Anna Rossinelli in der Chollerhalle Zug

Ein Reisebericht auf Baseldeutsch

Es war eine Mischung aus Home-Diashow und Konzert, was in der Chollerhalle am Freitag geboten wurde. Mit einem Hauch von Kirchengefühl. (Bild: zvg)

Die ehemalige ESC-Teilnehmerin Anna Rossinelli bat am Freitag zum fröhlichen Hinsetzen. Wichtigste Voraussetzungen, um das Konzert in der Chollerhalle geniessen zu können: Sitzleder und eine starke Blase.

Macht man sich auf den Weg, um ein Konzert zu besuchen, stellt man sich normalerweise auf einige Zeit des Stehens und des Konsumierens ein. Nicht so an diesem Freitagabend. Mit der Begrüssung ging die Bitte einher, man solle Getränke vor dem Konzert erstehen und sich noch vor dem Beginn der Darbietung «erleichtern», so man denn müsse. Das Konzert wäre nämlich durchgehend und es sei unerwünscht, währenddessen aufzustehen nach draussen zu gehen.

Verwundert über diese klaren Forderungen von Anna Rossinelli und Band suchte man sich also einen freien Stuhl und liess sich von der eigenen Blase versichern, dass die zwei getrunkenen Biere noch nicht wieder raus müssen.

Heimvideo-Abend mit Live-Musik

Die Türen wurden geschlossen. Es folgte der erste von vielen Einspielern mit Aufnahmen, die während Rossinellis dreimonatiger Amerika-Reise gemacht wurden. Und man muss es ihnen lassen: Sie sind schön, diese Bilder. So schön, dass das Publikum gar nicht bemerkte, wie die Band währenddessen auf die Bühne gekommen war. Anna Rossinellis Bühnenauftritt brach jedoch den Bann, Applaus für die Basler Sängerin!

Um es vorwegzunehmen: Was man an diesem Abend in der Chollerhalle bekam, war nicht einfach nur ein Konzert. Vielmehr hatte es etwas von einem mit Live-Musik untermalten Heimvideo-Abend. Ausser, dass das Videomaterial der besagten Amerika-Reise durch Crowdfunding finanziert worden war. Aufnahmen von Feldern, von endlosen Strassen, von Gebäuden, halt von all dem, was man so von Reiseberichten kennt.

In Lana Del Rey’scher Manier

Musikalisch kam man als Fan erster Stunde voll und ganz auf seine Kosten. Stimmlich gab’s nämlich keine grossen Abschweifungen vom Grundrezept. Vereinzelt nur hörte man einen gewissen Lana-Del-Rey-Anstrich heraus – womöglich ein Überbleibsel des US-Roadtrips.

Gute Bilder, gute Musik. Alles gut? Naja, ein paar Fauxpas gabs dann doch. Zum Beispiel, als die Band die Ansage des Nirvana-Covers «Smells like Teen Spirit» machte, das sie extra für diesen Anlass einstudiert hätten. Stimmt so nicht ganz, zeigt der schnelle Youtube-Check. Anfang März nämlich sang Rossinelli den Song bereits bei «SRF 3» im Studio.

Kirche oder Konzert?

Und irgendwie wurde es dann etwas peinlich, als das Publikum während der Standing Ovation nach einer Zugabe forderte. Den Rufen wurde zwar folgegeleistet, allerdings musste man sich für das ruhige Lied wieder hinsetzen – womit das Konzertgefühl eher dem Eindruck eines Kirchenbesuchs Platz machte.

Alles in allem kann man Anna Rossinelli keinen Vorwurf machen. Was am Freitagabend gespielt wurde, ist  massentaugliche Popmusik, die man guten Gewissens im Radio spielen kann. Der musikaffine Mensch wünscht sich allerdings etwas mehr Gefühl und Ausdruck in der Stimme. Auch ein bisschen mehr Attitüde und ein paar Melodien mehr hätten nicht geschadet.

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