Feuerwerkverbot an Geburtstag oder Hochzeit

In Zug hat es sich wohl bald ausgeknallt

Am Dienstag befasst sich der Grosse Gemeinderat mit dem neuen Lärmreglement der Stadt Zug. (Bild: Andreas Busslinger)

Ausser an Silvester und am 1. August sollen Feuerwerke in der Stadt Zug künftig bewilligungspflichtig sein. Folgt das Parlament dem Vorschlag der Stadt, gilt dies auch für Feuerwerk anlässlich einer Geburtstags- oder Hochzeitsfeier. Andere Schweizer Gemeinden gehen indessen deutlich weiter.

«Totalrevision des Reglementes über die Lärmbekämpfung» heisst ein Traktandum, mit dem sich der Grosse Gemeinderat am Dienstagabend befassen wird. Tönt etwas sperrig, hat es aber durchaus in sich: Das bisherige Lärmreglement der Stadt Zug wird nämlich komplett umgeschrieben. Die Stadt definiert neu, was in Zukunft in Sachen Lärm erlaubt sein soll und was nicht. Es geht also um den Umgang mit Laubbläsern, Rasenmähern, Musikanlagen und Co.

Von speziellem Interesse sind dabei die neuen Feuerwerksbestimmungen. Das Thema «Feuerwerke» gibt immer wieder zu reden; man denke an die Diskussionen im Nachgang zum vergangenen Silvester. Vereinfacht gesagt, sollen in Zug Feuerwerke und Knallkörper künftig am 1. August und an Silvester gestattet sein.

In der übrigen Zeit aber braucht es dafür eine Bewilligung. Eine solche Bewilligung soll nur dann erteilt werden, wenn es sich um einen besonderen Anlass handelt und wenn dafür ein öffentliches Interesse besteht. Wer sich nicht an diese Vorschriften hält, soll mit einer Busse von bis zu 500 Franken bestraft werden.

«Ich bin gespannt auf die Debatte»

Stefan Hodel aus Oberwil war bis vor Kurzem als Vertreter der ALG selber Mitglied des Grossen Gemeinderates (GGR) der Stadt Zug. Er sagt, er sei gespannt auf die Debatte am Dienstag. Stefan Hodel hatte als Parlamentarier selber einmal einen Vorstoss zum Thema Feuerwerke eingereicht.

«Im Reglement muss klar ausformuliert sein, was erlaubt ist und was nicht. Das scheint mir der Fall zu sein.»

Stefan Hodel, früheres ALG-Mitglied des GGR

«Ich bin ja nun nicht mehr im GGR vertreten, stehe meiner neuen Fraktion jedoch beratend zur Seite, auch wenn es um das Lärmschutzreglement gehen wird.» Es sei nun wirklich Zeit, das alte Reglement zu überarbeiten, so Hodel. «Es stammt aus einer Zeit, als man noch regeln musste, wann das Teppichklopfen erlaubt sein soll oder als noch Tonbandgeräte in Gebrauch waren.» Das seien nicht mehr zeitgemässe Themen. «Wer klopft heute noch seinen Teppich draussen aus?», fragt Stefan Hodel rhetorisch.

Stefan Hodel, bis vor Kurzem als Vertreter der ALG selber Mitglied des Grossen Gemeinderates (GGR) der Stadt Zug. (Bild: zvg)

Sind 500 Franken Busse angemessen?

Für ihn ist es wichtig, dass das neue Reglement die Arbeit der Verwaltung und der Polizei in Zukunft erleichtert. «Im Reglement muss klar ausformuliert sein, was erlaubt ist und was nicht. Das scheint mir der Fall zu sein.»

Nicht ausgeschlossen, dass im Zuger Stadtparlament am Dienstag die Höhe der vorgesehenen Bussen ein Thema sein wird. Das war bereits in der Kommission der Fall. Ein Kommissionsmitglied wollte die Busse auf 1000 Franken festsetzen. Klar scheint: Für reiche Personen ist eine Busse von 500 Franken wohl kaum sehr viel. Stefan Hodel meint dazu: «Wenn einer der wirklich reichen Stadtbewohner unerlaubt ein Feuerwerk veranstaltet, dann schmerzt ihn auch eine Busse, die weit höher ist, nicht.»

Auch das Strafgesetzbuch bleibt anwendbar

Stefan Maeder, Assistenzprofessor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Luzern, schreibt auf Anfrage, dass die Bussenobergrenze mit 500 Franken tatsächlich nicht sehr hoch sei. Das liege aber wohl auch an der Zielsetzung des Reglements. Es gehe bei diesen Vorschriften ausschliesslich um den Schutz vor schädlichen oder lästigen Lärmimissionen und nicht um andere Aspekte, wie etwa den übrigen Umweltschutz. «Von daher scheinen mir die genannten Beträge nicht per se unangemessen.»

