«Ich würde es wieder so machen»

Zuerst bauen, dann fragen: Oberwiler Wirt ärgert die Stadt

Das Zunfthaus Kreuz mit seiner Terrasse am Zugersee. (Bild: PD)

Ein Gastronom hat am Zunfthaus Kreuz in Oberwil ohne Bewilligungen gebaut. Mehrfach. Er erklärt, warum er es wieder tun würde und warum sein Konzept den «Nerv der Leute» trifft.

Ein unauffälliges Baugesuch erschien vergangene Woche im Zuger Amtsblatt, eingereicht von der «food, passion & fire AG». Dort aufgelistet sind drei Klimaanlagen, eine Beschattungsanlage und eine Verlängerung der Baubewilligungen für Grillstationen, eine Sunset-Bar und ein Vordach. Alles recht gewöhnlich, bis auf die letzten beiden Worte: «Bereits ausgeführt.»

In dem Baugesuch geht es um das Zunfthaus Kreuz in Oberwil, das Cristian Hollatz und seine Frau seit 2018 als Nachfolger des EVZ gepachtet haben (zentralplus berichtete). Zuvor war der gebürtige Engadiner schon im Restaurant Rigiblick im gleichen Ort aktiv. Mit modernen Konzepten, Live-Musik, Day-Dances und einem Smoker-Grill machte sich der gelernte Koch schnell einen Namen. Doch nicht alle jubelten.  

Bauen ohne Bewilligung

Denn Cristian Hollatz baut: ein Zelt, eine Terrasse, einen Pizzaofen, ein Vordach, eine Sunset-Bar, einen Steg und einiges mehr. Heute ist das Zunfthaus Kreuz zu einem lauschigen Ort mit Aussenbar, Grillecke und Sonnenschirmen am Zugersee geworden – Aperol Spritz zum Sonnenuntergang. Nur ein Problem gibt es: Cristian Hollatz baut ohne Bewilligung.

Wo früher ein Fussweg zur Badestelle Tellenörtli führte, stehen jetzt Tische. (Bild: Google Street View)

Vergangenen Sommer erhoben daher 16 Oberwiler Einsprache. Sie störten sich an einer nicht bewilligten Terrasse, an dem Rauch des Grills, dem Abfall nahe der Badestelle Tellenörtli und dem Lärm. Cristian Hollatz hielt dagegen und lancierte eine Petition für sein Lokal. Wenige Tage später hatten knapp 900 Unterstützer unterschrieben (zentralplus berichtete).

Jetzt ist der Fall am Zuger Verwaltungsgericht, schreibt das Stadtzuger Baudepartement auf Anfrage. Der Ausgang ist ungewiss. Und doch hat der Wirt schon wieder ohne Bewilligung gebaut. Im Baugesuch, das zurzeit öffentlich aufliegt, ist die Rede von einer Klimaanlage und einer Pergola. Ausserdem muss der Gastronom seine Bewilligungen verlängern.

Baubewilligung kommt und geht

«Im April haben wir nach einem jahrelangen Prozess für den Smoker, die Grillanlage und das Verschieben der Sunset-Bar eine Bewilligung erhalten», sagt Cristian Hollatz gegenüber zentralplus. Doch weil die Bewilligung auf vier Jahre befristet war, sei sie wegen des jahrelangen Prozesses nach zwei Wochen schon wieder abgelaufen gewesen. Nun müsse er erneut bei der Stadt eine Erlaubnis einholen.

Das Zunfthaus Kreuz gehörte bis 2003 der Stadt Zug. (Bild: Creative Commons license)

Für den Unternehmer ist das ärgerlich. «Wenn man vier Jahre auf eine Bewilligung wartet und die 15 Tage später ausläuft, hängt man als Unternehmen wieder in der Luft.» In der Gastronomie müsse man sich schnell den Kundenbedürfnissen anpassen können. Beim Zuger Baudepartement beobachte er aber eine «Trägheit» bei einfachen Sachen. «Da, wo ich herkomme, im Bündnerland, wird das einfacher gehandhabt.»

«Das Restaurant hätte nicht überlebt, wenn wir auf alle Bewilligungen gewartet hätten.»

Christian Hollatz, Pächter des Zunfthauses Kreuz

Als Gastronom brauche er die Sicherheit, dass Entscheidungen in einer gewissen Geschwindigkeit kommen und auch verlängert werden. Zudem habe er anfangs gar nicht gewusst, wofür er alles eine Bewilligung brauche. «Wir sind die Ersten auf der Welt, die einen Smoker als Baute eingeben mussten», ist sich Hollatz sicher.

Daher findet er, dass es richtig war, ohne Bewilligung zu bauen. «Das Restaurant hätte nicht überlebt, wenn wir auf alle Bewilligungen gewartet hätten.» Während Corona habe er den Smoker für Firmenanlässe gebraucht, ohne deren Umsätze es gemäss Hollatz brenzlig geworden wäre. «Nachdem ich weiss, wie lange die Stadt zum Entscheiden braucht, sage ich: Ich würde es wieder so machen.»

