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Restaurant-Test

Café de Ville/Schwanen Luzern: Pommes ein Fall für Polizei

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Französisch
  • Ambiente Gehoben
Das Haus, in dem das Café de Ville im 1. Stockwerk untergebracht ist, war lange Zeit das höchste Gebäude der Stadt Luzern. (Bild: hch)

Touristen, aber auch einheimische Liebhaber der französischen Küche zieht es immer wieder ins Café de Ville am Luzerner Schwanenplatz. Wir haben uns bei toller Aussicht durch Entrecôte, Tatar, Calamari und Roastbeef getestet – und waren am Ende doch von etwas anderem ganz besonders angetan.

Etwas über 500 Franken: An diesem Abend fiel die Rechnung für unseren Tisch nicht gerade klein aus. Fünf Personen liessen es sich dafür gut gehen, und auch der Wein trug sein Scherflein zur Rechnung bei. Doch dazu später.

Ein Abend mit Verlängerung

Nach einem Kurzbesuch während der Mittagszeit nutzten wir einen Donnerstagabend für einen ausgiebigeren Genuss. Denn nur an diesem einen Wochentag hat das Café de Ville im Restaurant Schwanen auch abends bis spät geöffnet. Da die Wetterentwicklung nicht ganz klar war, hat Gastgeberin Nadja Scherrer gleich je einen Tisch auf der Terrasse wie auch im Restaurantinnern reserviert – wir genossen diesmal den Ausblick auf See und Berge an der frischen Luft.

Auffällig auf der Abendkarte platziert sind die frischen Calamari im Tempurateig. Ob wir uns davon unbewusst lenken liessen, kann man offenlassen – doch drei von fünf, die dieses Gericht bestellten, ist gar keine so schlechte Trefferquote.

Bereut haben wir die Wahl jedenfalls nicht. Die Meerestiere hatten den Transport aus Italien gut überstanden und waren schlicht perfekt, dezent nussig im Aroma und leicht knackig im Biss. Der Teig dazu knusprig und nicht zu dick, ideal ausgebacken. Serviert wurden die Calamari mit Sauce tartare und Aioli, also mehr oder weniger einer Mayonnaise mit Knoblauch anstelle von Senf. Die beiden Saucen waren nicht nur hausgemacht, sondern auch perfekt gelungen.

Eine Karte für die Stadt

«Da, wo die Stadt zu Gast ist» – so lautet der Claim des Lokals. Und da, wo eben die Stadt zu Gast sein soll, braucht es auch eine Speisekarte, die es der ganzen Stadt recht machen kann. Wohl deshalb ist auf dieser auch Tartare classique zu finden, mit dem man – zumindest bei Karnivoren – wohl kaum etwas falsch machen kann.

Das Rindstatar wird gereicht mit einem Salatbouquet, Toast und einem Stück Butter sowie Pommes frites. Die Schärfe des Fleisches lässt sich bei der Bestellung selbst definieren. Was auf den Tisch kommt, ist tatsächlich nicht falsch. Das Fleisch ist gut gewürzt – ein richtiges Tatar eben. Oder eben doch nicht ganz richtig: Es fehlt ein ordentlicher Schuss Spezialliebe. Der Teller ist nicht schön angerichtet, zu klein und deshalb überladen. Und die Sauce am Salat verfärbt sich mit dem Fleischsaft zu einem Blutrot, dass schon fast der Ruf nach der Spurensicherung bei der Kriminalpolizei laut wird. 

Spezialliebe in der Flasche

Rot wurde es in der Zwischenzeit nicht nur im Teller, sondern auch in unseren Gläsern. Wir wählten aus der Weinkarte, die an die Inventarliste eines befreundeten Bordeauxliebhabers erinnerte, einen Chasse-Spleen 2015 für 80 Franken. Der Wein mit dem Herzchen darauf machte dem Jahrhundertjahrgang 2015 alle Ehre.

In der Küche ist die Spezialliebe vermutlich ganz einfach ausgegangen nach dem Frittieren der Pommes frites. Die waren nämlich perfekt. Weil sie im adretten Körbchen auf den Tisch kamen, blieben sie vom Blutbad im Tatarteller verschont. Doppeltes Pech hat allerdings, wer auf die delikaten Kartoffelstäbchen länger warten muss. Denn inzwischen hatte sich die Begeisterung dafür an unserem Tisch auch bei jenen herumgesprochen, die eine andere Beilage serviert erhielten. So war die Frittenschale dann nur noch halb voll, als sie endlich bei mir ankam.