Stefan Maeder macht aber auf einen anderen Punkt aufmerksam: «Würde jemand durch das Feuerwerk verletzt oder käme es zu einem Sachschaden oder zu einem Brand, wären zusätzlich die entsprechenden Tatbestände des Strafgesetzbuches anwendbar.»

Geburtstagsfeiern und das «öffentliche Interesse»

Daniel Stadlin, Departementssekretär Departement Soziales, Umwelt und Sicherheit der Stadt Zug, erklärt, in Sachen «Feuerwerke» sei der nun zur Debatte stehende Vorschlag des Stadtrates restriktiver als die bisherige Regelung. Stadlin räumt ein, dass der Begriff des öffentlichen Interesses einen gewissen Spielraum zulasse.

Nach gängiger Praxis werde ein öffentliches Interesse dann zugestanden, wenn die betreffende Veranstaltung dem Interesse der breiten Bevölkerung entspreche und nicht private oder kommerzielle Einzelinteressen im Vordergrund stünden. «Ein Feuerwerk anlässlich einer Geburtstags- oder Hochzeitsfeier erfüllt diese Voraussetzung beispielsweise nicht.»

Kommissionsmitglied wollte Ausnahme für Hochzeiten

Im Vernehmlassungsverfahren wurde in Bezug auf dieses «öffentliche Interesse» kontrovers argumentiert. Die FDP wollte gar prüfen lassen, ob Feuerwerke auch an Hochzeiten und Geburtstagen erlaubt werden könnten, wenn hierfür «ein öffentliches oder überwiegendes privates Interesse» bestehe. Ganz anders die Mitte: Sie stellte die grundsätzliche Frage, ob Feuerwerke ausserhalb von Bundesfeiertag und Silvester im öffentlichen Interesse sein können.

«Damit jemand straflos davonkäme, müsste feststehen, dass er nichts von der Rechtswidrigkeit wissen konnte.»

Stefan Maeder, Rechtsexperte Universität Luzern

Die FDP-Idee betreffend der Hochzeiten tauchte später auch im Rahmen der Kommissionsarbeit wieder auf. Ein einzelnes Kommissionsmitglied plädierte dafür, Feuerwerke «im Bedarfsfall» zum Beispiel auch für Hochzeiten zuzulassen. Dies unter Streichung des Begriffs «öffentliches Interesse». Eine Mehrheit der Kommission lehnte diesen Vorschlag allerdings ab.

Keine Strafe, weil es anderswo anders geregelt ist?

Stellt sich noch eine ganz praktische Frage. Könnte sich ein Feuerwerker allenfalls auf den Standpunkt stellen, er habe von der besagten Bewilligungspflicht nichts gewusst? Dies mit der Begründung, in anderen Gemeinden gebe es dies so nicht. Der Rechtsexperte Stefan Maeder winkt ab. Die aufgeworfene Frage betreffe den sogenannten «Irrtum über die Rechtswidrigkeit» gemäss Strafgesetzbuch (Artikel 21 StGB).

«Damit jemand straflos davonkäme, müsste nicht nur feststehen, dass er nichts von der Rechtswidrigkeit seines Tuns wusste, sondern zusätzlich, dass er dies auch nicht wissen konnte.» Gerade hierbei seien die Gerichte erfahrungsgemäss sehr streng. «Sie erachten die zweite Bedingung, dass man also auch nicht darum wissen konnte, kaum je als gegeben.» Dann liege höchstens ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor, der ebenfalls im Gesetz geregelt ist. «Dieser führt zwar zu einer Strafmilderung, was sich aber bei diesen Bussen praktisch kaum spürbar auswirken dürfte.»

Stefan Maeder, Assistenzprofessor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Luzern. (Bild: zvg)

Andere Gemeinden gehen viel weiter

Wie ist die nun vorgesehene Stadtzuger Regelung im gesamtschweizerischen Vergleich einzuordnen? «Zug macht es nun so, wie es die meisten Aargauer Gemeinden seit Längerem halten – siehe Stadt Baden», erklärt Roman Huber vom nationalen Initiativkomitee «Für eine Einschränkung von Feuerwerk».

«Verschiedene Gemeinden haben bereits ein Feuerwerksverbot eingeführt.»

Sonja Putzi, Standeskanzlei Graubünden

Bekannt ist, dass diverse Bündner Gemeinden deutlich weiter gehen. «Verschiedene Gemeinden haben bereits ein Feuerwerksverbot eingeführt», erklärt Sonja Putzi von der Standeskanzlei Graubünden auf Anfrage. Als Beispiele nennt die Bündner Standeskanzlei unter anderem Albula/Alvra, Breil/Brigels, Davos, Illanz/Glion, La Punt Chamues-ch, Lumnezia, Vaz/Obervaz und Laax.