Der Wirt und seine Frau wollen bleiben

Das Baudepartement weist seine Vorwürfe zurück. «Es handelt sich nicht um ein Gesamtverfahren, das jahrelang gedauert hat, sondern um sich addierende Einzelbeurteilungen», heisst es auf Anfrage. Wegen der regen Bautätigkeit des Bündners hätten sich stetig neue «bewilligungspflichtige Tatbestände» ergeben. Nun aber gibt es Licht am Ende des Tunnels: «Mit dem jetzt aufliegenden Baugesuch ist erstmals eine Gesamtschau über alle Anlagen und Bauten eingereicht worden.»

«Der Erfolg gibt ihm recht und zeigt, dass er etwas für das Dorf macht.»

Andreas Blank, Verwaltungsrat der Gastro Oberwil AG

Wie es mit dem Zunfthaus Kreuz weitergeht, liegt jetzt in den Händen der Stadt. «Wir hoffen auf die nötige Unterstützung, um das Restaurant so zu behalten, wie es ist», sagt der Gastronom. Er und seine Frau seien in der Zuger Gastro-Szene gut aufgenommen worden. «Mit unserer Idee treffen wir den Nerv der Leute. Mittlerweile kopieren uns die Ersten, was ich sehr begrüsse.»

Im Vordergrund Sitzbänke und Tische, im Hintergrund eine Aussenbar. (Bild: Google Street View)

So sieht es auch Andreas Blank, Verwaltungsrat der Gastro Oberwil AG, der das Restaurant gehört. «Der Erfolg gibt ihm recht und zeigt, dass er etwas für das Dorf macht.» Dass dabei ohne Bewilligung gebaut wird, will Blank nicht kommentieren. «Es sind am Schluss seine Sachen, wir können ihn als Verpächter nicht einschränken.»

Das Dorf hat sich an ihn gewöhnt

Auch im Dorf haben sich die Wogen geglättet, fünf Jahre nachdem der Gastronom begann. «Er ist eben ein leidenschaftlicher Bauer, ein Pionier, wie im Wilden Westen», sagt Stefan Hodel, der für die ALG zwanzig Jahre im Zuger Stadtparlament sass. Seit der Wirt ein Veranstaltungskontingent habe, gäbe es auch keine Probleme mehr mit Lärm.

Nur bei den Wegen um das Haus laufe noch nicht alles rund, sagt Hodel als Präsident der örtlichen Verkehrskommission. «Auf dem Weg entlang des Ufers, also durch die Gartenwirtschaft, gilt ein öffentliches Wegrecht.» Diese Wege seien aber oft schwer passierbar. Mit Tafeln will der Ex-Gemeinderat künftig Fussgängern zeigen, dass sie am Ufer durch das Lokal laufen dürfen.

«Wir sind froh, dass sein Betrieb offen ist.»

Stefan Hodel, Präsident Verkehrskommission

Dass sich der Wind gedreht hab, zeige auch die aktuelle Ausgabe der «Oberwyler Zeitung». Dort gäbe es einen sehr wohlwollenden Bericht über den Wirt, erzählt Stefan Hodel. Auch wenn das Zunfthaus Kreuz eher von «Expats und Leuten aus der Stadt» besucht werde, wollen die Oberwiler Cristian Hollatz nicht missen. «Wir sind froh, dass sein Betrieb offen ist.»

Restaurant Rigiblick hat dichtgemacht

Denn ein Restaurant in Oberwil ist nicht selbstverständlich, das zeigt der Fall Rigiblick. Zwischen 2017 und 2020 war das Lokal unter der Führung von Cristian Hollatz noch erfolgreich, allerdings mit ähnlich «unorthodoxen Methoden» wie beim Zunfthaus Kreuz (zentralplus berichtete). Sein Nachfolger, der Luzerner Gastronom Philipp Röthlin, hatte weniger Erfolg. Nach zwei Jahren unter neuer Flagge ist das Restaurant Rigiblick diesen Frühling Konkurs gegangen (zentralplus berichtete).

Für Cristian Hollatz zeigt das Beispiel, dass er etwas richtig macht. «Wir sind die Ersten hier, die ihren Pachtvertrag verlängert haben.» Momentan endet sein Vertrag 2028, dann kann der Bündner entscheiden, ob er weitere fünf Jahre bleibt. Doch zuerst braucht er neue Bewilligungen. Auch wenn der Grill, die Pergola und die Klimaanlage schon lange stehen.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Cristian Hollatz, Wirt des Zunfthauses Kreuz
  • Telefonat mit Andreas Blank, Präsident des Verwaltungsrates von Gastro Oberwil AG
  • Schriftlicher Austausch mit dem Baudepartement Stadt Zug
  • Publikation im Amtsblatt
  • Vorstoss von Stefan Hodel im Jahr 2019
  • Stefan Hodel, Präsident der örtlichen Verkehrskommission und langjähriger ALG-Gemeinderat
  • Bauauflage für Unterflurcontainer
  • Petition von Cristian Hollatz
  • Artikel in der «Zuger Zeitung»
15 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon