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Wie der Ding zu seinem Namen kam

Ein Blog – was ist das?

Bloggen und dazu einen heissen Tee trinken macht Spass. (Bild: Pixabay)

Wöchentlich werden auf zentralplus Blogs publiziert. Was ein Blog ist, wissen wir alle. Aber haben wir uns schon mal Gedanken gemacht, von wo dieses Wort eigentlich kommt. Handelt es sich um ein Reisetagebuch, einen Begriff aus der Philosophie, ist es eine Kolumne oder eine Glosse? Oder ist es eine Neuschöpfung, die nicht auf einen älteren Begriff zurückgeführt werden kann? Bloggerin Franziska Greising macht sich Gedanken, wieso Texte wie dieser «Blog» genannt werden.

Was eigentlich «Blog» heisst, habe ich mich neulich gefragt. Ein Blog gilt gewissermassen als Kropfleerete. Als Klatschecke. Als Sorgenkrättli. Man plaudert im Blog schreibend über seinen Alltag und über alles, was einem durch den Kopf geht. Was einem zustösst, was anderen zustösst, was der Welt zustösst.

Was es mit der Bezeichnung «Blog» auf sich hat

Um das Wort aber  zu verstehen, habe ich mein Fremdwörterbuch zu Hilfe genommen, mein Variantenwörterbuch, das Grosse Wörterbuch Englisch-Deutsch, das Herkunftswörterbuch, den alten dicken Wahrig, Meyers Taschenlexikon und schliesslich die deutsche Rechtschreibung. Hier stiess ich endlich auf eine Erklärung: «Blog, das, auch der; -s,-s (engl.) (kurz für Weblog).» Irritierend dabei: Das fehlende zweite b – nicht wahr?

Ein Blog im Web müsste eigentlich Webblog heissen. Allerdings hat der «Duden» immer Recht, damit muss ich mich abfinden. Die Sache hat aber einen Haken. Mache ich aus dem Wort weblog zwei Wörter, kommen ein Web und ein Log dabei heraus. Ich muss ja beim Trennen die letzten zwei Silben separieren. Es handelt sich folglich beim Blog nicht um einen Blog, sondern um einen Log.

Logbuch und Logistiker

Der Log lässt mich ans Logbuch der Schifffahrt denken. Das ist ein Fahrtenbuch. Aus Sicht des Kapitäns. Der Log taucht jedoch auch in der Logistik auf, bei der es um «die Gesamtheit aller Aktivitäten eines Unternehmens» gehen soll, wie der «Duden» meint.

Anderseits kenne ich mehrere junge Männer, die Logistiker werden wollen, und als solcher werden sie mit einem Hubstapler Kisten und so weiter herumfahren. Sie werden Waren auf- und abladen, um sie von hier nach dort zu transportieren. Zum Beispiel bei der Post, am Flughafen oder bei jedem beliebigen Unternehmen. Sie werden dabei aber klar nicht die Gesamtheit aller Aktivitäten ihrer Firma zu bewältigen haben.

Ich hoffe zumindest, dass man sie damit in Ruhe lässt. Ich habe hingegen den Verdacht, als Logistiker fühlten sie sich wohler in ihrer Haut, denn als Hubstaplerfahrer. Dieses Fremdwort klingt schon so, als hätte man studiert. Aber was, bitte sehr, hat das mit meiner Klatschecke zu tun?

Was das Web meint

Selbstverständlich habe ich auch das Web konsultiert und Google nach dem Wort «Blog» befragt.

Es erschien eine Vielfalt von Bedeutungsmöglichkeiten auf meinem Bildschirm. Ich könne «gratis meinen erster Blog mit eigener Domaine erstellen», las ich da. Du hast richtig gelesen, sie nehmen es mit den vier Fällen nicht so ernst. Kann ich mich auf so jemanden verlassen? Der die vier Fälle nicht beherrscht? Immerhin kann ich bei ihm oder ihr kostenlos eine eigene Webseite erstellen, kann sie jederzeit ändern, brauche keine Programmierung und zahle keinen Rappen dafür. Sind da vielleicht die vier Fälle noch von Belang? Oder die Frage, was Blog denn eigentlich heisse?

Logos oder die Lehre

Ich erinnere mich, dass im Philosophieunterricht an der Volksschule vom Logos die Rede war. Und er wurde mit dem Wort oder dem Geist gleichgesetzt. Dem Geist unter anderem, der über den Wassern schwebt. Aber da kommen wir auf ein abgelegenes Gelände, wo wir leicht die Spur verfehlen und uns verlieren könnten.

Ein Text als stimmiges Ganzes

Ein Blog muss sich am Ende zu einem Ganzen runden. Wie jeder Text, denke ich. Ich kann willkürlich meine Einfälle zu Papier oder immerhin auf die Tastatur bringen, aber zum Schluss sollte alles in einer gewissen Logik zusammenstimmen. Liegt da vielleicht das Geheimnis verborgen?

Blog – Kolumne – Glosse

Ein Freund hat neulich gesagt, früher habe es «Glosse» geheissen oder «Kolumne». Das Wort Kolumne gehört zu den Wörtern aus anderen Sprachen, die wir seit Kindertagen kennen, ohne nachzudenken, von welcher Abstammung sie seien. Davon gibt es eine beachtliche Menge wie Zucker, Algebra, Kaffee usw., die aus dem Arabischen stammen.

Oder Trottoir, Quai, Parfum, die wiederum aus dem Französischen kommen. Wir haben sie zu einem Teil unseres Wortschatzes gemacht. Ich fragte den Freund, wodurch sich denn der Blog von der Kolumne oder der Glosse unterscheide. Er konnte keinen Unterschied nennen. Das beruhigte mich.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Ich war immer wieder im Zweifel, ob meine Blogs vielleicht besonders lustig, besonders verwegen oder wasweissich sein sollten. Jedenfalls anders als eine gewöhnliche Kolumne, anders als eine Glosse. Der Unterschied, so meinte der Freund, sei wohl der, dass der Blog im Web erscheine und man Teil der community werde.

Neue Wörter in den Wortschatz aufnehmen

Ich glaube, das erste der Wörter aus anderen Sprachen, das ich bewusst als solches erlernt hatte, war – Jahrzehnte vor Erscheinen des Worts Blog – das Wort Grapefruit. Ich war im Alter, in dem ein Kind täglich neue Wörter lernt, ohne diesbezüglich Fragen zu stellen. Bei uns gab es die Frucht ab und zu als Besonderheit am Sonntagmorgen zum Frühstück.

Das Wort Blog als fester Begriff im «Duden»

Mein Vater focht jedoch einen lebenslangen Kampf um die richtige Aussprache. Darum ist mir das Wort vermutlich ebenso klar wie fremd in Erinnerung geblieben. Die halbe Schweiz sagte damals «Greppfrüi», was ihn total nervte. Das Land war noch nicht so amerikanisch indoktriniert wie seit der Wende, und das Französische fruit lag uns im Grunde näher. Die Verdolmetschung unserer Sonntagsfrucht kümmerte niemanden.

Wieso will ich denn unbedingt das Wort blog oder bloggen verdolmetschen?

Im neuen «Duden» der deutschen Rechtschreibung hat es Aufnahme gefunden. Ohne Wenn und Aber. Ich muss mich damit abfinden, dass es ein Wort ist, das allen gehört und keiner Ausdeutung bedarf.

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