US-Sanktionen

Studhalter enger verstrickt als mitgeteilt, Zuger Anwalt nimmt keine Stellung

Das US-Finanzministerium hat Alexander Studhalter sanktioniert. Eine Rolle spielen auch Firmen in Zug. (Bild: Bild: zvg/Andreas Busslinger)

Er führe vier Firmen von Oligarchentochter Gulnara Kerimova, deshalb sanktionieren die USA einen Anwalt und Notar aus Zug. Gleichzeitig zeigt sich: Bevor er die Gesellschaften übernahm, hatte dort eine bekannte Figur das Sagen – Alexander Studhalter.

Nach einer Viertelstunde ist die Sache gelaufen. Ohne Diskussion fällt an einem frühen Freitagnachmittag im November 2021 der Entscheid: Die Sunset Properties AG aus Hergiswil erhöht ihr Kapital um das 45-fache – von einer auf 46 Millionen Franken. Und sie beschliesst, nach der Kapitalerhöhung ein Immobilienunternehmen namens VH Antibes SAS mit Sitz in Paris zu übernehmen.

Ziemlich genau ein Jahr nach der ausserordentlichen Generalversammlung der Sunset Properties AG hat die französische Firma unfreiwillig einen grossen Auftritt. In einer Medienmitteilung schreibt das US-Finanzministerium, die Gesellschaft sei Eigentum von Gulnara Kerimova, der 32-jährigen Tochter des Oligarchen Suleiman Kerimov. Dieser wiederum gehört zum innersten Zirkel um Wladimir Putin und unterstützt laut der EU «Aktionen, die die territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine bedrohen».

Zuger Anwalt soll für Oligarchentochter gehandelt haben

Die EU sanktionierte Kerimov diesen März, auf der Sanktionsliste der USA steht der Oligarch bereits seit 2018. Dort leisten ihm seit dieser Woche mehrere Personen Gesellschaft, die ihm privat oder geschäftlich nahestehen: Tochter Gulnara und Sohn Said Kerimov, aber auch der Luzerner Treuhänder Alexander Studhalter und dessen Söhne (zentralplus berichtete). Die US-Behörden werfen Studhalter vor, für Kerimov «bedeutende Geldbeträge» gewaschen zu haben.

Weiter sanktionieren die USA einen Zuger Anwalt. Zwar machen ihm die Behörden keinen Geldwäschereivorwurf, unterstellen ihm aber, direkt oder indirekt für Gulnara Kerimova gehandelt zu haben. Der Zuger Anwalt und Notar ist auch einziger Verwaltungsrat der Sun Properties AG, seit diese vor vier Wochen ihren Sitz von Hergiswil nach Zug verlegt hat.

Der Zuger Anwalt schweigt

Laut dem US-Finanzministerium steht der Zuger Anwalt zudem vier französischen Firmen vor, die Oligarchentochter Kerimova gehörten – darunter die Pariser VH Antibes SAS mit Verbindung zur Zuger Sun Properties. Für die amerikanischen Behörden reicht das, um ihren Staatsbürgern zu verbieten, mit dem Zuger Anwalt zu geschäften. Zudem sind Vermögen von gelisteten Personen in den USA eingefroren.

Was sagt der Zuger Anwalt zur angeblichen Verstrickung mit der Familie Kerimov? Nichts. Der Anwalt und Notar reagiert weder auf Anrufe, E-Mails noch Whatsapp-Nachrichten. Er scheint abgetaucht. Bei einer Zuger Kanzlei, für die er bis vor Kurzem gearbeitet hat, ist er als Teammitglied von der Website verschwunden; vor Ort wird man weggeschickt. «Ich darf Sie nicht reinlassen und ich darf keine Auskunft geben», sagt eine Dame im grau-schwarzen Oberteil, welche die Tür zum Büro an bekannter Adresse in Zug bewacht. Ob er noch hier arbeitet? Breites Lächeln: «Eben, ich darf keine Auskunft geben.»

Kein Weiterkommen auch in einem netten Quartier mit Blick auf den Zugersee – Reihenfamilienhäuser, 30er-Zone, Parkplätze am Strassenrand. Hier soll der Anwalt laut Unterlagen aus dem französischen Handelsregister mindestens bis Oktober 2021 gelebt haben. Das sei nicht mehr aktuell, sagt ein Herr aus dem Fenster im ersten Stock, gibt aber immerhin dessen Handynummer weiter. Nur nützt die nichts, der Anwalt schweigt.

