Konsumentenschutz.

Hingegen werde bei den Mahngebühren vereinzelt davon ausgegangen, dass die Festlegung dieser in den AGB unrechtmässig sei. Doch mehrheitlich würden Juristinnen davon ausgehen, dass die Erhebung von Mahngebühren rechtens sei, sofern der Betrag in den AGB festgelegt und nicht übermässig sei.

Inkassokosten – im Fall von Sabine Gold die 140 Franken – seien aber in den allermeisten Fällen nicht geschuldet, so Mauchle. Es komme denn auch höchst selten vor, dass Inkassounternehmen «nur» für die Inkassokosten ein Betreibungsverfahren einleiten würden. Sollte dies dennoch passieren, empfehle sie umgehend Rechtsvorschlag zu erheben und sich beim Konsumentenschutz zu melden.

Rechtsversicherung hat keine Lust auf Streit

Grundsätzlich sollten Betroffene sich nicht einschüchtern lassen und nur bezahlen, was tatsächlich geschuldet sei, schliesst Mauchle. Also die Grundforderung, Mahngebühren und Verzugszinsen. Aber keine Inkassokosten.

Sabine Gold wendet sich statt an den Konsumentenschutz an ihre Rechtsschutzversicherung. Diese scheint kein Interesse daran zu haben, sich wegen der 140 Franken auf einen mühseligen Rechtsstreit einzulassen. Stattdessen übernimmt sie die Forderung – und macht damit auch Infoscore glücklich.

*Name der Redaktion bekannt

Verwendete Quellen
  • Persönliches Treffen mit Sabine Gold
  • Schriftlicher Austausch mit der Kommunikationsabteilung von Infoscore
  • Schriftlicher Austausch mit Daniela Mauchle, Leiterin der Rechtsabteilung beim Konsumentenschutz
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8 Kommentare
  • Profilfoto von Peter Brun
    Peter Brun, 29.03.2024, 12:26 Uhr

    Achtung nicht das Inkassobüro ist schuld sondern die Firmen, die beauftragen. So ein deutscher Baumarkt, der 2 Rechnungen verschickt für dasselbe und im Kleingedruckten steht dann diese nicht bezahlen.
    Kein Problem, ich bestelle bei euch nichts mehr.

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    • Profilfoto von Roli Greter
      Roli Greter, 31.03.2024, 09:04 Uhr

      Achtung nicht die beauftragenden Firmen sind schuld, sondern die Personen die kaufen und nicht bezahlen.

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    Kasimir Pfyffer, 28.03.2024, 13:01 Uhr

    Diese luschen Inkassofirmen gehören verboten, denn ihre "Gebühren" und "Umtriebe" halten keiner Überprüfung stand. Gemäss Obligationenrecht muss der Mehraufwand nachvollziehbar, angemessen und belegbar sein. Wer Post von einem solchen Saftladen erhält, tue darum das Folgende: 1. Sofort die Originalforderung bezahlen (beim "echten" Schuldner, nicht beim Saftladen. 2. Beim Saftladen mit eingeschriebenem Brief kundtun, dass die Originalforderung bezahlt ist und man dem Saftladen höchstens den Verzugszins bezahlen wird. 3. Die pöbelnde bis drohende Antwort des Saftladens mit demselben Brief (wieder eingeschrieben) beantworten und den Saftladen darauf hinweisen, dass man im Fall einer Betreibung sofort Rechtsvorschlag erheben wird. Ebenso darauf hinweisen, dass man sich auf die Diskussion vor Gericht freut, denn es gibt keine gesetzliche Grundlage für den "Umtriebs"-Wucher. 4. Den weinerlichen Brief des Saftladens zur Kenntnis nehmen und warten. 5. Nach 6-7 Monaten zum Schluss kommen, dass das Saftladen-Modell nur funktioniert, so lange sich Leute einschüchtern lassen.

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    JL, 28.03.2024, 12:23 Uhr

    Ich werde zur Zeit von einer Deutschen Anwaltskanzlei mit Forderungen zugespamt für ein Abonnement, das ich abgeschlossen haben soll, was nachweislich nicht der Fall ist. Also, auf allfällige Zahlungsbefehle Recht vorschlagen. Dann ist diese Firma in Nachweispflicht, allenfalls betrieben werden kann ich nur an meinem Wohnort, daher würde der Aufwand dieser Kanzlei die Forderung massiv überschreiten. Nachrichten in den Papierkorb und abwarten.

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    Franz, 28.03.2024, 09:00 Uhr

    Dem Geldeintreiber (Inkassobüro) ist es egal, ob ihm Inkassokosten erstattet werden, sie sind einfach ein schönes Extra, sofern sie bezahlt werden. Das Geschäftsmodell des Inkassobüros ist die Provision, die er dem Gläubiger (Auftraggeber) verrechnet (20-25%). Der Geschädigte ist also der Gläubiger.

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    Roli Greter, 28.03.2024, 05:34 Uhr

    Die Rechnung nicht pünktlich zahlen und zwei Mahnungen ignorieren ist das eine. Sich danach in den Medien über inkassogebühren beschweren das andere. Muss man nicht verstehen.

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      Hanspeter Flueckiger, 28.03.2024, 09:37 Uhr

      Gebe ich Ihnen im Grundsatz recht. Da es sich hier jedoch um eine Geschäftsmodell handelt, welches dafür Provisionen verlangt, erachte ich diese Praxis als unlauter. Nur weil der Gläubiger zu faul ist, das Inkasso selbst zu betreiben, lagert er dieses aus. Notabene lagert dieser das Inkasso nicht von Anfang an aus, sondern nach der zweiten Mahnung. Deshalb sind solche Forderungen gar nicht zu bezahlen, da nicht dem Gläubiger ein Schaden (entgangene Provision) ist, sondern dem Inkassobüro .

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      • Profilfoto von Roli Greter
        Roli Greter, 28.03.2024, 21:05 Uhr

        Bin absolut ihrer Meinung, die Gebühren via Inkasso mit horrenden Gebühren einzutreiben gehört verboten. Dennoch lässt sich eine solche Situation ganz eifach vermeiden.

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