Ein Strahlen, mehr braucht es nicht

In der Zwischenzeit konnte ich mich dafür dem Roastbeef widmen. Das kaum temperierte Roastbeef war aussen noch leicht knusprig und so zart, wie man es von einem dünn geschnittenen Entrecôte erwarten darf. Und weil die Tartarsauce schon zuvor gut gefiel, durfte sie auch den Hauptgang begleiten.

Noch bekannter ist das Café de Ville jedoch für das dicker geschnittene Entrecôte «Café de Paris». Viele Worte waren unserer Mittesterin dazu nicht zu entlocken; ein Strahlen und eine Daumen-hoch-Geste mussten reichen.

Ganz besonders gefallen hat uns die Anrichte der Gerichte. Abgesehen vom Malheur beim Tatar, waren die Speisen allesamt äusserst gluschtig drappiert. Kein unnötiger Schnickschnack fand sich auf dem Teller, vielmehr lässt man die frischen Produkte für sich sprechen, allenfalls dekoriert durch ein grünes Blättchen.

Die Dessertkarte kam zu schon etwas fortgeschrittener Stunde. Am bestellten Fruchttörtchen gab es wenig auszusetzen, Erdbeeren und Vanillesauce entsprachen den Erwartungen, und die Tartelette war auch zu fortgeschrittener Stunde noch frisch. Nach den intensiven Gerichten kam hier jedoch keine Spannung mehr auf.

Mein Blick wanderte daher immer mal wieder etwas neidisch zum Nachbarn, der sich an einem wunderschön dekorierten Schoggisouffle gütlich tat. Mehr Früchte als ich? Das nächste Mal erfolgt die Bestellung dann wieder unter Zuhilfenahme der Handylampe.

Bewertung

Preis-Leistung
**** von *****
Die Preise widerspiegeln die Lage des Lokals sowie die 13 Gault-Millau-Punkte. Die Calamari standen für 21.50 Franken auf der Karte, das kleine Entrecôte für 42 Franken. Das Roastbeef kostete 35 und das Tatar 38 Franken. Mittags werden für 28 und 38 Franken (grosse Portion) Lunchteller serviert, sehr klassisch bestehend aus Fleisch/Fisch, Gemüse und Stärkebeilage. Sonntags gibt es drei Brunchvarianten von 34 bis 56 Franken.

Besonders gut gefällt uns die Weinkarte, man spürt die Handschrift von Gastgeberin Nadja Scherrers Stiefvater Richard Beaudoux (Ex-Bodu). Bordeauxfreunde finden eine reiche Auswahl an Gewächsen zu absolut angemessenen Preisen, die überwiegende Mehrheit aus den perfekt trinkreifen Jahren 2014–2016. Die schwachen Jahre 2013 und 2017 werden gar nicht erst angeboten, dafür einige gute Zweitweine bekannter Châteaus.

Service
*** von *****
Zusammengefasst eine sehr freundliche Begrüssung und Verabschiedung durch die Chefin und im Verlauf des Abends etwas nachlassende Aufmerksamkeit durch das erfrischend ehrliche Personal. Man hätte sich auch gewundert, wem denn die Pommes frites auf dem Tresen gehören könnten, wurde konstatiert, als ich scheu nach der Beilage zum Roastbeef fragte. Dem Geschmack tat dies keinen Abbruch.

Ambiente
***** von *****
Wer die mit einem knallroten Läufer ausgekleidete Treppe in den 1. Stock erklimmt, betritt eine andere Welt. Wüsste man es nicht besser, könnte man bei diesem Interieur auch auf ein Wiener Kaffeehaus setzen. Der stilechte Innenraum aus der Belle Époque sieht noch genauso aus wie in der Kindheitserinnerung, als man hier nach dem lästigen Shopping mit Schokolade und Gipfeli belohnt wurde. Selbst die Vitrine, in der heute seltene Weine wie der Château Hosanna ausgestellt sind, ist noch dieselbe. Roten Stoff gibt es auch auf den Stühlen, dazu viel Platz und eine Terrasse mit Jugenstilelementen.
Wer das sehenswerte Café de Ville besuchen möchte, sollte sich nicht allzu viel Zeit lassen. Das 1834 vollendete Gebäude, das mit 27,5 Metern Höhe lange Zeit das höchste Haus in der Stadt Luzern war, soll in naher Zukunft saniert werden.