Davos zum Beispiel hat ein Ganzjahresverbot

 «Graubünden Ferien» erliess kurz vor Silvester 2022 eine Mitteilung unter dem Titel «Für Hundebesitzer und Ruhesuchende: Silvester ohne Feuerwerk». Dazu schrieb die Bündner Tourismusorganisation auf ihrem Internetportal: «Immer mehr Menschen und Gemeinden verzichten an Silvester der Haustiere, Wildtiere und Natur zuliebe auf Feuerwerke. So auch in Graubünden. In einigen Gemeinden gilt sogar ein Feuerwerksverbot.».

Luzi Bürkli von «Graubünden Ferien» erklärt, es gebe eine Liste für den Silvester und eine für den 1. August. Eine Nachfrage bei drei Gemeinden – nämlich Davos, Albula/Alvra und Lumnezia – ergibt, dass das Feuerwerksverbot in diesen Gemeinden auch für den 1. August gilt. Es handelt sich dort also um ein Ganzjahresverbot. «In Davos ist lautes und schädliches Feuerwerk während des ganzen Jahres untersagt. Restriktive Ausnahmen bestehen», erklärt Michael Straub, Landschreiber von Davos, auf Anfrage von zentralplus.

Nationale Initiative setzt auch beim Verkauf an

Wie ein Bericht der «Davoser Zeitung» von Anfang Januar festhält, gestaltete sich am letzten Silvester zumindest in Davos der Vollzug der neuen Regelung nicht einfach. Offenbar hatten Feriengäste Feuerwerk teilweise von auswärts mitgebracht. Und wenn eine Polizeipatrouille eine Kontrolle durchführen wollte, so seien die Feuerwerker einfach davongerannt.

«Es braucht eine gesamtschweizerische Lösung.»

Corinne Meister, Initiativkomitee gegen Feuerwerk

Corinne Meister vom Initiativkomitee gegen Feuerwerk ist darüber nicht erstaunt. In Laax habe sich das gleiche Problem gezeigt. «Eine Kollegin unseres Initiativkomitees ist mit ihren Hunden aufgrund des Verbotes dorthin in ein Hotel geflüchtet. Und da wurde in unmittelbarer Nähe des Hotels Feuerwerk abgelassen.»

Für Corinne Meister ist deshalb klar: «Es braucht eine gesamtschweizerische Lösung. Unsere Initiative verbietet bereits den Verkauf von Feuerwerk.» Dies gehe direkt aus dem Initiativtext hervor: «Der Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, sind verboten.»

In Zug gab es bisher ein teilweises Verkaufsverbot

Interessanterweise gibt es im aktuell noch gültigen Lärmreglement der Stadt Zug ein solches Verkaufsverbot – dies zumindest teilweise: Feuerwerksartikel, welche ausschliesslich einen Knall erzeugen (also zum Beispiel die sogenannten «Kracher») dürfen nicht verkauft werden. Im nun zur Debatte stehenden Vorschlag ist dieser Aspekt aber nicht mehr enthalten. Denkbar, dass sich das Zuger Stadtparlament diesen Punkt am Dienstag nochmals genauer ansehen wird.

So oder so zeigt sich: Was die Regelung der Feuerwerke betrifft, so gleicht die Schweiz zunehmend einem Flickenteppich. Der frühere Zuger ALG-Parlamentarier Stefan Hodel sagt, er sei gespannt, ob auf nationaler Ebene die Feuerwerksinitiative zustande komme: «Diese hat ja durch das an Silvester übermässige Abbrennen von Feuerwerk doch etwas Schub erhalten.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Stefan Hodel, früheres Mitglied des Grossen Gemeinderates der Stadt Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Stefan Maeder, Assistenzprofessor für Strafrecht und Strafprozessrecht, Universität Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Daniel Stadlin, Departementssekretär Departement Soziales, Umwelt und Sicherheit der Stadt Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Sonja Putzi, Standeskanzlei Graubünden
  • Schriftlicher Austausch mit Luzi Bürkli, «Graubünden Ferien»
  • Schriftlicher Austausch mit Michael Straub, Landschreiber Davos
  • Schriftlicher Austausch mit Gemeindekanzleien Albula/Alvra und Lumnezia
  • Schriftlicher Austausch mit Corinne Meister und Roman Huber, Initiativkomitee «Für eine Einschränkung von Feuerwerk»
  • Geltendes Lärmreglement der Stadt Zug vom 18.1.1972
  • Bericht und Antrag des Stadtrates Zug vom 24.5.2022 betr. Totalrevision des Reglementes über die Lärmbekämpfung
  • Entwurf neues Lärmreglement der Stadt Zug
  • Medienbericht in der Davoser Zeitung
  • Graubünden Ferien, Newsseite vom 21.12.2022
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