Entlebuch

Neue Missbrauchsvorwürfe gegen ehemaligen Pfarrer

Der aktuelle Entlebucher Kirchgemeindepräsident Pius Hofstetter sagt, der Kirchenrat sei sehr betroffen. (Bild: Screenshot Google Maps)

Ein Entlebucher Pfarrer soll in den Sechzigerjahren Kinder dazu genötigt haben, sich untenrum auszuziehen. Dann soll er ihnen Schläge verpasst haben. Ein Betroffener geht damit an die Öffentlichkeit.

«Hinter einer schalldichten Doppeltüre musste ich die Hosen und Unterhosen hinunterlassen und mich an seinem Arbeitstisch nach vorne beugen. Mit seiner nackten Hand hat er x-mal kräftig auf meinen nackten Hintern geschlagen», schreibt der Entlebucher in einem Brief ans Bistum Basel. Gegenüber der «Luzerner Zeitung» bekräftigt er die Vorwürfe.

Nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche möchte er an die Öffentlichkeit. Im vergangenen September deckte eine Studie der Universität Zürich mehr als 1000 Missbrauchsfälle seit 1950 auf (zentralplus berichtete).

An die Öffentlichkeit zu gehen fühle sich befreiend an

Der Pfarrer habe ihn und andere Kinder wiederholt misshandelt. Dies, wenn sie während dem Sonntagsgottesdienst nicht aufmerksam zugehört, sondern sich gegenseitig geneckt und geschwatzt hatten.

Damals habe er viel Scham verspürt, heute sei es vor allem Wut. Diese Wut hat ihn dazu bewegt, aus der katholischen Kirche auszutreten. Es sei ein befreiendes Gefühl. Ebenfalls wie ein Befreiungsschlag fühle es sich an, jetzt mit der Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen.

Ähnliche Vorwürfe erheben auch zwei seiner ehemaligen Schulkolleginnen aus Entlebuch gegenüber der Zeitung. Für den mutmasslichen Betroffenen ist klar, dass beim Pfarrer bei der Tat auch ein sexuelles Vergnügen mitgespielt hat. Er habe die Vermutung, dass sich der Pfarrer während den Schlägen auf den nackten Po selber befriedigte, wie er gegenüber der Zeitung sagt. «Warum sonst hätte ich auf keinen Fall zurückschauen dürfen?»

Der Pfarrer ist mittlerweile verstorben. Einer der damaligen Kirchenräte lebt noch. Er sagt gegenüber der Zeitung: «Ich wusste, dass der Pfarrer als Schulpflegepräsident die Kinder oft nicht so freundlich behandelte und sehr streng war. Von Missbrauch habe ich in meinen zwei Jahren im Kirchenrat aber nie etwas gehört.»

Pfarrer wurde Dienstfähigkeit attestiert

Der derzeitige Kirchenratspräsident Pius Hofstetter schreibt gegenüber der «Luzerner Zeitung», in den Akten der Gemeinde sei nicht ersichtlich, ob die Kirchenräte damals etwas wussten. Das Bistum Basel hingegen sagt, dass damals im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen diverse Abklärungen getätigt worden seien. Konkret habe damals ein Psychotherapeut ein Gutachten erstellt. Dieses habe dem Pfarrer die Dienstfähigkeit attestiert.

«Wir sind sehr betroffen, und es tut uns leid, dass der Pfarrer jungen Menschen Schmerzen zugefügt hat», sagt der jetzige Kirchenratspräsident. Von den Vorwürfen habe der jetzige Kirchenrat erstmals im November erfahren und diese dann der Meldestelle für sexuelle Übergriffe im Bistum Basel gemeldet. Ein Surseer Anwaltsbüro hat mittlerweile die Aufarbeitung der Vorfälle in Angriff genommen.

Verwendete Quellen
  • Artikel in der «Luzerner Zeitung»
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