SVP gegen das Vorhaben auf dem Papieri-Areal

Cham plant Musikschule und Vereinsräume in einem

Auf diesem Baufeld im Chamer Papieri-Areal soll die neue Musikschule entstehen. (Bild: zvg)

Am 26. November entscheidet die Chamer Stimmbevölkerung über zwei Anliegen. Darunter auch über die Planung einer nigelnagelneuen Musikschule mit weiteren Nutzungen auf dem Papieri-Areal. Was die Vereine freut, passt der SVP gar nicht.

Ein Ort, um zu musizieren, zu tanzen und zu kochen, um Karate zu lernen und zu üben, wie man Menschen reanimiert. Das wünscht sich die Gemeinde Cham.

Sie will im Rahmen der gemeindlichen Schulraumplanung auf dem Baufeld M1/M2 des Papieri-Areals einen Neubau erstellen lassen, in dem künftig sowohl die Musikschule als auch Vereine unterkommen. Derzeit werden 1000 Musikschülerinnen von rund 50 Lehrpersonen unterrichtet – an diversen Schulstandorten.

Gleichzeitig würden verschiedene gemeindliche Liegenschaften im Dorfzentrum durch Vereine genutzt. Die Gemeinde wünscht sich, dass all diese Angebote nun unter ein Dach kommen. Dafür möchte sie einen Neubau von rund 6000 Quadratmetern Geschossfläche errichten lassen. Über den Wettbewerbs- und Projektierungskredit von rund 3,9 Millionen Franken entscheidet die Stimmbevölkerung am 26. November.

Musikschule und Vereinsräume in einem Haus

«Da das Raumprogramm der Musikschule nicht das ganze Volumen ausnützt, eröffnet sich mit dem Neubau die Chance, Räumlichkeiten für diverse Chamer Vereine und andere Freizeitangebote zu schaffen», heisst es in der entsprechenden Abstimmungsvorlage. 80 Prozent der Fläche soll demnach künftig von der Musikschule genutzt werden, 20 Prozent soll Vereinen und Freizeitangeboten zur Verfügung stehen.

Gesamtkosten von 38 Millionen Franken

Damit würden einerseits die gemeindlichen Liegenschaften im Dorfzentrum frei, die zur Stärkung des Dorfkerns publikumsorientierten Angeboten und Nutzungen oder Verwaltungstätigkeiten zugeführt werden können.

Andererseits würden weitere Chamer Vereine Zugang zu attraktiven, multifunktional nutzbaren Räumen für ihre Vereinstätigkeit erhalten. «Damit wird eine gemeinsame Basis für eine gute Vernetzung, den Wissensaustausch untereinander sowie verschiedenste Vereinsanlässe wie Sitzungen, Kurse oder Versammlungen geschaffen», so die Gemeinde weiter.

«Im Austausch mit verschiedenen Vereinen hat sich gezeigt, dass darunter einige sind, die Räume suchen.»

Georges Helfenstein, Chamer Gemeindepräsident

Gemeindepräsident Georges Helfenstein (Mitte) ergänzt auf Anfrage: «Im Austausch mit verschiedenen Vereinen hat sich gezeigt, dass darunter einige sind, die Räume suchen. Sei es als Archiv, sei es, um diese für einzelne Stunden, Tage oder Abende für Anlässe zu mieten.» Denn gerade für grössere Gruppen könne es schwierig werden, geeignete Räumlichkeiten zu finden.

Sollte das Stimmvolk Ja sagen zur Vorlage am 26. November, darf die Gemeinde das Projekt planen. Voraussichtlich im Frühling 2026 soll in einer separaten Abstimmung über den Baukredit in der Höhe von rund 34 Millionen Franken entschieden werden. Der Gesamtbetrag beläuft sich demnach mitsamt den Planungskosten auf 38 Millionen Franken. Derzeit ist geplant, dass der Neubau im Sommer 2028 in Betrieb genommen werden kann.

Viele befürworten das Projekt

Im Vorfeld zur Abstimmung wurde unter anderem ein Workshop mit örtlichen Gemeinden durchgeführt, um deren Vorstellungen und Bedürfnisse abzuholen. Während der vergangenen Monate äusserten sich unterschiedliche Parteimitglieder sowie Privatpersonen in Leserbriefen zum Thema. Viele der Stimmen unterstützen das Vorhaben der Gemeinde.

Ein Mitglied der Musikgesellschaft Cham und pensionierter Lehrer schreibt in der «Zuger Zeitung»: «Dass im gleichen Haus auch die ‹Grossen›, zum Beispiel die Musikgesellschaft oder das Orchester, ihre Kultur pflegen, wirkt sich bestimmt positiv auf den Kulturnachwuchs aus.» Und weiter: «Neue Lehr- und Lernformen werden im geplanten Zentrum mittels flexibler Raumgestaltung möglich. Auch dass die diversen Musik- und anderen Vereine sich untereinander vernetzen können, ist hilfreich, sicher nötiger denn je.»

Ins gleiche Horn, besser gesagt, in die gleiche Trompete bläst Othmar Werder, der Co-Präsident der Musikgesellschaft Cham. Das «Spritzenhaus», in dem mehrere Ensembles proben, entspräche «in keiner Weise den Anforderungen für 40 bis 50 Mitwirkende». Diesbezüglich der Raumgrösse, aber auch betreffend der akustischen und lüftungstechnischen Situation vor Ort. Er sieht im Neubau einen klaren Mehrwert für Cham.

