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Der nachhaltige Kleiderladen Glore rechnet damit, dieses Jahr mit einem Minus von fast 150'000 Franken abzuschliessen. Inhaberin Rebekka Sommerhalder macht sich auf Investorensuche und schleift am Businessmodell – von ihrer Vision abbringen lassen will sie sich nicht.
«Wir hatten schon unbeschwertere Zeiten», beginnt der Blog-Post des Glore. Erst noch hat Inhaberin Rebekka Sommerhalder ihren Laden in Luzern ausbauen lassen, weil er mehr Platz braucht (zentralplus berichtete). Am Donnerstag nun teilt der Kleiderladen für nachhaltige Mode mit, dass er in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Im laufenden Jahr sitzt Glore auf einem Minus von rund 145'000 Franken. Ein hartes Pflaster für ein Unternehmen, dass mit seinem Polster gerade einen Ausbau finanziert hat.
Wie geht es mit dem Laden weiter? Droht gar das Aus? Nein, sagt Inhaberin Rebekka Sommerhalder auf Anfrage. «Diese Zahlen sollen nicht das Bild vermitteln, dass wir übermorgen vor dem Aus stehen. Das ist nicht die Realität. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir das schaffen.»
«Wir haben damit gerechnet, dass wir 2022 wieder Vor-Pandemie-Niveau erreichen. Nur war dem nicht so.»
Rebekka Sommerhalder, Inhaberin Glore
Mit dem Blog will Sommerhalder aber Transparenz schaffen. Über Geld zu sprechen, gehöre nicht zu den Stärken der Schweizerinnen. Aber sie findet: «Es ist nur fair, auch mal über diesen Teil des Geschäfts zu sprechen und nicht nur dann, wenn alles schön und rosig ist.» Also legt Sommerhalder die Karten auf den Tisch und schreibt darüber, dass in der Kasse eine grosse Lücke klaffe, die das Glore-Team innert nützlicher Frist füllen müsse.
Von Pandemie noch nicht wieder erholt
Gemäss Sommerhalder gibt es verschiedene Gründe für diese Situation. Zum einen hat sich der neue Standort in Zürich zum Sorgenkind entwickelt. Dieser ist drei Wochen vor dem ersten Lockdown eröffnet worden. Entsprechend konnte der Laden nicht richtig Fuss fassen. «Wir tun uns schwer, eine breitere Bekanntheit zu erreichen, die Frequenzen im Laden und die Umsätze sind schlicht zu tief», schreibt das Glore-Team in seinem Blog.
Gleichzeitig ist Glore zwei finanzielle Risiken in diesem Jahr eingegangen. Der Ausbau des Ladens in Luzern und Anpassungen beim Personal. Neu übernehmen die Mitarbeiterinnen mehr Verantwortung, erhalten aber auch mehr Lohn. Beide Entscheide bereut Sommerhalder nicht. «Diese Entscheide waren nicht blauäugig, sondern dazumal realistisch.» Geplant war, dass diese Ausgaben sich mit den Umsätzen nach den Pandemiejahren decken.
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Doch die Wogen haben sich nach der Pandemie nicht vollständig geglättet. «Wir haben damit gerechnet, dass wir 2022 wieder Vor-Pandemie-Niveau erreichen. Nur war dem nicht so.» Auch der sonst gut etablierte Laden in Luzern sei zahlenmässig nicht da, wo er sein sollte. «Das Konsumverhalten hat sich verändert. Das finden wir nicht per se negativ. Denn die Leute überlegen sich mehr, bevor sie etwas kaufen.» Was eigentlich genau der Vision von Glore entspricht.
Auf der anderen Seite herrsche derzeit eine wirtschaftliche Unsicherheit. «Es ist schwierig, Leute für neue Produkte zu begeistern.» Und wenn, greifen wieder mehr zu günstigeren Produkten, da der Preis bei Kaufüberlegungen wieder relevanter wird. «Der Trend zu nachhaltiger Mode ist etwas abgebremst worden.»
Rabatt-Schlachten wie an Black Friday sind ein No-Go
«Derzeit können wir Löhne und Rechnungen noch fristgerecht zahlen», sagt Sommerhalder. Trotzdem ergreift der Kleiderladen Massnahmen, um das finanzielle Loch zu stopfen. So laufen Gespräche mit potenziellen Investoren, die in ihre Vision investieren wollen. Auch mache sich das Team Überlegungen, wie sie ihr Business-Modell zukunftsträchtig ausbauen können.
Um ihren Kleiderladen aufrechtzuerhalten, sind ihr jedoch nicht alle Mittel recht. Bei der Rabatt-Schlacht an Black Friday mitzumachen, sei für sie trotz des finanziellen Dämpfers keine Option. «Klar, wir könnten kurzfristig etwas herausholen. Aber wenn wir uns nicht treu bleiben und von unserer Vision abkommen, ruinieren wir uns selbst.»
Stattdessen haben sie gegenüber ihren Kunden die Karten offengelegt. «Mit dieser Transparenz hoffen wir, dass Kundinnen und Unterstützer wieder vermehrt an uns denken.» So etwa für ein Weihnachtsgeschenk. Oder wenn sie keine eigenen Kleider brauchen, den Laden an Freunde weiterempfehlen.
Hilft nichts, steht der Standort in Zürich auf der Kippe
Wenn Glore das nötige Geld nicht zusammenbekommt, werden Sparmassnahmen beschlossen. Kurzfristig bedeute dies, die Pensen zu kürzen, womit die Hintergrundarbeit – Recherche nachhaltiger Kleiderbrands und Blog-Beiträge – in den Hintergrund gerate. Mittelfristig stünde auch die Weiterführung des Ladens in Zürich zur Debatte.
«Aber es bräuchte noch viel, bis wir am Ende sind», so Sommerhalder. Zuerst würde das Team noch Gespräche mit den Lieferanten führen und fragen, ob sie die Rechnungen später bezahlen können. «Das ist der Vorteil unserer Nische, wir sind sehr partnerschaftlich unterwegs.»
- Blog-Beitrag von Glore
- Telefonat mit Rebekka Sommerhalder, Inhaberin vom Glore