Studhalter spricht von Rufschädigung

Dafür redet Alexander Studhalter. Auf Anfrage weist er die Geldwäschereivorwürfe von sich und spricht von einer «rufschädigenden Unterstellung». Auch sei er keine Schlüsselfigur im verworrenen Firmensystem Kerimovs, wie dies das US-Finanzministerium behaupte: «Ich habe keinen Kontakt zu Herrn Kerimov und zu seinen Finanzen und habe letztmals 2013 geschäftlich mit ihm agiert, als wir gemeinsam in Projekte investierten.» Derselbe Vorwurf, wie ihn jetzt die USA erheben, sei ihm schon 2018 gemacht worden. Damals hatten französische Behörden Studhalter unterstellt, bei Immobilienkäufen Kerimows Strohmann gewesen zu sein und Steuern hinterzogen zu haben, wobei er Studhalter von sämtlichen Vorwürfen entlastet wurde.

Auch jetzt gibt es eine Verbindung nach Frankreich: Bevor der Zuger Anwalt die vier Unternehmen übernommen hat, die der Oligarchentochter Kerimova gehören sollen, war Alexander Studhalter Präsident dieser Gesellschaften. Das zeigen Daten der Wirtschaftsplattform Northdata, so etwas wie eine internationale Variante des Schweizer Moneyhouse.

Studhalter behauptet, französische Firmen hätten ihm gehört

Northdata zufolge übergab Studhalter im August 2020 das Präsidium zweier Firmen direkt an den Zuger Anwalt. Bei zwei anderen hatte zwischen Studhalter und dem Zuger Anwalt ein anderer Anwalt das Präsidium inne, der seit Kurzem in der Anwaltskanzlei von Philipp Studhalter beschäftigt ist – dem Bruder von Alexander Studhalter. Philipp Studhalter sagt auf Anfrage, der Anwalt habe einen Firmenverkauf für seinen Bruder juristisch betreut – und zwar als Partner einer Zürcher Kanzlei. Eine Verbindung zu seiner heutigen Tätigkeit in Philipp Studhalters Kanzlei bestehe nicht.

Alexander Studhalter macht kein Geheimnis daraus, dass er in die vier französischen Gesellschaften involviert war. Allerdings sei die Behauptung der US-Behörden falsch, die Firmen hätten Oligarchentochter Kerimova gehört: «Diese Gesellschaften gehörten zu 100 Prozent mir, dies über die ebenfalls durch mich als wirtschaftlich Berechtigten gehaltene Swiru Holding. Im November 2019 habe ich die Swiru Holding AG verkauft.» Das hätten die Gerichte in Frankreich mehrfach bestätigt. Die Swiru Holding AG heisst seit Februar 2021 Alstone Investment AG und ist ebenfalls von den US-Sanktionen betroffen. Einziger Verwaltungsrat: Der Zuger Anwalt.

«Wir werden uns gegen die Sanktionen wehren. Wichtig ist, dass wir nur von den USA sanktioniert wurden, nicht aber von der EU oder der Schweiz.»

Alexander Studhalter

Ob der Anwalt weiterhin für die Zuger Advokatur arbeitet, bleibt auch nach einem schriftlichen Statement des Kanzleiinhabers unklar. Denn dieser nimmt einzig sich aus der Verantwortung: «Unsere Anwaltskanzlei steht in keinem Zusammenhang mit der Sanktionsliste der US-Behörden. Als Anwaltskanzlei unterstehen wir den Standesregeln und setzen die Schweizer Sanktionen gegen Russland und russische Bürger konsequent um.»

Für die US-Behörden zielen die Sanktionen nicht nur auf die Betroffenen ab: Sie seien eine Warnung, heisst es in der Mitteilung. Wer sanktionierte russische Personen unterstütze, laufe Gefahr, selber sanktioniert zu werden.

Für Alexander Studhalter, vor allem aber für seine Söhne, ist das Blacklisting eine Belastung: «Wir werden uns dagegen wehren. Wichtig ist, dass wir nur von den USA sanktioniert wurden, nicht aber von der EU oder der Schweiz.»

Hinweis: Im Rahmen eines Vergleichs vor dem Zuger Obergericht vom 13. Mai 2024 haben wir den Namen des Zuger Anwalts nachträglich anonymisiert.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung der US-Behörden
  • Sanktionsliste der USA
  • Sanktionsliste der EU
  • Augenschein/Gespräche an mehreren Orten im Kanton Zug
  • Unterlagen aus dem Zuger Handelsregister
  • Unterlagen aus dem französischen Handelsregister
  • Angaben des Wirtschaftsdienstes Northdata
  • Angaben aus dem Zuger Anwaltsregister
  • Schriftliche Anfragen an Alexander Studhalter
  • Schriftliche/telefonische Anfragen an den Zuger Anwalt
  • Schriftliche Anfrage an Philipp Studhalter
  • Schriftliche Anfrage an den Inhaber der Zuger Anwaltskanzlei
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