Zu Besuch bei Kerlen und Klischees

Eine Tour durch Zuger Tattoo-Studios

Dieses Tattoo von Nadja Koss wurde an der Tattoo Convention in Gossau mit dem 1. Preis geehrt.

(Bild: zVg)

Der Sommer kommt. Und damit auch die Zeit, in der man sich in der Badi gegenseitig auf die Tattoos glotzen kann. Auch wenn bei Weitem nicht jede Tintenkunst eine Augenweide ist. zentralplus hat den Künstlern in Zuger Tattoo-Studios über die Schulter geschaut, über die Branche geplaudert und höchst intime Kundenbedürfnisse erfahren.

 

Es herrscht Konsens zwischen den verschiedenen Zuger Tätowierern. Vor fünf Jahren begann der richtige Tattoo-Boom. Und er hält bis heute an. Nicht zuletzt ist dies der Grund, warum die meisten Zuger Tattoo-Studios in dieser Zeitspanne gegründet wurden. Dass den Zugern die Lust an Tattoos in den nächsten Jahren vergeht, glaubt keiner der Studio-Betreiber.

Marco Andermatt von Skillpin Tattoo und Nadia Koss von Soulmarks Tattoo geben an, dass sie wohl locker noch expandieren und im Falle von Andermatt auch grössere Räume mieten könnten. Auf der Strecke bliebe da aber das Persönliche. Denn wie beide betonen, seien eine persönliche Atmosphäre sowie die Liebe zum Kunsthandwerk fundamental für ihre Arbeit.

Amateure auf dem Vormarsch

Und doch gibt es da eine Entwicklung, die den Profis Kopfzerbrechen bereitet. Amateur-Tätowierer sind auf dem Vormarsch. «Im Internet wird einem heute alles zugänglich gemacht», beteuert Koss. Maschinen aus China seien einfach zu bestellen, unzählige Youtube-Videos würden das Handwerk vermeintlich in nur wenigen Minuten erklären.

Ausserdem erwähnt «Jack», der Betreiber des Tattooshops Alpha, dass auch Deindeal-Gutscheine für 5-Tages-Tattookurse verbreitet seien. Das Resultat dieser Entwicklung sei laut Jack spürbar: «Mittlerweile kommen täglich Kunden zu uns, die ein Cover-up möchten. Ihre Tattoos sind verpfuscht und im schlimmsten Fall vernarbt, weil zu tief in die Haut gestochen wurde.»

Das Tattoo-Studio Soulmarks am Landsgemeindeplatz kommt im Vintage-Stil daher.

Das Tattoo-Studio Soulmarks am Landsgemeindeplatz kommt im Vintage-Stil daher.

(Bild: zVg)

Hakenkreuze sind tabu, Genital-Tattoos erstaunlich gefragt

Auf die Frage, welche Motive sie nie stechen würden, herrscht in der Szene zu grossen Teilen Einigkeit. Politische und vor allem rassistische Motive wie etwa Hakenkreuze sind bei allen Gesprächspartnern tabu. Nicht sonderlich beliebt bei einigen Tätowierern sind ausserdem Tattoos im Genitalbereich. Anfragen gäbe es hingegen offenbar genug, wie Jack bestätigt. Unter anderem habe ein Kunde sich ein Ferrari-Tattoo auf dem Penis gewünscht; worauf das Team von Alpha Tattooshop dankend ablehnte.

«Ein 18-jähriger Kunde wollte von mir eine Pistole auf den Hals tätowiert haben.»

Marco Andermatt von Skillpin Tattoo

Viele der Tattoo-Artists gehen zwar auf skurrile Kundenwünsche ein, setzen aber eigene Grenzen. «Ich hatte mal einen Kunden, der knapp 18 Jahre alt und arbeitslos war. Er wollte von mir eine Pistole auf den Hals tätowiert haben. Ich habe ihn weggeschickt – so etwas mache ich nicht, das wäre für ihn kaum vorteilhaft gewesen», meint Marco Andermatt, Betreiber von Skillpin Tattoo.

Er erzählt von seinem witzigsten Erlebnis als Tätowierer: Ein junger Mann habe sich eine Bauchtasche als Tattoo gewünscht, wobei der Riemen über die Brust und die Tasche auf den Rücken kommen sollte. «Als ich mit dem Riemen fertig war und die Linien für die Tasche gezogen hatte, ist der Typ hier nicht mehr aufgetaucht.»

