Nachhaltige Mode

Finanzielle Probleme: Luzerns Kleiderladen «Glore» tritt kürzer

Setzt nun voll und ganz auf den Standort in Luzern: «Glore»-Inhaberin Rebekka Sommerhalder. (Bild: ida)

Der Luzerner Kleiderladen Glore schloss letztes Jahr mit einem satten Minus ab. Ladeninhaberin Rebekka Sommerhalder musste eine folgenschwere Entscheidung treffen – der Optimismus bleibt aber.

Sie haben sich nicht verrechnet: Der nachhaltige Kleiderladen Glore am Luzerner Löwengraben schloss vergangenes Jahr mit einem Minus von rund 120’000 Franken ab. Bereits letzten November legte das Geschäft die Karten offen auf den Tisch. Von sich aus kommunizierte es, dass sie bei Glore mit finanziellen Problemen kämpfen.

Ladeninhaberin Rebekka Sommerhalder hielt fest, dass sie trotz der finanziellen Bredouille von ihrer Vision überzeugt ist. So machten sie und ihr Team sich auf Investorensuche und schliffen an ihrem Business­modell. Sommerhalder sagte aber auch: Wenn sie das nötige Geld nicht zusammenbekommen, müssten sie Sparmassnahmen ergreifen (zentralplus berichtete).

Laden in Zürich wird geschlossen – Standort in Luzern bleibt

Ein halbes Jahr später ist es nun so weit. «Zürich, das wird leider nichts mit uns», heisst es im neuesten Blog-Beitrag von Glore. Mit einer «richtig fröhlichen Eröffnungssause» eröffnete Sommerhalder mit ihrem Team den zweiten Laden im Zürcher Kreis 4 im Februar 2020. Just drei Wochen später kam der Lockdown. Der Laden konnte seither nie richtig Fuss fassen. So entschloss sich Sommerhalder, die Pforten des Ladens in Zürich per Ende August zu schliessen.

«Hätten wir ein grosses finanzielles Polster, ausreichend personelle Ressourcen und unbändige Energie, dann könnten wir nochmals richtig Gas geben.»

Rebekka Sommerhalder, Inhaberin von «Glore»

«Gründe gibt es viele, doch wir wollen uns nicht aufhalten mit der Suche nach den Schuldigen. Denn entscheidend ist eigentlich nur dies: Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache», sagt Sommerhalder bei einem Kaffee im Glore in Luzern. Der Entscheid fiel ihr nicht leicht. «Es brauchte Zeit, mich mit dem Gedanken anzufreunden. Es fühlt sich nie gut an, wenn etwas nicht funktioniert.»

Doch dass sich etwas anders entwickelt, als man es sich ausgemalt hat, gehört wohl zum Unter­­nehmer­tum. Und Sommerhalder will auch ehrlich sein. «Hätten wir ein grosses finanzielles Polster, ausreichend personelle Ressourcen und unbändige Energie, dann könnten wir nochmals richtig Gas geben. So könnte der Zürcher Standort – vielleicht – in ein paar Jahren zum Fliegen kommen.» Doch das haben sie nicht.

«Deswegen ist es vernünftig, nach dreieinhalb Jahren die Reissleine zu ziehen. Um weiter Vollgas zu geben für unseren Standort in Luzern», fährt Sommerhalder fort. Letztlich sei dieser Fokus auch entlastend für das ganze Team. Glücklicherweise muss Sommerhalder wegen der Schliessung in Zürich niemandem künden, da vier Mitarbeitende aus persönlichen Gründen wie Umzug oder Studium das Team im Sommer sowieso verlassen werden.

Pandemie und Inflation machen «Glore» zu schaffen

Das Geschäft in Luzern eröffnete Sommerhalder vor mehr als acht Jahren. Lange habe sie sich damals überlegt, ob Luzern der richtige Ort sei für einen Laden, der ausschliesslich auf nachhaltige Mode setzt. Rundum hörte sie jedoch von Luzernerinnen, die sich hier ein solches Geschäft wünschten. Also versuchte sie es. Und der Laden etablierte sich. «Interessanterweise war Luzern schon damals sehr wohl bereit dafür», sagt Sommerhalder.

Doch die Welt war damals eine andere. In den letzten Jahren sind unsichere Zeiten angebrochen: Erst kam die Pandemie, dann der Ukraine-Krieg, die Inflation und die Energie-Krise. «Auch im eigentlich gut etablierten Luzern erfüllen wir unsere eigenen Erwartungen nicht ganz», sagt Sommerhalder. «Leider tritt die erhoffte Entspannung nach der Pandemie nicht ein. Es folgt Herausforderung auf Herausforderung, wir stehen vor deutlich grösseren Hürden als noch vor ein paar Jahren.»

«Die Frage ist nur: Kaufen sie bewusst weniger ein – oder vor allem günstiger.»

Rebekka Sommerhalder

Auch das Kaufverhalten vieler Kundinnen habe sich geändert. Die Teuerung ist in der Schweiz spürbar, wenn auch nicht so massiv wie in anderen Ländern. Das führe dazu, dass viele angespannter seien und dementsprechend in ihrem Konsumverhalten zurückhaltender werden. Per se findet das Sommerhalder nichts Schlechtes – denn bewusster zu konsumieren, entspricht im Grunde genau der Philosophie von Glore.

«Die Frage ist nur: Kaufen sie bewusst weniger ein – oder vor allem günstiger», sagt Sommerhalder dazu. «Ich befürchte, dass sich die Preissensibilität bei etlichen Menschen merklich verändert hat.» Und das spiele ihnen nicht in die Karten – da sie auf hochwertige und verantwortungsvoll produzierte Kleidungsstücke setzen, die auch ihren Preis haben.

Zuversichtlich in die Zukunft

Auch wenn Glore nun kürzertreten muss – Sommerhalder bleibt zuversichtlich. Das Geschäft könne immer noch alle Rechnungen pünktlich zahlen, die Mitarbeiterinnen kriegen zuverlässig ihren Lohn, und auch die Miete kann bezahlt werden.

Zumal hat Glore letztes Jahr viel gewagt. Um nicht zu sagen: Sie sind gewisse Risiken eingegangen. Weil sie mehr Platz benötigten, haben sie den Laden in Luzern ausgebaut (zentralplus berichtete). Heute übernehmen die Mitarbeiterinnen auch mehr Verantwortung und gehen in Bürozeiten zum Beispiel Recherchearbeiten über spezifische Nachhaltigkeitsthemen nach. Dementsprechend kriegen sie auch mehr Lohn. Weiter hat Glore vor einem Jahr die Teilnahme an der «Sustainable Textiles Switzerland 2030»-Initiative unterzeichnet. Unter anderem verpflichtet sich das Kleidergeschäft damit, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die Lieferkettenpolitik offenzulegen.

Das alles braucht viel Zeit, um die nötigen Informationen zu sammeln und beispielsweise Daten zu berechnen. «Für ein kleines Unternehmen wie wir es sind, sind es sehr ambitionierte Ziele. Doch sie sind pointiert gesetzt und entsprechen unserer Philosophie», so Sommerhalder.

Bei Glore wollen sie ihrer Vision treu bleiben, auch in turbulenten Zeiten. «Gerade in Zeiten, wo sich fast alle Nachhaltigkeit auf die Fahne schreiben und wir immer mehr mit Greenwashing konfrontiert sein werden, führt kein Weg daran vorbei, dass wir jetzt Vollgas geben und uns belegbar von anderen abgrenzen.»

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Rebekka Sommerhalder
  • Blogbeitrag von Glore
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