Präsidentin der Treuhänder zu dubiosem Geschäftsmodell

Erika Zobrist: «Darunter leidet der Ruf von uns allen»

Erika Zobrist ist Präsidentin der Zentralschweizer Sektion von Treuhand Suisse. (Bild: zvg)

Schwarze Schafe unter Zentralschweizer Bauunternehmern entziehen sich immer stärker der Kontrolle durch die Branche. Möglich machen das Treuhandfirmen, die Kontrollbehörden ins Leere laufen lassen. Im Interview distanziert sich Erika Zobrist, Präsidentin von Treuhand Suisse Zentralschweiz, von diesem Geschäftsmodell.

Sie tun nichts. Und machen damit der Branche das Leben schwer: Der Zentralschweizer Bausektor beobachtet immer stärker, wie sich windige Geschäftsleute vor Kontrollen und Sanktionen drücken, wenn es um die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrags geht.

Die schwarzen Schafe, so der Vorwurf, sollen immer öfter Treuhandfirmen vorschieben, die sie vor Kontrollbehörden wie paritätischen Berufskommissionen abschirmen. Indem sie nichts tun: Die Treuhänder reagierten nicht auf Schreiben, zögerten Fristen hinaus, reichten Unterlagen nicht oder nur unvollständig ein. Das Ganze mit dem Ziel, Zeit zu schinden, damit ihre Kunden möglichst lange ungestört arbeiten können. Seit fünf Jahren nehme das Phänomen zu, sagte Kurt A. Zurfluh, der Geschäftsführer der Zentralschweizer Baumeisterverbände, unlängst zu zentralplus.

Mehrere Zuger und Luzerner Treuhandfirmen stehen im Verdacht, dieses Geschäftsmodell zu betreiben. Gegen mindestens zwei Treuhänder ermitteln die Zuger Strafverfolgungsbehörden wegen Verdachts auf Vermögensdelikte. Solche Geschäfte würden den Ruf ihrer Branche schädigen, sagt Erika Zobrist, die Präsidentin der Zentralschweizer Sektion von Treuhand Suisse.

zentralplus: Frau Zobrist, mehrere Zentralschweizer Treuhandfirmen sollen unlautere Bauunternehmer vor der Kontrolle durch die Branche abschirmen. So würden die Treuhänder ihren Kunden Zeit verschaffen, mit teils maroden Firmen weiter Geschäfte zu betreiben. Das leiste auch dem Phänomen der Konkursreiterei Vorschub. Wussten Sie davon?

Erika Zobrist: Ich kann nur für unseren Verband sprechen. Aber hier kann ich ganz klar sagen: Als Treuhand Suisse, Sektion Zentralschweiz haben wir keine Kenntnisse, dass eines oder mehrere unserer Mitglieder in Machenschaften involviert sind, wie Sie sie schildern. Dass Beratungs- und Treuhandfirmen eine entscheidende Rolle in einem angeblichen Konkursreiterei-System spielen sollen, ist uns effektiv nicht bekannt.

«Wenn es Personen gibt, die sich mutmasslich unredlich verhalten, wirft das einen Schatten auf die ganze Branche.»

Erika Zobrist, Treuhand Suisse Zentralschweiz

zentralplus: Die Paritätische Kommission für das Hoch- und Tiefbaugewerbe hat vor allem zwei Unternehmen mit Sitz im Kanton Zug im Fokus. Beide sind nicht Mitglied in Ihrem Verband. Wie stehen Sie deren Geschäftsmodell gegenüber?

Zobrist: Wir distanzieren uns davon, und zwar in aller Form. Solche Geschäfte schaden dem Ansehen einer ganzen Branche. Auch wenn diese Unternehmer nicht Mitglied in unserem Verband sind, leidet der Ruf von uns allen. Das ist sehr bedauerlich. Schwarze Schafe gibt es leider immer wieder.

zentralplus: Woran liegt das?