SVP als (fast) einzige Partei gegen das Projekt

Nicht alle finden die Idee des Chamer Gemeinderats jedoch gleichermassen gut. Die SVP spricht sich vehement gegen den Kredit aus und hat zu diesem Zweck sogar eine Website gestaltet (zentralplus berichtete). Auf Anfrage äussert sich der Chamer SVP-Präsident Marc Plüss wie folgt zum Anliegen: «Wir sagen ganz klar Ja zur Musikschule, auch sind wir dafür, dass Synergien mit den Musik- und Gesangsvereinen genützt werden. Ebenfalls sind wir dafür, dass die Luftdruckschützen den Schutzraum nutzen dürfen.»

Aber: «Was wir nicht in Ordnung finden, ist die Tatsache, dass über 1000 Quadratmeter für die Bedürfnisse der Vereine übrig bleiben. Die Nachfrage danach ist erwiesenermassen zu klein», sagt Plüss. Das würden Ergebnisse aus einem Workshop und einer Onlineumfrage der Gemeinde zeigen.

Das Argument, dass es beispielsweise zu wenig Sitzungsräume für die Vereine gebe, lässt die SVP nicht gelten. «Wenn man sich ein wenig bemüht, findet man sehr wohl Räume. Etwa im Lorzensaal, in den Schulen oder im Pfarrheim.»

SVP sähe gern Verwaltungsräume im neuen Bau

Die Gemeinde Cham wächst. Aktuell rechnet die Gemeinde damit, dass sich die Zahl der Schüler von 1861 (Schuljahr 2020/2021) auf 2288 Schüler im Schuljahr 2036/2037 erhöht. Mit der Bevölkerungszunahme wird sich zweifellos auch der Bedarf an Vereinsräumen erhöhen. Dazu Plüss: «Noch sind wir sehr weit weg von einer Auslastung. Ausserdem sehen wir es nicht als Kernaufgabe der Gemeinde, die Infrastruktur für alle Vereine bereitzustellen.»

Viel lieber sähe es die SVP, wenn die frei stehenden Räume im neuen Musikschulgebäude von der Gemeindeverwaltung genutzt würden. Dazu, dass man die Verwaltung dadurch räumlich trennen respektive dezentralisieren würde, äussert sich der SVP-Präsident wie folgt: «Ich erinnere daran, dass man das Papieri-Areal bei der Planung als Teil des ‹neuen Zentrums› von Cham anpries. Nun soll dieses plötzlich ausserhalb sein? Das lasse ich nicht gelten, zumal die Digitalisierung auch im öffentlichen Sektor vorangeht.»

«Es handelt sich um einen Entscheid, den der Gemeinderat im Alleingang gefällt hat.»

Marc Plüss, Chamer SVP-Präsident

Auch kritisiert Plüss das Vorgehen der Gemeinde in Sachen Freizeitzentrum: «Jede neue Strassenlampe wird in den Kommissionen thematisiert. Doch dieser Neubau wurde vorgängig in keiner Kommission diskutiert. Es handelt sich um einen Entscheid, den der Gemeinderat im Alleingang gefällt hat.»

Dass der geplante Bau nicht breiter abgestimmt werde, findet die SVP insbesondere deshalb unverständlich, da sich die Gesamtkosten des Neubaus über saftige 40 Millionen Franken belaufen.

Einige Kommissionen diskutierten das Geschäft bereits

Darauf angesprochen, weist Gemeindepräsident Georges Helfenstein zunächst darauf hin, dass es sich bei der vorliegenden Abstimmung um den Wettbewerbs- und Projektierungskredit des Baus handle. Das komme einem «Startschuss» für die konkrete, mehrjährige Planung und Umsetzung des Neubaus gleich.

«Die Baukommission beispielsweise wird analog des üblichen politischen Prozesses dann eingebunden, wenn das konkrete Bauprojekt vorliegt.»

Georges Helfenstein, Chamer Gemeindepräsident

Helfenstein weiter: «Insofern ist es korrekt, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Kommissionen zum Teil – noch – nicht miteinbezogen wurden. Die Baukommission beispielsweise wird analog des üblichen politischen Prozesses dann eingebunden, wenn das konkrete Bauprojekt vorliegt.»

Die Bildungskommission sei hingegen bereits über das Vorhaben informiert worden und habe es wohlwollend zur Kenntnis genommen. Auch die Rechnungsprüfungskommission habe das Geschäft beraten und spreche sich dafür aus, dem Antrag zuzustimmen.

Auch die Freisinnigen stossen sich an der Raumaufteilung

Plüss betont abschliessend: «Man wirft uns teilweise vor, dass wir uns mit unseren Argumenten gegen das Vereinsleben stellen. Das ist jedoch absolut falsch. Wir wehren uns lediglich gegen die unvernünftige Flächennutzung bei solch einem grossen Bauvorhaben.»

Nicht nur die SVP steht dem Unterfangen kritisch gegenüber. Die FDP ist ebenfalls nicht begeistert. Anders als die SVP hat sie jedoch nicht die Nein-Parole gefasst. Vielmehr wollen sich die Freisinnigen später für eine sinnvolle Raumaufteilung einsetzen.

Chamer stimmen ebenso über neue Dorfkernentwicklung ab

Die Chamerinnen stimmen Ende November nicht nur über die Musikschule ab, sondern auch über den Bebauungsplan Sinserstrasse West.

Die bestehenden Gebäude sollen dabei durch drei Neubauten mit gewerblichen Erdgeschossnutzungen und Wohnungen in den Obergeschossen ersetzt werden. «Das qualitativ hochwertige Projekt trägt dank umsichtiger Planung zur Erneuerung des Dorfkerns bei, mit gleichzeitigem Erhalt bewährter städtebaulicher Qualitäten», so schreibt die Gemeinde in den Abstimmungsunterlagen.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Marc Plüss, SVP
  • Gegner-Website mitmass.ch
  • Schriftlicher Austausch mit der Gemeinde Cham
  • Telefongespräch mit Georges Helfenstein
  • Abstimmungsvorlage
2 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon