Komitee reicht Referendum ein

«So etwas wie der Freiruum wäre auch auf dem ZVB-Areal möglich»

Von links: Stadtschreiber Martin Würmli sowie Josef Kalt und Oliver Heiler vom Bürgerkomitee. (Bild: zvg)

Müsste auf dem Areal der Zugerland Verkehrsbetriebe mehr Wohnraum entstehen, als zurzeit vorgesehen? Ja, sagt ein Bürgerkomitee, welches das Referendum ergriffen hat. Ein Mitglied erklärt, was auf dem Areal alles möglich wäre.

664 gültige Unterschriften hat das «Bürgerkomitee gegen den Beschluss des Grossen Gemeinderats der Stadt Zug vom 3. Oktober» gesammelt. Dafür haben die Mitglieder keine drei Wochen gebraucht. Am Donnerstagvormittag haben sie die Unterschriften der Stadt übergeben.

Das Komitee fordert, dass der Bebauungsplan An der Aa, den das Stadtparlament Anfang Monat verabschiedete, angepasst wird. Denn die Komiteemitglieder finden, im Herzen der Stadt brauche es nicht mehr Büros, sondern Wohnungen (zentralplus berichtete). Die Urnenabstimmung findet am 3. März 2024 statt.

Worum geht es?

Bis 2035 wollen der Kanton und die Zugerland Verkehrsbetriebe (ZVB) auf dem ZVB-Areal eine neue Überbauung realisieren. Kostenpunkt: 190 Millionen Franken. Neue Räume für die ZVB, den Rettungsdienst und die Kantonsverwaltung sind genauso vorgesehen wie Büros und preisgünstiger Wohnraum (zentralplus berichtete).

Genau 100 Wohnungen, 40 davon im preisgünstigen Segment, sind im Bebauungsplan An der Aa festgehalten. Zu wenig, findet Oliver Heiler vom Bürgerkomitee. «Mitten in der Stadt, an zentralster Lage, hat das Areal An der Aa die niedrigste Ausnützungsziffer.» Der Politberater ist Mitglied der FDP und hat sich für das Referendum ins Zeug gelegt.

Komitee will Ausnützungsziffer erhöhen

Die Ausnützungsziffer ist das Verhältnis zwischen Grundstücksfläche und Bruttogeschossfläche. Je höher die Ziffer, desto mehr Raumfläche darf auf einem Grundstück gebaut werden. Auf dem 35’000 Quadratmeter grossen ZVB-Areal lautet die Ziffer 1,45. Das heisst, dass rund 50’000 Quadratmeter Geschossfläche gebaut werden darf.

Das ZVB-Areal liegt nahe der Gleise in der Zuger Innenstadt. (Bild: Google Earth)

Die Befürworter des Referendums wollen diesen Wert mehr als verdoppeln. «Die Ausnützungsziffer soll von 1,45 auf 3,5 erhöht werden, wodurch bis zu 800 bezahlbare Wohnungen, Restaurants, Läden, Kitas, Fitnessstudios und Alterswohnungen im Herzen von Zug entstehen können», heisst es in einer Mitteilung des Komitees.

Die ZVB reagiert

Anders sieht das erwartungsgemäss die Bauherrin ZVB. Auf Anfrage teilt sie mit, die Forderung des Referendums sei «unrealistisch und nicht nachvollziehbar». Als Bauherrin habe die ZVB keinen Einfluss auf die Ausnützungsziffer. «So, wie die Vorgaben heute sind, holen wir mit dem Projekt das Optimum heraus.»

Gleichzeitig fürchten die Verkehrsbetriebe nun eine Blockade ihres Projekts. «Realistischerweise bedeutet dies eine Verzögerung von Jahren, wenn nicht Jahrzehnten.» Oliver Heiler vom Bürgerkomitee hält das Argument mit der Verzögerung allerdings für eine Ausrede. «Wenn man mehr Wohnraum schaffen will, kann man das machen.»

Ein Leuchtturmprojekt für Zug

Doch was bedeutet es, auf dem gleichen Grundstück die doppelte Geschossfläche zu bauen? Wollen die Befürworter des Referendums im «Filetstück der Stadt Zug», wie der SVP-Gemeinderat Philip C. Brunner es einst bezeichnete, ein Hochhaus bauen?

«Wenn ich durch Zug laufe, frage ich mich oft: Wieso entstehen hier lauter Einheitspreishäuser?»

Oliver Heiler

Von einem Hochhaus sei nicht die Rede, erklärt Heiler. «Unsere Idee ist, auf der Werkstatthalle mehrere Wohngeschosse aufzustocken.» Dort stünde heute schon ein hellblaues Haus mit mehreren Stockwerken. Das neue Gebäude könne vielleicht sogar zum «Leuchtturmprojekt» für Zug werden.

«Wenn ich durch Zug laufe, frage ich mich oft: Wieso entstehen hier lauter Einheitspreishäuser?», erzählt Heiler. «Wieso haben wir keinen Bau von Norman Foster oder Peter Zumthor? Das Geld dafür wäre da.» Als Inspiration blickt er nach Rotkreuz zur Suurstoffi. Oder nach Mailand, zur Porta Nuova, einer der wohl innovativsten Überbauungen der Welt. «Das wäre eine Vision für die Stadt», sagt Heiler.

85 Wohnungen verteilt auf 21 Stockwerke befinden sich im Gartenhochhaus Aglaya.
85 Wohnungen verteilt auf 21 Stockwerke befinden sich im Gartenhochhaus Aglaya in Rotkreuz. (Bild: Andreas Busslinger)

Oliver Heiler erzählt, es sei nicht schwer gewesen, die 700 Unterschriften für das Referendum zu sammeln. «Wenn wir vor den Einkaufszentren Herti oder Metalli mit den Menschen sprechen, braucht es nicht viel Überzeugungsarbeit.» Alte Personen, junge Familien – sie alle würden unter der Wohnungsnot leiden. «Das Thema brennt den Leuten unter den Nägeln.»

Viele Befürworter für Referendum

Das zeigt auch das Abstimmungsverhalten zur Initiative «2000 Wohnungen für den Zuger Mittelstand». Die im Juni angenommene SP-Initiative fordert, dass bis im Jahr 2040 ein Fünftel der städtischen Wohnungen preisgünstig werden (zentralplus berichtete).

«So etwas wie der Freiruum wäre auch auf dem ZVB-Areal möglich.»

Oliver Heiler, Bürgerkomitee

«Ich bin für Wachstum. Wir brauchen das für den Wohlstand und die soziale Sicherung. Die Leute müssen hier aber nicht nur arbeiten, sondern auch leben können», sagt Heiler, der als Politberater lange in Bern tätig war. Er sagt, der Faktor Leben sei ein Manko der Stadt. «Zug lebt nicht.»

Heiler wolle, dass die Stadt am Wochenende nicht nur im Freiruum lebe, sondern in der ganzen Stadt. Mit einer Markthalle, Boulderhalle, Parkour-Zone, einem Trampolinpark und Kids-Corner ist der Freiruum eine der grössten Zwischennutzungen der Schweiz. Für das ZVB-Areal mit seiner Toplage, Seeanschluss und S-Bahn-Anschluss schwebt Heiler ähnliches vor. «So etwas wie der Freiruum wäre auch auf dem ZVB-Areal möglich.»

Verwendete Quellen
  • Website zur Ausnützungsziffer
  • Telefonat mit Oliver Heiler
  • Bebauungsplan An der Aa
  • Medienmitteilung des Bürgerkomitees
  • Medienmitteilung der Stadt Zug
  • Schriftlicher Austausch mit der ZVB
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