Zobrist: Ein Grund kann sein, dass «Treuhänder:in» kein geschützter Berufstitel ist. Jede und jeder kann sich in der Schweiz Treuhänderin oder Treuhänder nennen. Wenn es dann Personen gibt, die sich mutmasslich unredlich verhalten, wirft das einen Schatten auf die ganze Branche. Daher wollen wir als Verband Kundinnen und Kunden bei der Suche nach seriösen Treuhandpartnern unterstützen und auf Qualitätskriterien aufmerksam machen, auf die sie achten sollten.

zentralplus: Zum Beispiel?

Zobrist: Die Mitgliedschaft in einem Verband. Das ist ein wichtiges Kriterium, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Wer sich für eine Mitgliedschaft bei Treuhand Suisse bewirbt, muss eine fünfjährige Berufserfahrung im Treuhandbereich aufweisen können. An Firmen stellen wir die Anforderung eines Eintrags im Handelsregister, einer Berufshaftpflichtversicherung und den Nachweis, dass sie über die notwendige Anzahl an qualifizierten Mandatsleitern im Verhältnis zu den beschäftigten Mitarbeitern verfügen. Und besonders wichtig: Bei uns wird nur Mitglied, wer nachweisen kann, dass gegen ihn keine Verlustscheine vorliegen. Wir verlangen also einen Betreibungsregisterauszug.

zentralplus: Kontrollieren Sie, ob Ihre Mitglieder die Aufnahmekriterien später noch erfüllen?

Zobrist: Ja, die Einhaltung wird regelmässig nachgeprüft und von unseren Mitgliedern bestätigt. Zusätzlich müssen sich unsere Mitglieder an zwölf Tagen innert drei Jahren weiterbilden. Werden dem Sektionsvorstand oder dem Dachverband darüber hinaus Verfehlungen eines Mitglieds bekannt und sollten sich diese als begründet herausstellen, kann das zu Sanktionen bis hin zum Verbandsausschluss führen.

«Hat eine Firma mehrere Namenswechsel hinter sich? Wechselt sie häufig ihr Domizil? Das sind alles Anzeichen, die einen stutzig machen sollten.»

Erika Zobrist

zentralplus: Worauf sollte man sonst noch achten, wenn man einen Treuhänder sucht?

Zobrist: Bei einer Firma empfiehlt es sich, den Handelsregistereintrag zu prüfen. Hat die Firma mehrere Namenswechsel hinter sich? Wechselt sie häufig ihr Domizil? Das sind alles Anzeichen, die einen stutzig machen sollten. Der Blick ins Handelsregister verrät auch, ob es die AG oder GmbH überhaupt gibt, als die eine Treuhandfirma auftritt. Und die verantwortlichen Personen sind ersichtlich. Auch schon deshalb lohnt sich der Blick ins Handelsregister.

zentralplus: Welche Verantwortung kommt einem Treuhänder, einer Treuhänderin überhaupt zu?

Zobrist: Er oder sie ist immer auch ein Berater. Es liegt in der Verantwortung des Treuhänders oder der Treuhänderin, Kunden auf Fehlverhalten, rechtliche Stolpersteine oder Konsequenzen hinzuweisen. Ist ein Treuhandunternehmen gewählte Revisionsstelle, geht die Verantwortung zudem noch deutlich weiter. Sollte sich herausstellen, dass sich ein Kunde unlauter verhält, kann die Zusammenarbeit immer beendet werden.

zentralplus: Heisst, ein Treuhänder hat ein Interesse, nicht mit Kriminellen in Verbindung gebracht zu werden.

Zobrist: Absolut. Unsere Mitglieder verpflichten sich, ihren Beruf gewissenhaft und sorgfältig auszuüben und dabei das Gesetz und den Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten. Es liegt im Sinne der Treuhänder, nicht in kriminelle Machenschaften verwickelt zu sein.

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