Kabine der Schiedsrichter verwüstet

Eklat bei Luzerner Amateur-Derby: Abbruch wegen Vandalismus

Der Präsident des SC Obergeissenstein, Raphael Weltert, bedauert den Vorfall. (Bild: zvg)

Aufregung im Luzerner Regionalfussball: Das Derby zwischen dem SC Obergeissenstein und dem Luzerner Sportclub musste abgebrochen werden. Die Schiedsrichter fühlten sich nicht mehr sicher auf dem Platz.

Hitzig war am Samstag auf dem Rasen der Sportanlage Wartegg nicht nur das Wetter. Die Zweitligisten SC Obergeissenstein (SCOG) und der Luzerner Sportclub (LSC) lieferten sich ein Stadtluzerner Derby. Der Kampf dabei wurde hart geführt: Noch in der ersten Halbzeit zückte der Schiedsrichter eine Rote und zwei Gelb-Rote Karten in Richtung des Teams vom Hubelmatt. Der LSC musste fortan zu acht spielen. Aber nicht für lange.

Denn nach der Pause habe der Schiedsrichter die Partie beim Stand von 2:0 abgebrochen, wie Leserreporter und das Fussballportal «Regiofussball» berichten. Jemand habe in der Schiedsrichterkabine gewütet, weshalb sich die Spielleiter nicht mehr sicher fühlen würden.

Verbandspräsident bezeichnet Vorfall als «unterste Schublade»

Dem Innerschweizer Fussballverband (IFV) sei der Vorfall bekannt, wie Präsident Markus Berwert auf Anfrage sagt. Brechen Schiedsrichter Spiele ab, müssen diese jeweils umgehend den Verband informieren. Das Schiedsrichtertrio habe erzählt, dass ihre Taschen durchwühlt worden und Dinge überall verstreut gewesen seien, auch in der Dusche. Berwert wählt dafür deutliche Worte: «Da wurde Vandalismus betrieben. Das war ein Angriff gegen die Integrität ihrer Person.»

Unbekannte liessen ihren Frust in den Kabinen des SC Obergeissenstein aus. (Bild: zvg)

Die Schiedsrichter hätten sich danach kurz beraten und seien zum Schluss gekommen, dass sie psychisch nicht mehr in der Lage seien, das Spiel weiterzuführen. «Als Verbandspräsident habe ich dafür absolutes Verständnis. Ich setze das gleich, wie wenn jemand dem Schiedsrichter auf dem Platz etwas angetan hätte. Das wäre auch ein Abbruch.» Alles in allem sei der Vorfall «unterste Schublade». Zwar gab es in der Juniorenliga bereits einen Vorfall, bei dem Unbekannte in der Schiedsrichterkabine wüteten. In der zweiten Liga jedoch noch nie, wie Berwert sagt.

Täter sind unklar

Wer es war, ist unklar. Dem Verband lägen keine Beweise oder Anhaltspunkte vor. Der IFV habe deswegen beide Vereine um Stellungnahme bis spätestens Mittwoch gebeten. Anschliessend tage der Strafausschuss des Verbands. Welche Konsequenzen das haben werde, sei derzeit noch unklar. Sollten die Vandalen aus den Reihen oder dem Umfeld des LSC stammen, würde dieser den Match verlieren und die Konsequenzen tragen müssen.

Finde sich kein Schuldiger, trage der Heimverein SCOG die Konsequenzen, da die Kabinen für jedermann offen gestanden hätten. Grundsätzlich seien nämlich die Vereine für die Sicherheit auf ihren Plätzen und während den Spielen verantwortlich. Hier würde der Verband Bussen von 150 Franken aufwärts verhängen. Dabei betont Berwert: «Finanzielle Bussen lösen die Probleme meistens nicht. Man müsste die schuldigen Personen aus dem Fussballverkehr ziehen. Aber dafür müsste man sie kennen. Und teilweise kommen sie nicht mal aus dem Fussball.»

Weiteres könne der Verband jedoch nicht sagen, da dieser noch die Stellungnahmen der Vereine abwarte und es sich um ein laufendes Verfahren handle.

Vereine bedauern Vorfall

Die Vereine halten sich zum Samstag bedeckt. LSC-Präsidentin Sevim Irmak sagt auf Anfrage, für eine Stellungnahme sei es noch zu früh. Zuerst treffe sich die Vereinsführung mit dem Präsidenten des SCOG, um den Vorfall aufzuarbeiten. Über sein Instagram-Profil schreibt der Verein jedoch: «Der LSC bedauert diesen Vorfall und distanziert sich von solchen Aktivitäten.»

Auch Raphael Weltert, Präsident des SC Obergeissenstein, sagt auf Anfrage: «Wir bedauern, was passiert ist.» Der Verein nehme gegenüber dem Verband noch Stellung. Zudem treffe er sich zum Austausch mit der Vereinsführung des LSC. Da jedoch noch vieles unklar sei, möchte er noch nicht mehr sagen.

Wie Weltert auf Nachfrage erklärt, stünden beim SCOG während der Spiele jeweils sowohl Mannschafts- als auch Schiedsrichterkabinen offen. Wertsachen nähmen die Personen jeweils mit oder gäben sie beim Vereinsbeizli ab. Aber falls gewünscht, würden sie die Kabinen jeweils schliessen. Bisher sei jedoch noch nie etwas passiert, wie Weltert betont.

Aggressionen gegen «Schiris» kein neues Problem

Der Vorfall auf der Wartegg reiht sich in eine Reihe jüngerer Vorfälle, bei denen Schiedsrichter im Amateurfussball von Spielern oder Zuschauer angegangen worden sind. Der Verband erhalte vermehrt Rückmeldungen, dass die Unparteiischen nach Entscheiden verbaler Aggression ausgesetzt seien (zentralplus berichtete).

Zwar betont Berwert, dass es sich dabei um Einzelfälle und einzelne Spiele handle. Trotzdem hat es entsprechende Konsequenzen: «Wir hatten auch schon Fälle, bei denen Schiedsrichter gesagt haben, ‹nein, das gebe ich mir nicht mehr›.» Sehr zum Nachteil des Verbandes, der wie viele andere Verbände punkto Schiedsrichter nicht auf Rosen gebettet sei. «Jeder Schiedsrichter, der wegen eines solchen Vorfalles aufhört, fehlt uns.»

Umso wichtiger sei es darum, dass der Verband den Schiedsrichtern Sorge trage. Mit verschiedenen Projekten versuche der IFV, mehr Schiedsrichter zu finden und generell die Bedingungen für sie zu verbessern. Damit trotz einzelner Chaoten auch künftig Schiedsrichter mit auf den Platz laufen. So beispielsweise, wenn der LSC am Mittwoch gegen den FC Escholzmatt-Marbach spielt. Oder der SCOG am Samstag gegen den FC Küssnacht.

Verwendete Quellen
  • Schilderungen eines Leserreporters
  • Artikel auf «regiofussball.ch»
  • Telefonat mit Markus Berwert, Präsident Innerschweizer Fussballverband
  • Telefonat mit Sevim Irmak, Präsidentin Luzerner Sportclub
  • Telefonat mit Raphael Weltert, Präsident SC Obergeissenstein
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