Tagelange Auswirkungen auf Flugreisen

Das bedeutet die Skyguide-Panne für deine Ferien

Peter Wild bei einem Flug von Zürich nach Spanien, kurz nach dem Abheben in Kloten. (Bild: plu)

Das gab es noch nie in der Schweizer Luftfahrtgeschichte: Die Flugsicherung Skyguide muss wegen einer Panne den gesamten Luftraum sperren. Und das wird auch in mehreren Tagen noch Auswirkungen haben.

«Ich kann mich nicht erinnern, dass sowas in den letzten Jahrzehnten je vorgekommen ist», sagt uns Peter Wild. Er ist nicht nur ein erfahrener Kapitän und Fluglehrer, sondern auch Lehrbeauftragter Luftfahrt bei der ETH Zürich.

Das Chaos nahm seinen Anlauf um vier Uhr Morgens. Zu diesem Zeitpunkt entdeckt die Flugsicherung Skyguide eine IT-Störung, bestätigt eine Sprecherin. Die Folge der Störung im Netzwerk: Die Flugsicherung muss den gesamten Luftraum über der Schweiz während mehreren Stunden sperren (zentralplus berichtete).

Eine Panne bei Skyguide, die eigentlich unmöglich ist

Beim Blick auf den Radar fühlt sich so mancher in die Pandemie zurückversetzt. Ausser ein paar Vögeln, die ihre Kreise über der Schweiz ziehen, ist der Luftraum leergefegt.

Bei der Schweizer Flugsicherung Skyguide ist es in den frühen Morgenstunden zu einer technischen Störung gekommen. Es fliegt kein einziges Flugzeug über Luzern und Zug. (Bild: Screenshot Flightradar24) (Bild: Screenshot Flightradar24)

Dass es bei der Skyguide zu einem solchen Ausfall kommen kann, ist eigentlich praktisch unmöglich. Peter Wild erklärt, dass es in der Luftfahrt immer mindestens einen Plan B gibt. «Es ist sehr überraschend! Denn Skyguide ist gut abgesichert für einen Ausfall. Es gibt Notfall- und Backup-Pläne, die greifen sollten.» 

Dass diese Sicherheitsnetze an diesem Mittwoch nicht funktioniert haben, ist für Peter Wild ein schlechtes Zeichen: «Das zeigt, wie gravierend dieser Fall gewesen sein muss.» Dass es bei einer Flugsicherung zu einem Ausfall kommt, hat es schon gegeben. «Ich kann mich erinnern, dass es in Marseille vor einiger Zeit einen Ausfall gegeben hat.» Dies war allerdings eine lokale Geschichte und betraf nicht gleich ein ganzes Land wie im aktuellen Fall. «Weil die Schweiz sehr kleinräumig ist, ist halt schnell das ganze Land betroffen», sagt der Kapitän.

Alles wieder gut? Nein! Die Panne beschäftigt wohl noch länger

Die Panne hat weitreichende Konsequenzen. Dies reicht von Passagieren, die nun an den Schweizer Flughäfen festsitzen bis hin zu globalen Verspätungen von Flügen, die unseren Luftraum überqueren wollten. «Ein Kollege von mir war mit der Langstrecke unterwegs und musste mit seinen Passagieren in Mailand landen», sagt Kapitän Peter Wild. Mailand statt Zürich – was romantisch klingt, ist für die Betroffenen wohl nicht sehr lustig.

Die grosse Panne von Skyguide scheint zwar um 10 Uhr behoben zu sein. Auch der Flughafen Zürich hat grundsätzlich gute Nachrichten.

Allerdings zeigt dies nur die halbe Wahrheit. Durch die Sperrung kam es vor allem auf den Langstrecken zu Ausfällen und massiven Verspätungen. «Das zieht jetzt einen Rattenschwanz an Konsequenzen mit sich. Die Langstrecken brauchen wohl einige Tage, bis sich das Ganze wirklich wieder normalisiert hat», meint Wild. Die gestrichenen und verspäteten Flüge müssen irgendwie wieder in den Flugplan eingegliedert werden.

Diese Rechte haben die Passagiere nach der Skyguide-Panne

Als Passagier hast du verschiedene Rechte, die dich bei einem Ausfall schützen. Wie das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) gegenüber SRF bestätigt, sind die Fluggesellschaften verpflichtet, Passagiere angemessen zu betreuen und einen Alternativtransport anzubieten.

Dort greift auch eine EU-Verordnung. Diese kommt zum Tragen, wenn du einen Flug mit Umsteigen gebucht hast, dann aber den Anschluss wegen Verspätung verpasst. Durch diese Verordnung bekommst du eine finanzielle Entschädigung. Allgemein gilt: Wenn du deine Fluggastrechte wahrnehmen willst, musst du dich bei der Airline melden. Oder du gehst über den Reiseveranstalter, bei dem du gebucht hast.

«Der Einfluss von dieser Panne ist enorm. Es ist eine gröbere Geschichte.»

Peter Wild, Pilot und Fluglehrer

Apropos Reiseveranstalter: Nicht nur für die Airlines, sondern auch für die Reisebüros war es ein anstrengender Morgen. Beim Reiseunternehmen Kuoni, das unter anderem Reisebüros in Luzern und Zug betreibt, liefen die Telefone heiss.

«Kuoni hat einige Anfragen erhalten. Wir freuen uns für die grosse Mehrheit der betroffenen Kundinnen und Kunden, die ihre Reise – möglicherweise mit einer Verspätung von einigen Stunden – antreten können», sagt Mediensprecher Markus Flick. Wer nun doch am Boden bleiben musste, könne hoffen. Denn: «Airlines zeigen sich bei solchen Fällen erfahrungsgemäss sehr kulant. Sorgen zu gestrichenen Flügen ohne Ersatzlösung sind unbegründet», sagt Flick.

Luftraumsperrung kommt Skyguide teuer zu stehen

Für Skyguide wird dieser Ausfall mehrere Konsequenzen haben. «In einem solchen Fall kommt auch das Bazl als Aufsichtsorgan ins Spiel», erklärt Wild. Das Bundesamt wird die Panne genau unter die Lupe nehmen. «Das gibt zuerst Untersuchungen und dann Massnahmen, die verhindern sollen, dass sowas nie mehr passiert», erklärt der Kapitän.

Die Fluggesellschaften haben an diesem Morgen sehr viel Geld verloren. Und dieses wollen sie wohl auch wieder sehen. Peter Wild vermutet, dass nicht nur von Schweizer Airlines Forderungen kommen könnten. «Der Einfluss von dieser Panne ist enorm. Es ist eine gröbere Geschichte.» Klagen gegen die Flugsicherung scheinen programmiert zu sein.

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