Wirtschaft
«White Friday» statt «Black Friday» ist angesagt

Diese Luzerner Ladeninhaberinnen trotzen den Rabattschlachten

Möchte ein Zeichen gegen den Konsumwahn setzen: Rebekka Sommerhalder von «glore». (Bild: ida)

Der Black Friday ist da – und zahlreiche Schnäppchenjäger sind auf der Pirsch. Einige Luzerner Ladeninhaberinnen setzen einen Gegenpunkt zu den Rabatten – und schwören stattdessen auf den White Friday. Ums viel Verkaufen geht’s dabei nicht.

Prozente, Rabatte, Sonderangebote en masse – will heissen: Dinge kaufen, die man eigentlich nicht unbedingt bräuchte. Einfach so. Weil’s billiger ist. Wer kennt’s nicht?

An diesem Freitag steht wiederum der Black Friday an. Zahlreiche Onlinehändler, aber auch Luzerner Läden bieten ihre Ware zu billigeren Preisen an.

Luzerner Ladeninhaberinnen halten dem Konsumwahnsinn gegen – und lancieren als Gegenaktion den sogenannten White Friday. In den Schaufenstern der Bekleidungsgeschäfte Colora an der Pilatusstrasse und glore am Löwengraben findet man kein Schwarz – dafür viel Weiss.

«Der Black Friday passt uns nicht», heisst es da etwa auf der Website von «glore». «Konsumwahn passt uns nicht. Sinnentferntes Kaufen passt uns nicht. Rabattgier passt uns nicht.» Was steckt dahinter?

Leute sensibilisieren

Anstatt Rabatte anzubieten, spenden sieben Luzerner Läden 10 Prozent ihres Tagesumsatzes an die gemeinnützige Organisation «Fashion Revolution» oder eine andere Organisation (siehe Box). Fashion Revolution setzt sich zum Ziel, Transparenz und Nachhaltigkeit in der Modeindustrie zu fördern. Sie fordern Alternativen im Textilmarkt. Den White Friday ins Leben berufen hat die «Villa Paul» aus Baden. Das Schweizer Textilunternehmen Colora hat diesen übernommen.

«Wir wollen die Leute aufrütteln.»

Rebekka Sommerhalder, Inhaberin «glore»

In erster Linie wolle man die Leute sensibilisieren, sagt Eva Ryser, die den Kleiderladen Colora leitet. «Die Preise, zu denen wir unsere Waren verkaufen, brauchen wir für unsere Existenz. Nur so können wir allen gerechte Löhne geben. Solche Rabattschlachten liegen für uns gar nicht drin, weil wir nicht auf eine hohe Marge aus sind.»

An diesem Freitag zelebriert «Colora» den White Friday:

Kontrast zum Konsumwahn(sinn)

Und Rebekka Sommerhalder, Inhaberin von «glore» sagt: «Wir wollen die Leute aufrütteln. Viel zu oft werden Dinge gekauft, die man nicht braucht.» Klar, könne man sich fragen, ob der White Friday nötig sei – wirklich überdenken müsse man aber die Black-Friday-Philosophie. Beide Läden setzen auf nachhaltige Mode – und faire Preise, für Hersteller wie Käufer.

Hier wirst du nicht von Rabattschlachten verführt

Diese Läden machen in Luzern am White Friday mit:

  • Colora Boutique, Pilatusstrasse 34
  • Daly & Co. Irish Shop, Löwengraben 4
  • Favoriti, Stadthofstrasse 3
  • glore, Löwengraben 12
  • Boutique Laufsteg, Morgartenstrasse 7
  • boutique MAI, Waldstätterstrasse 19
  • Paranoia, Löwengraben 2

Die Läden, die sich am White Friday beteiligen, können selbst entscheiden, ob sie die Spende Fashion Revolution oder einer anderen gemeinnützigen Organisation zukommen lassen.

«Wir wollen keinen Konsumwahn unterstützen», sagt Sommerhalder. Nachhaltigkeit in der Mode bedeute auch, bewusst einzukaufen. «Wir wollen keine Preise drücken und immer billiger werden – sondern dem Kleidungsstück den Wert geben, den es eigentlich hat.» Mensch, Tier und Natur nicht auszubeuten, gehöre da genauso dazu.

Konsumexpertin übt Kritik

Doch auch den White Friday kann man kritisch betrachten. Man könnte spenden, ohne dafür erst Bluse oder Jeans kaufen zu müssen. «Der White Friday ist auf den ersten Blick zwar eine schöne Idee, letzten Endes geht es aber immer noch um Konsum», kritisierte auch Konsumexpertin Marta Kwiatkowski Schenk in einem Interview mit der «Luzerner Zeitung».

Aus dieser Perspektive scheine auch der White Friday als ein «Marketinginstrument der Händler, bei dem sich Konsumentinnen und Konsumenten das Gewissen reinwaschen können».

Klare Worte im Schaufenster vom Bekleidungsgeschäft Colora an der Pilatusstrasse: «Kaufe fair produziert – oder kaufe nichts.» (Bild: zvg)

«Lieber weniger kaufen – dafür bewusst»

«Natürlich kann man den Konsum ganz grundsätzlich kritisieren und dies völlig zu Recht!», sagt Rebekka Sommerhalder. «Und damit auch nachhaltige Läden oder den White Friday.» Auch sie seien Teil des Systems. «Auch wir leben davon, dass Leute bei uns einkaufen, und auch bei uns müssen am Ende des Tages beziehungsweise des Jahres die Zahlen stimmen.»

Der kleine, aber entscheidende Unterschied sei die Haltung hinter dem Verkaufen. «Hier helfen wir den Konsumentinnen und Konsumenten, wenige, dafür gute Kleidungsstücke zu kaufen. Es geht darum, die richtigen Kaufentscheidungen zu treffen – egal an welchem Tag.» Sommerhalder ist sich sicher, dass der kurzfristige Black-Friday-Kaufrausch niemanden wirklich glücklich mache.

Bei Rabatten und Sale-Angeboten wird einem bekanntlich die Entscheidung erleichtert. Sie lösen ein Glücksgefühls aus – weil man denkt, man habe einen guten Deal gemacht. «Ob man die Ware braucht, ist zweitrangig», sagte Dorothea Schaffner, Expertin für Konsumentenpsychologie in einem früheren Bericht (zentralplus berichtete).

Und auch Eva Ryser von «Colora» hält dagegen. «Seit einer Woche haben wir unsere Ware aus den Schaufenstern genommen – um die Leute in erster Linie über den White Friday zu informieren und für Nachhaltigkeit und Bewusstsein zu sensibilisieren.» Mit der Aktion wolle man den Käufern klarmachen, dass es auch entscheidend sei, wo man einkaufe und wen man mit diesem Kauf unterstütze.

Ein ganz normaler Freitag

Das Ziel sei es nicht, mehr Umsatz als an anderen Tagen zu machen. Damit rechnet Sommerhalder auch nicht.

Deswegen werden «Colora» und «glore» an ihrem White Friday Kunden nicht mit niedrigeren Preisen anlocken. Eigentlich ist es ein ganz normaler Freitag, mit den üblichen Preisen. Nur dass eben ein Teil des Erlöses gespendet wird.

Weiss – fürs bessere Gewissen. (Bild: ida)
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