Hier kann man sich in Zug unter die Nadel legen:

Zug ist ein kleiner Platz und auf den ersten Blick wohl kein Tätowierer-Mekka. Dennoch verstecken sich auf kleinem Raum doch einige Studios. Und sie alle haben sozusagen ihre eigene Handschrift.

Alpha Tattooshop

Das Studio von Gründer und Inhaber Jack und seinen Mitarbeitern Flo und Mumi an der Industriestrasse ist gross, hell und klischeebehaftet: Vintage-Möbel, ein Motorrad, überall Magazine. Man merkt: Hier arbeiten richtige Kerle.

«Mittlerweile kommen täglich Kunden zu uns, die ein Cover-up möchten.»

Jack vom Alpha Tattooshop

«Wir ziehen aber gerade um, daher ist es überall ein wenig chaotisch», meint der Chef. Am richtigen Ort ist hier, wer kein Mainstream-Tattoo möchte: Alle Tattoos seien grundsätzlich Unikate, jeder Kunde trägt ein Original. Spezialisiert haben sich die drei jungen Herren weiter auf realistische Motive und 3D-Tattoos. Obwohl Sie zu den jüngeren Tattookünstlern gehören, bringen sie schon eine Menge Erfahrung mit.

«Jack» vom Alpha Tattooshop findet besonderen Gefallen an diesen zwei utopischen Werken. 

«Jack» vom Alpha Tattooshop findet besonderen Gefallen an diesen zwei utopischen Werken. 

(Bild: zVg)

Skillpin Tattoo

Marco Andermatt ist das, was man sich unter einem typischen Tattoo-Artist vorstellt: Kinnbart, graue Kurzhaarfrisur, etliche Tattoos, Rocker-Aura. Diesen Eindruck unterstreicht auch das kleine, gemütliche Studio an der Stadtgrenze.

«Mir geht es nicht nur um Geld oder Massenabfertigung.»

Marco Andermatt, Skillpin Tattoo

«Ich sehe mich selbst als einen ‹Old-School›-Tätowierer: Ich habe ein kleines Studio, schätze das Persönliche und Freundliche. Mir ist das Kunsthandwerk wichtig, mir geht es nicht nur um Geld oder Massenabfertigung.» Wer sich zu Marco ins Studio begibt, sollte sich bewusst sein, dass dies nicht das letzte Tattoo gewesen sein wird. Fast alle, die bei ihm im Studio gewesen sind, kommen wieder. «Ich habe eigentlich fast nur Stammkunden», so Andermatt.

Marco Andermatt ist besonders stolz auf dieses Werk.

Marco Andermatt ist besonders stolz auf dieses Werk.

(Bild: zVg)

Soulmarks Tattoo & Piercing

Das Studio von Nadia Koss wurde 2004 eröffnet und ist damit das älteste in Zug. Neben der Gründerin arbeiten eine Receptionistin, ein Piercer und vier weitere Tätowierer am Landsgemeindeplatz – allerdings alle auf selbstständiger Basis. Die Räumlichkeiten sind über mehrere Stöcke verteilt, ein Studio verfügt über eine wunderbare Dachterrasse.

«Ich würde sagen, dass wir eines der schönsten Studios der Schweiz haben.»

Nadia Koss, Soulmarks Tattoo & Piercing

Die Einrichtung ist Vintage, an den Wänden hängen etliche Bilder und Skizzen. «Ich würde sagen, dass wir eines der schönsten Studios der Schweiz haben», meint Koss. «Kunden wählen uns aufgrund von tollem Kundenservice, jahrelanger Erfahrung und weil wir alle hier unseren Job mit Herzblut machen», ist sie sicher. Mit einem ihrer Kunstwerke holte sich die Dame den 1. Preis an der Tattoo-Convention in Gossau.

Dieses Tattoo von Nadja Koss wurde an der Tattoo Convention in Gossau mit dem 1. Preis geehrt.

Dieses Tattoo von Nadja Koss wurde an der Tattoo Convention in Gossau mit dem 1. Preis geehrt.

(Bild: zVg)

 

Unsere Liste der Tattoo-Studios ist nicht abschliessend. Bei weiteren Studios haben wir erfolglos angeklopft.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 20.03.2017, 17:25 Uhr

    alte Philosophie:
    cogito, ergo sum (ich denke, also bin ich)
    neue Philosophie:
    tattuum habeo, ergo sum (ich habe ein Tattoo, also bin ich)

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