Vor wenigen Monaten tönte es noch ganz anders

CH Media stellt den «Anzeiger Luzern» ein

Der «Anzeiger Luzern» erscheint noch bis Ende Februar. (Bild: zvg)

Das Verlagshaus CH Media kündigt das Ende der Wochenzeitung «Anzeiger Luzern» an. Es bricht damit ein Versprechen vom vergangenen Herbst.

Dieser Tage werden bei der «Luzerner Zeitung» im Maihof Gespräche geführt, wer entlassen wird. Hintergrund: Im vergangenen November teilte das Verlagshaus CH Media mit, dass es aufgrund finanzieller Schwierigkeiten schweizweit 150 Stellen einsparen werde. 80 Personen würden die Kündigung erhalten. Die betroffenen Mitarbeiter erhalten die Hiobsbotschaft dieser Tage (zentralplus berichtete).

Wie zentralplus zu Ohren gekommen ist, soll die «Luzerner Zeitung», welche dem Verlag gehört, vergleichsweise glimpflich davonkommen. Ob das stimmt, konnte allerdings noch nicht verifiziert werden. Wie viele Mitarbeiter in Luzern tatsächlich entlassen werden, ist also noch unklar. Denn CH Media schweigt auf Anfrage von zentralplus dazu. Auch intern sei die Kommunikation kaum transparenter. Anscheinend werden aber die «Aargauer Zeitung» und das «St. Galler Tagblatt» mitsamt ihren Regionalausgaben vom Sparhammer stärker getroffen.

Vier Sätze besiegeln das Ende der 170-jährigen Geschichte

Was nun aber Tatsache ist: CH Media stellt den «Anzeiger Luzern» ein – per Ende Februar. Das schreibt der Verlag von Eigentümer Peter Wanner am Donnerstag in einer mit vier Sätzen äusserst kurz gehaltenen Medienmitteilung. Die Wochenzeitung, die eine Auflage von rund 69'000 Exemplaren verzeichnet und über Themen in der Stadt und Agglomeration Luzern berichtet, habe eine «ungenügende Wirtschaftlichkeit», schreibt der Verlag. Ebenfalls eingestellt wird der «Stadtanzeiger Olten». Für die drei Mitarbeiter komme ein Sozialplan zur Anwendung, einer habe die Kündigung erhalten.

Die CH Media macht mit der Einstellung des «Anzeigers», der auch das offizielle Mitteilungsblatt der Stadt Luzern ist, eine Kehrtwende. Im vergangenen September teilte der Verlag mit, die «Luzerner Rundschau» zu übernehmen. Diese gehörte bis dahin Christoph Blochers Swiss Regiomedia AG. Sie solle in den «Anzeiger» integriert werden. Konsequenz: Die «Rundschau» verschwand per Anfang 2024.

Weiterer Umsatzrückgang beim «Anzeiger»

Gleichzeitig versprach CH Media, diese «Konsolidierung» auf dem Markt Luzern sei eine Investition in die Zukunftsfähigkeit des «Anzeigers». Für die Mitarbeiter der Zeitung habe die Änderungen keine Auswirkungen (zentralplus berichtete).

Jetzt ist dieses Versprechen Makulatur.

Innerhalb zweier Monate verschwinden somit die beiden Luzerner Wochenzeitungen «Rundschau» und «Anzeiger».

CH-Media-Sprecherin Barbara Horak Lämmler sagt dazu: «Im Herbst gingen wir davon aus, dass wir mit der Integration der ‹Luzerner Rundschau› die Marktposition des ‹Anzeiger Luzern› stärken würden, und sich damit auch die Wirtschaftlichkeit deutlich verbessert.» Leider habe sich der Umsatzrückgang des «Anzeigers» im vierten Quartal 2023 weiter verschärft, und die erwarteten Erlöse aus der Integration der «Rundschau» hätten bei weitem nicht ausgereicht, um ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen.

Die «Luzerner Rundschau» erscheint seit Anfang dieses Jahres nicht mehr. (Bild: mst)

Petition unterstützt die Wochenzeitung

Derweil ist in Luzern eine Petition gestartet worden. Unter dem Titel «Ist Luzern eine Provinz-Stadt geworden?» sammelt ein – derzeit noch unbekanntes – Unterstützungskomitee aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport und Gewerbe Unterschriften, um den «Anzeiger» zu unterstützen.

«Nach über 170 Jahren Anzeiger Luzern braucht Luzern keine Wochenzeitung mehr?», fragen die Verantwortlichen. Es sei keine gute Idee, die Zeitung auf Ende Februar einzustellen, schreibt Bruno Gisi, freier Mitarbeiter des «Anzeigers».

Stadtpräsident findet deutliche Worte

Die Stadt Luzern zeigt sich in einer Stellungnahme «konsterniert» und «bestürzt». «Der Schritt überrascht sehr», heisst es in der Mitteilung. Stadtpräsident Beat Züsli (SP) wird in der Mitteilung aussergewöhnlich deutlich: «Wir sind schockiert von der Einstellung des Stadtanzeigers. Die Medienvielfalt in der Stadt Luzern wird weiter geschwächt. Zudem schmerzt uns sehr, dass wichtige Mitteilungen der Stadt Luzern zukünftig nicht mehr in den Briefkästen der Stadtluzerner Haushalte landen. Wir machen uns grosse Sorgen um den Medienstandort Luzern.» Und weiter: «Dass CH Media nach der Übernahme der Luzerner Rundschau dem Stadtanzeiger nicht mehr Zeit für eine positive Entwicklung gegeben hat, enttäuscht uns sehr.»

Was bedeutet das Aus für die amtlichen Mitteilungen der Stadt? Die Lücke lasse sich nur schwer füllen, schreibt sie. Der «Anzeiger» habe jede Woche wichtige amtliche Mitteilungen in alle Haushalte der Stadt hinausgetragen. Die Stadt werde die Haushalte weiterhin viermal im Jahr mit dem Stadtmagazin bedienen.

Hinweis: Der Artikel wurde mit einer Stellungnahme des CH-Media-Verlags ergänzt.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung des Verlagshauses CH Media
  • Medienarchiv zentralplus
  • Kennzahlen zum «Anzeiger Luzern»
  • Petition
  • Stellungnahme der Stadt Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Barbara Horak Lämmler, Mitarbeiterin der CH-Media-Unternehmenskommunikation
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