Onlinefaktor
*** von *****
Die Website glänzt nicht nur durch übergrosse Bilder des Ambientes, sondern auch durch den netten Effekt, den Text ausblenden zu können. Speise- und Weinkarten sind vorhanden, ebenfalls Mittags- und Brunchmenü sowie ein Lageplan. Onlinereservationen gibt es nicht, dafür Gutscheine im Onlineshop. Der Social-Media-Manager scheint das Café vergangenes Jahr alleingelassen zu haben.

Die Rechnung gibts auch im Café de Ville zuletzt.
Die Rechnung gibts auch im Café de Ville zuletzt. (Bild: hch)

Café de Ville / Restaurant Schwanen

Adresse:
Schwanenplatz 4
6004 Luzern

Telefon:
041 410 11 77

E-Mailadresse:
[email protected]

Öffnungszeiten:
Karte
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6 Kommentare
  • Profilfoto von U. Schuler
    U. Schuler, 19.08.2023, 16:32 Uhr

    Wir sind totale Fans vom Café de Ville. Das Essen ist immer Super und frisch.
    Das Personal sehr nett und freundlich.

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  • Profilfoto von Gregoire
    Gregoire, 15.08.2023, 09:50 Uhr

    Das Cafe de Ville kocht frisch, aus regionalen Zutaten. Die Lage und das Ambiente ein Traum. Wer dies schätzt, bezahlt dafür gerne einen korrekten Preis. Mein Favorit ist das Entrecote. Den Service erlebe ich als überdurchschnittlich. Ein kleines Malheur wie beschrieben ist menschlich und in Zeiten von Personalknappheit in der Gastrobranche darf der Gast in Restaurants gerne auch mal ein Lob an die Crew anbringen. Ich freue mich auf das nächste Ma(h)l!

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  • Profilfoto von Baldo
    Baldo, 13.08.2023, 21:36 Uhr

    Sorry Leute, am Schwanenplatz frische Luft.

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  • Profilfoto von MARIO P. HERMANN
    MARIO P. HERMANN, 12.08.2023, 17:30 Uhr

    Wow, das Essen sieht sehr fein aus, es gluschted einem sehr; auch schön angerichtet bzw. ausgarniert! Kompliment.
    Rein zufällig fahre ich mit dem Bus beim Verfassen dieser Zeilen am «Schwanen» vorbei, noch zentraler könnte das Restaurant nicht gelegen sein…
    Die Terrasse ist «bumsvoll» und am Gelatistand stehen die Leute Schlange…
    Kenne das Restaurant als Stadtluzerner seit Jahrzehnten; bin aber nicht als Stammgast dort anzutreffen, sonst ist mein Portemonnaie des öfteren dann (fast) leer…
    Die Preise sind generell seit eh und je angehoben; aber das zahlt sich aus — Qualität, supernetter Service, zentrale Lage und das wunderschöne Ambiente haben eben ihren Preis…
    Werde aber sicher im Herbst 2023 im «Schwanen» wieder mal vorbeischauen — mit gut gefüllten Portemonnaie und leerem Magen…;-).

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    • Profilfoto von Waesmeli-Sepp
      Waesmeli-Sepp, 14.08.2023, 09:10 Uhr

      Einmal Café de Ville, nie wieder. Völlig überteuertes, lieblos angerichtetes, nicht gutes Essen. 0815 Salatsauce. Sassen in einer der hinteren Nische – Service fehlanzeige. Das Restaurant kann m. E. nur aufgrund seiner Lage existieren, ganz sicher aber nicht wegen seiner Küche!

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      • Profilfoto von Zimmermann J J
        Zimmermann J J, 29.08.2023, 19:01 Uhr

        DerArt unArtige Bewertungen sollte man doch unter den Tisch fallen lassen.

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